Alex Benedict 04: Das Auge des Teufels
meine er es auch.
Wir warfen noch einen letzten Blick auf die Erde. Die Galileo befand sich auf der Nachtseite, die Europa und Afrika umfasste. Überall Lichter. Von Moskau bis zum Kap. Gewitter entluden sich schimmernd über dem Atlantik.
Hier hatte alles angefangen. Die große Diaspora.
Selotta und Kassel reisten auf einem Diplomatenschiff. Wir leisteten ihnen Gesellschaft, bis sie an Bord gingen. Sie stellten uns noch einigen anderen Passagieren vor, Stummen und Menschen, und dem Captain des Schiffes, und dann war es Zeit zu gehen. Wir zogen uns über den Fluggasttunnel zurück, sie schlossen die Luken, und unsere gemeinsame Reise war endgültig vorbei.
Alex und ich machten uns auf den Weg zur Belle-Marie, vergewisserten uns, dass unser Gepäck eingetroffen war, und gingen an Bord. Ich nahm meinen Platz auf der Brücke ein, begrüßte Belle, die KI, und ging meine Prüfliste durch. Als ich sicher war, dass alles in Ordnung war, nahm ich Kontakt zur Flugleitzentrale auf und bat um Starterlaubnis. Minuten später waren auch wir unterwegs, glitten am Mond vorüber, beschleunigten und fühlten uns ziemlich gut. Ich konnte Alex in der Kabine reden hören. Daran war nichts ungewöhnlich: Er unterhielt sich mit Belle. Wir hatten zunächst einen Vierstundenflug vor uns, an den sich, wenn wir den Transit aus dem Hyperraum hinter uns hätten, vermutlich noch ein oder zwei Flugtage anschließen würden. Das ging heute alles viel schneller als noch vor ein paar Jahren, als man mit dem Armstrongantrieb noch Wochen benötigt hätte, um die gleiche Entfernung zurückzulegen.
Ich korrigierte ein letztes Mal die Zielkoordinaten, ehe ich den Sprung initiierte. Im selben Augenblick hörte ich eine dritte Stimme aus Alex’ Kabine. Eine Frauenstimme. Alex kontrollierte seine Nachrichten.
Ich unterbrach ihn. »Alex, mach dich bereit für den Sprung!«
»Okay«, antwortete er.
Das letzte grüne Lämpchen flackerte auf und verriet mir so, dass er sein Geschirr angelegt hatte, und ich flog uns in den Hyperraum.
Zwei Minuten später bat er mich, zu ihm herüberzukommen, sobald ich Zeit hätte. Ich wies Belle an, für mich zu übernehmen, erhob mich von meinem Pilotensessel und ging nach hinten.
Das Erste, was ich sah, als ich den Gemeinschaftsraum betrat, war eine Frau, die wie erstarrt dastand und Alex aus großen Augen anstarrte. Das war natürlich nur ein Hologramm. Sie war jung. Gut aussehend. Dunkle Augen und kurze, schwarze Haare. Sie trug eine weißgoldene Bluse, auf der über einem aus sechs Sternen gebildeten Bogen der Name Hassan Goldman zu lesen war. Etwas an ihr kam mir bekannt vor. »Wer ist sie?«
»Vicki Greene.«
»Vicki Greene? Die Vicki Greene?«
»Die Vicki Greene.«
Bekanntermaßen war Vicki Greene eine enorm populäre Romanautorin – was sie auch bleiben sollte –, eine Schriftstellerin, die sich auf Horrorgeschichten und Übernatürliches spezialisiert hatte. Stimmen in der Nacht, Dämonen im Keller: Sie hatte sich einen beachtlichen Ruf erarbeitet, indem sie Millionen Leser überall in der Konföderation das Fürchten gelehrt hatte. »Ich wusste gar nicht, dass du diese Frau kennst.«
Er ließ sich auf seinen Sessel sinken. »Ich kenne sie auch nicht.«
»Aha! Schade! Dann geht es also nur ums Geschäft. Will sie, dass wir etwas für sie aufspüren?«
»Hör dir das an!«, sagte er nur.
Er wies Belle an, die Transmission noch einmal von vorn abzuspielen. Das Bild erlosch und tauchte gleich wieder auf.
Greene sah erst Alex und dann mich an, taxierte mich kurz und konzentrierte sich wieder auf den Boss. »Mr Benedict«, sagte sie. »Ich weiß, das wird Ihnen sonderbar vorkommen, aber ich weiß nicht, wer mir sonst helfen könnte.« Sie hatte Probleme, ihre Stimme zu kontrollieren. »Da Sie nicht hier sind, habe ich Ihre KI gebeten, diese Botschaft an Sie weiterzuschicken. Dieser Sache bin ich nicht gewachsen, Mr Benedict!« Sie stierte ihn an. Offenbar war sie nun an der Reihe, das Fürchten zu lernen. »Gott, hilf mir, sie sind alle tot!«
Alex berührte ein Steuerinstrument und fror das Bild wieder ein. »Das ist alles«, sagte er.
»Das ist alles?«
»Das ist das Resümee der Transmission.«
»Wovon spricht sie überhaupt?«
»Ich weiß es nicht! Keine Ahnung!« Er atmete tief durch. »Ich frage mich, ob wir da eine Frau am Rande eines Zusammenbruchs vor uns sehen!«
Kopfscheu sah sie jedenfalls aus. »Vielleicht schreibt sie zu viele Horrorgeschichten«, meinte
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