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Alexander Gerlach 09 - Das vergessene Maedchen

Alexander Gerlach 09 - Das vergessene Maedchen

Titel: Alexander Gerlach 09 - Das vergessene Maedchen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Wolfgang Burger
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war schuld. Sie. Ich habe sie losgeschnitten, erst die Beine, da hat sie gleich wie verrückt nach mir getreten, und wie ihre Hände frei waren, da hat sie angefangen, um sich zu schlagen wie irre. Wie irre. Ich habe sie angeschrien, sie soll sich nicht so anstellen, es ist doch gar nichts passiert. Sie wollte mir das Messer wegreißen, und es ist ein Riesendurcheinander gewesen, und auf einmal hat sie am Hals geblutet. Sie hat es gemerkt, ich habe es auch gemerkt, für eine Sekunde waren wir beide … ganz erstarrt. Dann hat sie die Hand draufgedrückt und ist rückwärts. Und zwischen ihren Fingern ist das Blut geströmt. Geströmt. Es war schrecklich. Ich wollte ihr helfen, aber ich hatte immer noch das Messer in der Hand, und … ich weiß nicht … Wir haben uns angeschrien. Ich wollte ihr helfen, und sie dachte, ich will sie abstechen. Und auf einmal hat sie sich ein Handtuch gegriffen, hat es auf die Wunde gedrückt und ist fort. Wie der Teufel ist sie fort. Wie der Teufel.«
    »Das kann so gewesen sein«, erwiderte ich leise. »Ihre Geschichte passt zu den Spuren, die meine Leute gefunden haben. Das bedeutet aber noch lange nicht, dass Sie nicht am nächsten Abend …«
    Vangelis kam mit leerem Gesicht wieder herein, sank auf ihren Stuhl und legte das Handy auf den Tisch, als wollte sie es nie wieder in die Hand nehmen.
    »In der Nacht hab ich geputzt.« Plakowsky redete einfach weiter, als führte er Selbstgespräche. »Wie ein Wahnsinniger habe ich geputzt. Am Hals war sie verletzt. Das hätte so leicht ins Auge gehen können. Eine Schlagader, wie leicht hätte eine Schlagader verletzt werden können, und … Es hätte alles noch so viel schlimmer ausgehen können. Drei Mal habe ich geputzt, drei Mal. Vielleicht auch öfter. Ich weiß nicht.«
    Vangelis schrieb etwas auf einen Zettel, beobachtete ich aus den Augenwinkeln, schob ihn zu mir herüber.
    »Kommen wir noch mal zu dem Abend, als Sie angeblich Schnaps kaufen waren …«
    Ich warf einen Blick auf den Zettel.
    »Lea lebt«, las ich.
    Plakowsky plapperte unterdessen weiter: »Im Flur, da war auch Blut. Und man weiß ja, dass Sie mit Ihren technischen Möglichkeiten heute auch die allerwinzigsten Blutspuren noch finden. Ich dachte, vielleicht stirbt sie. Vielleicht liegt sie irgendwo da draußen und verblutet. Und dann kommt natürlich die Polizei, und im Treppenhaus, da ist auch Blut gewesen. Nicht so viel, Gott sei Dank, nicht so viel. Das durfte nicht so bleiben, ich musste doch …«
    Sie lebte.
    Lea lebte.
    Ich war nicht in der Lage, Plakowskys Redefluss zu unterbrechen.
    »Ich habe mich volllaufen lassen und später das Treppenhaus noch mal geputzt. Lange nach Mitternacht. Damit da auch wirklich nichts mehr war. Mir war klar, dass auch auf dem Gehweg Blut sein musste. Aber ich konnte doch nicht … Irgendwann bin ich auf dem Sofa eingeschlafen. Am nächsten Morgen habe ich in der Schule angerufen und mich krankgemeldet. Habe später einen schweren Rüffel kassiert dafür.«
    »Was haben Sie mit dem Messer gemacht?«, fragte Vangelis, da mit mir im Moment nicht zu rechnen war.
    Lea lebte.
    »Das habe ich am Morgen in eine Tüte gepackt und irgendwo in einen kleinen Tümpel geschmissen. In der Nähe vom Motodrom war das, im Wald, bei Hockenheim. Ich bin laufen gewesen, am nächsten Morgen. Ich musste mich bewegen. Ich wäre tot umgefallen, wenn ich mich nicht ausgetobt hätte. Laufen bis zur völligen Erschöpfung. Wo genau das war, wo ich das Messer versenkt habe, weiß ich nicht mehr. Aber ich würde das Matschloch wiederfinden.«
    »Sie haben zu ihr gesagt, Sie würden sie umbringen.« Endlich hatte ich meine Sprache wiedergefunden.
    Plakowsky nickte eifrig. Er war jetzt in der Phase, in der ein Schuldiger gar nicht mehr aufhören kann zu reden. »Habe ich, ja. Mehr als einmal und ziemlich laut.«
    »Sieht so aus, als hätte Lea Ihre Drohung ernst genommen.«
    »Denken Sie, dass sie deshalb … Ist sie deshalb verschwunden? Weil sie … Angst vor mir hatte?«
    Ich schob meinen Stuhl zurück und erhob mich. »Wir machen jetzt erst mal Schluss. Lea Lassalle ist am Leben, habe ich soeben erfahren. Wir …« Ich musste husten. »Wir machen dann später weiter. Morgen. Man wird sehen.«

40
    Am Montag, dem zweiten Januar, war ich zusammen mit Justus Lassalle auf dem Weg nach Straßburg, um Lea abzuholen. Die französische Polizei hatte sie bereits am Dienstag in Toulouse aufgegriffen. Einem Hausdetektiv in einem Carrefour-Supermarkt war sie

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