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Projekt Ikarus 01 - Schatten und Licht

Projekt Ikarus 01 - Schatten und Licht

Titel: Projekt Ikarus 01 - Schatten und Licht Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Caitlin Kittredge
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KAPITEL 1
    IRIDIUM
     
    Eines vergessen die Menschen anscheinend nur allzu gern: Wo es Superhelden gibt, gibt es auch Superschurken. Das wirft eine interessante Frage auf: Würden die Superhelden verschwinden, verschwänden dann die Superschurken auch?
    Lynda Kidder, »Origins, Teil fünf« New Chicago Tribüne, 23. April 2112
     
    Superhelden brauchen immer jemanden, der die Rolle des Schurken übernimmt. Das wurde Iridium wieder einmal klar, als ein Held dummerweise versuchte, sie von hinten niederzuschlagen.
    Sie wirbelte herum und feuerte einen Stroboimpuls auf ihn ab -keinen von der gefährlichen Sorte, nur einen aus dem sichtbaren Spektrum. Der Held landete trotzdem auf seinem Hintern und begann zu schreien. Wahrscheinlich »Aaah, meine Augen, meine Augen!«. Das schrien die meisten.
    »Schlampige Arbeit«, mokierte sich Iridium. »Wo ist dein Mentor? Ist er etwa einen Milchkaffee holen gegangen und hat dich hier allein gelassen?«
    Zu ihren Füßen wand sich wimmernd ein geknebelter Wachmann. »Halt die Klappe«, sagte Iridium. »Schließlich kriegst du eine fette Entschädigung, wenn du die Bank wegen gefährlicher Arbeitsbedingungen verklagst. Und das wirst du doch tun, stimmt’s?«
    Der Sicherheitsbeamte dachte kurz nach, dann zuckte er -soweit die Einweg-Handschellen, die Iridium ihm angelegt hatte, es erlaubten – mit den Schultern und nickte.
    Iridium wandte ihre Aufmerksamkeit wieder dem Tresorraum zu. Aus den Augenwinkeln sah sie, wie der Held mühsam versuchte, wieder auf die Beine zu kommen. Er trug einen hautengen, violett-schwarzen Anzug – das allein verriet ihn schon als blutigen Anfänger. Kein Absolvent der Akademie, der auch nur das kleinste bisschen Verstand besaß, benutzte nach seinem Abschluss weiter diese Dinger.
    Na ja, eine Ausnahme gab es. Und deren Bild prangte auf jedem einzelnen Stück außermenschlicher Propaganda in Wreck City oder – um den offiziellen, beschönigenden Ausdruck zu benutzen – dem für die City of New Chicago wiedereroberten Planquadrat 16. Aus diesem Grunde konnte man es dem jungen Helden wohl nachsehen, wenn er annahm, die hautengen Anzüge seien der letzte Schrei.
    »Dreh dich um und sieh mich an! Du stehst unter Arrest!«, brüllte der Held.
    Iridium betrachtete weiter in aller Ruhe den Tresorraum. Schloss mit dreifacher Netzhauterkennung. Sicherung durch Fallgitter. 63,5 Millimeter Tilizium-Stahl mit Iokern-Zuhaltung. »Das werde ich einfach aufschmelzen müssen«, sagte sie, mehr zu sich selbst als in Richtung des Helden.
    Der griff nach dem silbernen Schlagstock, mit dem er sie schon zuvor hatte verprügeln wollen. Irgendeine Form von Energie ließ ihn blau leuchten und elektrisiert knistern. »Letzte Chance, Miststück!«
    Iridium zog eine schwarze Augenbraue hoch. »›Miststück‹?
    Findest du das nicht ein bisschen unpassend? Ich hab dich doch nur in Notwehr bestrahlt!«
    »Du hast mir fast die verdammten Augen ausgebrannt!« Langsam kam er näher, den Körper in Kampfhaltung wie aus dem Lehrbuch. Allerdings einem, das die Akademie wohl erst nach ihrer Zeit dort in den Lehrplan aufgenommen hatte. Sie gab dem Helden das Aussehen eines farbenfrohen, verwirrten Krebses. Seine Kostümierung wurde von einem violetten Gesichtsschild und einer Schutzbrille vervollständigt, deren Gläser sich kugelartig vorwölbten und seine angstvoll geweiteten Augen nur unzureichend verbargen.
    »Siehst du, genau das meine ich«, sagte Iridium. »Als ich auf der Akademie war, brachte man uns bei, nicht zu fluchen.«
    Der Held hieb mit dem Schlagstock nach ihr. Iridium wich dem Schlag aus und trat ihm in die Seite, genau unterhalb der letzten Rippe. Ein »Knack« war zu hören, als wäre jemand auf einen Zweig getreten. Uups. Vielleicht doch nicht genau unterhalb.
    »Und man brachte uns ebenfalls bei, die vom Gegner abgewandte Seite zu schützen«, fuhr Iridium fort. Sie stand über dem ächzenden Helden. »Wer, zum Teufel, hat dich ausgebildet? Man sollte diesen Mentoren ihre Verdienstmedaillen aberkennen.«
    »Ich …«
    »Hör zu, Jungchen. Wie heißt du?«
    »Blackwasp«, brachte er mühsam heraus.
    »Autsch. Ich an deiner Stelle würde denjenigen verklagen, dem du diesen Namen verdankst. Was ich sagen will, Blackwasp, ist Folgendes: Wenn du als Gutmensch überleben willst, musst du lernen zu erkennen, wann du keine Chance hast.« Sie blickte wieder hinüber zum Safe und übte mit dem Teil ihres Gehirns, der in Spektren sehen konnte, Druck aus. Sie spürte, wie sich

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