Alice at Wonderland
anzusprechen, die ein T-Shirt tragen mit dem Aufdruck prince of darkness.
Es hilft nichts, ich muss da selbst durch. Also rein in den Laden. Was kann schon passieren? Wenn ich Glück habe, erfährt es nur die Kassierin und der- oder diejenige hinter
mir in der Schlange. Maximal noch die Aushilfe, der gera de beigebracht wird, wie man kassiert. Oder lediglich die fast hundert Leute, die gerade um die Regale schleichen. So voll hab ich die Buchhandlung noch nie gesehen. Na türlich muss die halbe Stadt gerade in dem Moment ihre Leselust wieder entdecken, wenn ich mir ein Single-Koch buch kaufen will.
Dieses überraschend aufgetretene Fieber zwingt mich, den Kauf zu vertagen, für eine ganze Kompanie Lebens mittel einzukaufen und ein paar Freunde zum Abendes sen einzuladen, damit wenigstens ein Bruchteil des Essens seiner eigentlichen Bestimmung zugeführt wird.
Mitten in der Woche spontan zum Essen einzuladen ist bei der Mehrzahl meiner berufstätigen Bekannten etwas knifflig. Spontan bedeutet für sie, mindestens zwei Wochen vor dem Ereignis angerufen zu werden, auf dem Handy, weil sie gerade wichtig unterwegs sind. Dann tra gen sie es in ihren Palm Pilot oder Organizer ein, betä tigen die Erinnerungsfunktion und vergessen das Ganze. Ihr kleiner elektronischer Helfer meldet sich dann zwei Stunden vor dem verabredeten Termin mit einem schwa chen Piepser, und dann bricht Panik aus. Ich habe nie ver standen, warum sie sich beschweren, wenn ich den ganzen Organizer-Mist gleich bleiben lasse und sie spontan zwei Stunden vor dem beabsichtigten Treffen anrufe.
Das Ergebnis ist exakt dasselbe. Und es ist lustiger, weil nicht schon Wochen vorher feststeht, wer da aufeinander trifft.
Dieses Mal sind es erst mal Nina und Markus. Nina hab ich auf ihre Aussage festgenagelt. Sie hat ja gesagt, dass sie Zeit für mich hat. Und Markus ist automatisch dabei. Sie sind ja ein glückliches Paar. Glückliche Paare gehen nicht getrennt aus. Das tun nur wirklich glückliche Paare. Dann Ruth, meine alte Schulfreundin. Sie ist auch Single und daher notfalls sogar für einen spontanen Imbiss ge gen vier Uhr morgens zu haben. Und schließlich Jenny. Sie ist ein Grenzfall. Jenny ist mit dermaßen vielen Kerlen unterwegs, dass man nicht ganz genau weiß, ob sie gleich mit mehreren dauerliiert oder Radikal-Single ist. Sie selbst schwört jedoch zu jedem Zeitpunkt, mit einem der Typen, mit denen sie gesehen wird, gerade zusammen zu sein, egal mit welchem.
Ich habe für meine lieben Gäste etwas Thailändisches gekocht, Huhn in rotem Curry, und sehe in glückliche Ge sichter. Die von Nina und Markus sind mit leichter Sorge durchsprenkelt. Sie haben ihr verzogenes Blag Thorben- Hendrik für heute Abend bei der Oma abgeladen. Einer von den beiden müsste spätestens jetzt an einen Heizkör per gefesselt sein.
»Stand das Rezept in deinem neuen Kochbuch?«, fragt Nina. Sie kann ja so witzig sein.
»Welches neue Kochbuch?«, will Ruth natürlich sofort wissen.
»Und wieso neu? Ich denke, du hast überhaupt keine Kochbücher«, sagt Jenny.
»Stimmt«, entgegne ich, »das Rezept stand auf der Rückseite der Reispackung.«
»Riecht jedenfalls zauberhaft«, sagt Jenny.
Und das ist ein echtes Kompliment. Jenny hat fast aus schließlich ausländische Liebhaber und kennt sich in den Küchen der Welt aus. Obwohl ich bezweifle, dass sie je mit einem Thailänder zusammen war. Sie ist fast eins acht zig groß.
»Großartig«, stimmt Markus zu.
Das war im Wesentlichen sein Beitrag zur Konversation des Abends. Markus fühlt sich nicht wohl, allein unter Frauen. Ich hätte zu gern gewusst, welche Argumente er vorgebracht hat, um nicht mitkommen zu müssen. Er und Nina haben ganz sicher erst eine Weile rumdiskutiert. Wohl deshalb und weil ich sie genötigt habe, sinnt Nina auf eine kleine Rache.
»Ich sollte Alice heute ein Buch kaufen«, sagt sie und zieht das Folgende genüsslich in die Länge: »Ein Single-Kochbuch.«
Als wenn es sich dabei um eine Anleitung zur Beseiti gung von Ehemännern handeln würde. Ruth schaut be treten, als sei genau das der Fall, Markus grinst und Jenny verzieht das Gesicht. Aber nur, weil sie auf eine Pfeffer schote gebissen hat.
»Ein ... huch, ist das scharf ... ein was? Oh, mein Gott, noch ein bisschen Wein, bitte.«
Ich sehe, wie Ruth sich sammelt, meine Gefährtin im Geiste.
»Das ist total sinnvoll«, sagt sie mutig, »wenn man sich nämlich mal was alleine brutzeln will ...«
»... braucht man nicht immer die
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