RosMarin
Du bist schön Marie/Romantische Geschichten
Geschichtentrilogie Band 3
Urheberrechtlich geschütztes Material
Illustration und Umschlaggestaltung: ©von Blume
Alle Rechte by RosMarin
© 2013 RosMarin
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Sünde einer Nacht
Der arme Poet
Ivs große Liebe
Das Geheimnis
Dichter A und Dichter B/ein philosophischer Dialog
Das schwarze Dings
Die siebte Säule
Frühling hinterm Gartenzaun
Das tiefe Loch
Der Anarchist
Der Maler Wedel
Der junge Stier und die roten Dessous
Klagelied einer gefrusteten Frau
Der alte HerrJoan
Die Kichertanten
Irres Silvester/Ver- rücktes Neujahr
Der Magier Abdul
Der Esel und der Josef
Ich, das Genie
EINFÜHRUNG
Die längste Geschichte in diesem Buch ist Sünde einer Nacht. Eine junge Frau aus einem kleinen Thüringischen Nest reist nach Berlin, um die Aufnahmeprüfung für die Schauspielschule abzulegen. Neugierig gelangt sie vor ihrer vereinbarten Heimreise in eine Bar, lernt einen jungen Mann kennen, der sie auf einem Hotelbett verführt und verschwindet. Schwanger kämpft sie in der Millionenstadt, die sie verschlingt, wie ein gefräßiges Ungeheuer, ums Überleben. Sie trifft den Schwuli Otto, der sich rührend um sie kümmert, und ihre erste große Liebe, Bernstein, der sie am Tag des Mauerfalls verlässt. Mit ihrer Freundin Uschi reiht sie sich in die Massen, die nach Westberlin wollen, tanzt und singt mit ihnen und begegnet auf dem Moritzplatz ihrer Sünde einer Nacht. Ihrem Apoll. Dem Vater ihrer Johanna.
In weiteren Geschichten begegnen wir Fabius und Violetta, die sich nach Jahrzehnten zufällig wieder begegnen. Iv und seiner großen Liebe. Guste, die sich das Leben nehmen will und es doch so liebt. Max, der nach dem Westen abgeschoben wird. Einem Missbrauch hinter Klostermauern. Sogar einem Stier und einem Esel. Dem Maler Wedel und den Kichertanten. Und vielen anderen lieben Mitmenschen.
Sünde einer Nacht
Romantische Geschichten
Sünde einer Nacht
S taunend saß ich vor dem Spiegel im Bad. Noch konnte ich nicht fassen, was geschehen war. Alles war so unerwartet, so unverhofft gekommen.
Das Schicksal geht oft seltsame Wege. Irrwege. Doch irgendwie und irgendwann führen sie alle zum Ziel.
„Wenn man wirklich will, schafft man alles.“
Plötzlich musste ich an Linda, meine Mutter, denken. Ganz deutlich sah ich, wie sie ärgerlich ihre vollen Lippen zu einem dicken Strich kniff. Gleich würde sie sagen:
„Dieses Mädel. Ist wie ein Schmetterling. Huscht von einer Blüte zur anderen. Immer auf der Suche. Immer auf der Reise.“
Aber ich irrte. Diesmal sagte Linda vorwurfsvoll:
„Du musst endlich wissen, was du willst. Nur so kommt man weiter im Leben. Und das willst du doch. Oder?“
„Ich will Schauspielerin werden“, erwiderte ich trotzig.
Energisch nahm Linda meine Hand und zerrte mich vor den großen Spiegel im Schlafzimmer.
„Sieht so eine Schauspielerin aus?“, lachte sie höhnisch. „Nichts als Flausen im Kopf hast du, Mädchen.“ Ihre Stimme wurde noch eine Nuance böser. „Mach lieber deine Hausaufgaben. Sonst wirst du Putzfrau.“
„Kann ich nicht“, triumphierte ich, „Opa hat gesagt, wenn jemand nichts kann, wird er Schauspieler. Und du sagst doch immer, ich könne nichts, sei zu nichts nütze. Also werde ich auch nicht taugen zum Putzen. Hab sowieso Nullbock, anderen Leuten den Dreck wegzumachen.“
Das hatte gesessen. Lindas Lippen waren jetzt ganz dünn. Noch dünner als ihre grünen Augen, die sie zu einem Schlitz verengt hatte. Bestimmt, damit sie das Funkeln nicht sehen konnte. Denn Linda war sich nicht zu schade, anderen Leuten den Dreck wegzumachen. Sie reinigte nach ihrer Arbeit in der Dreherei, in der mein Stiefvater arbeitete, noch dreimal wöchentlich die Sparkasse, damit sie unsere sechs Mäuler stopfen konnte, wie sie sich ausdrückte.
Kopfschüttelnd verließ Linda das Zimmer.
Ich stellte mich zufrieden vor dem Spiegel in Positur. Was ich sah, gefiel mir. Ich gehörte nicht zu den Teenagern, die ständig an sich rummäkelten. Ich betrachtete mein Spiegelbild mit Wohlgefallen.
In meinen hellen Augen tanzten neugierig goldene Pünktchen. Rotblonde Locken fielen keck in die hohe Stirn, die Nase fand ich etwas zu stupsig, und die Sommersprossen darauf und auf den Wangen erinnerten an Pippi Langstrumpf. Und die fand