schreibt zurück! Mein Gott, das kann ja nicht so weit her sein mit seiner neuen Liebe, wenn der spätabends nichts Besseres zu tun hat, als
auf seinen Computerbildschirm zu starren. Ich schaue auf den Absender,
[email protected].
Emaster. Klingt imposant, mächtig, Brust raus. Nur ein Mann kann sich so was aussuchen wie emaster. Frauen nehmen was Blumiges wie lycos oder was Lustiges wie Yahoo.
Hi Alice,
entschuldige, dass ich dir das Buch nicht gleich schicken kann. Das Angebot steht natürlich noch. Aber ich habe es einem Freund geliehen und be komme es in ein, zwei Tagen zurück. Dann geht's gleich auf die Post. Versprochen. Gruß Alex
Ich bin etwas überrascht. Das hört sich ganz nett an. Vielleicht sollte ich aufhören, wildfremde Menschen we gen solcher Kleinigkeiten wie einer Webadresse gleich in Macho-Schubladen zu stecken. Besonders, wenn ich sein PS lese:
Single sein ist keine ansteckende Krankheit. Du wirst eine Menge Spaß mit dem Buch haben.
Paff. Ich merke, wie ich tatsächlich rot werde. Er hat mich erwischt. Trotzdem bin ich ein wenig gerührt. In den zwei kurzen Sätzen scheint kein geheucheltes Mitgefühl oder gar Mitleid durch, keine verständnisvoll gemeinte Solidarität und, was ich am meisten bewundere, er ver sucht sich nicht in dummen Witzchen.
Ich bedanke mich kurz für seine Mail, schreibe ihm, dass ich die paar Tage natürlich noch warten könne, aber auch wissen wolle, wie er mir auf die Schliche gekommen sei.
Hi Alice,
der Freund, dem ich das Buch geliehen habe, hat
auch Wert auf die Feststellung gelegt, dass es
nicht für ihn wäre.
Gruß Alex
Natürlich. Verraten wirst du immer nur von deinesglei chen. Bevor ich ins Bett gehe, überlege ich kurz, ob ich morgen meinen Mail-Provider ändern soll. alice@emaster. net, so schlecht klingt das auch nicht.
WAS FRAUEN WOLLEN
Das Schöne am Singleleben ist, dass einem niemand sagt, was man zu tun oder zu lassen hat. Insbesondere an Wo chenenden ist dieser Luxus gar nicht hoch genug zu be werten. Falls ich mal jemanden heirate, kommt es in erster Linie nicht auf das Aussehen oder den Humor an, sondern auf seine Schlafgewohnheiten. Ein Frühaufsteher kommt mir nicht ins Haus. Ausschlafen ist das Zauberwort. Ich hätte nichts dagegen, wenn mein Freund mir Brötchen holt und das Frühstück ans Bett bringt, aber nicht früh um sieben. Und Kinder will ich auch nur haben, wenn vorher vertraglich geregelt wird, dass die Babys nicht mehrmals nachts aufwachen und an die Brust wollen. Es gibt eben doch ein paar Vorteile, wenn man nicht fest gebunden ist. Und in diesem guten Gefühl stehe ich heute erst um 11 Uhr auf.
Heute ist Samstag, und eine hyperstressige Woche in der Redaktion liegt hinter mir. Ein hohes Tier von Satl war drei Tage zur Programmbesprechung in der Stadt, und ein Meeting jagte das nächste. Und ich musste bei jeder Besprechung dabei sein, damit man was »fürs Auge« hat, sagte mein Chef. Da ich den Job noch eine Weile behalten will, habe ich lächelnd mitgespielt und Kaviar und Champagner in rauen Mengen zu mir genommen. Und ich habe die Durchwahl von Mr. Wichtig bei Sat1, falls ich mal ein paar Kugelschreiber mit Werbeaufdruck brauche oder je manden, der mich ins Nirwana vögelt.
Egal, denn heute ist Samstag, und ein »Alice-Single- Wochenende« liegt vor mir. Mich selbst verwöhnen, wenn
es schon kein anderer tut. Nur das machen, wozu ich Lust habe.
Aber worauf habe ich eigentlich Lust? Aus dem Kühl schrank grinsen mich vier verschiedene Sorten Marmelade an, eine sogar mit Stückchen, und ich habe keine Ahnung, womit ich den Tag am besten beginne. Um mich nicht gleich nach dem Aufstehen selbst zu frustrieren, mache ich mir einen Toast mit Erdnussbutter und Cervelatwurst. Das hat mir als Kind immer geschmeckt und damit kann ich im Grunde nie etwas falsch machen.
In Unterwäsche aufs Sofa gekuschelt, die Beine auf den Couchtisch gelegt und MTV Hit-List Germany auf vol ler Lautstärke (auch ein Vorteil des Singlelebens), nehme ich mein Frühstück zu mir. Dabei mache ich eine Liste von den Dingen, auf die ich heute Lust habe. »Einen gut aussehenden Latino organisieren« steht wie immer ganz oben auf dem Blatt. Mein persönlicher Running-Gag. Da bei mag ich überhaupt keine Latinos. Die sind wie der Tri umph Spitfire, den ich vor zehn Jahren mal hatte. Die Karosserie macht auf den ersten Blick eine Menge her, aber schon nach wenigen Kilometern fängt er an zu stot tern. Und dann ist es nur peinlich, wenn man neben