Alissa 4 - Die letzte Wahrheit
Schritte auf sie zu, die Hand nach ihrer Mitte ausgestreckt. Verängstigt wich sie zurück. »Was ist?«, fragte sie.
»Darf ich …« Er zögerte und grinste dann erneut. »Darf ich mir die Bitte erlauben, dich geistig abzusuchen, Alissa?«
Sie spürte, wie ihr das Blut aus dem Gesicht wich. »Wozu?«, fragte sie und fürchtete, die Antwort schon zu kennen.
Strell hob sie hoch und wirbelte sie im Kreis herum, ehe er sie vorsichtig wieder abstellte. Das Haar flog ihr vor die Augen, und sie schrie überrascht auf.
»Was soll es denn werden, Alissa?«, fragte Strell, dessen plötzliche Freude sie noch mehr erschreckte. »Du musst dich jetzt entscheiden, weil es zu gefährlich wäre, sich nach den ersten paar Wochen noch zu verwandeln. Ich habe Talo-Toecan schon alles Mögliche darüber gefragt. Er hat mir alles erklärt.«
Verwirrt zog sie sich eine Haarsträhne aus dem Mund. »Was …?«, stammelte sie schließlich.
»Strell hat recht«, sagte Nutzlos, und seine weißen Augenbrauen hüpften belustigt. »Du musst dich in ein paar Wochen für eine Gestalt entscheiden und dann so bleiben. Die Tradition würde Raku bevorzugen, doch das ist natürlich deine Entscheidung. Dass noch niemand das je in menschlicher Gestalt gemacht hat, bedeutet nicht, dass man es nicht machen sollte. Ich würde sogar die menschliche vorschlagen, da du als Raku Schwierigkeiten haben dürftest, genug Eiweiß zu dir zu nehmen, und für geflügelte Ungeheuer dauert es drei Monate länger als bei einem zerbrechlichen Menschenwesen. Und lautlos mit Bewahrern sprechen zu können, ist eine Fähigkeit, die kein Meister, der als Raku geboren wurde, jemals erlernen kann.«
Er plapperte weiter vor sich hin, und Silla steigerte sich in eine beinahe komische Aufregung hinein. Sie flüsterte Connen-Neute alberne Bemerkungen ins Ohr, so laut, dass Alissa alles hören konnte. »Monate?«, fragte Alissa, doch irgendwie drang kein Laut aus ihrem Mund. Strell war ein Septhama. Sie brauchte keine komplizierten Tabellen über ihre und Strells Abstammung, um zu wissen, dass die Wahrscheinlichkeit, ein Raku-Kind zu bekommen, fünfzig zu fünfzig stand, und fünfzig zu fünfzig für eine menschliche Septhama. Ihr Herz hämmerte, und sie fühlte sich schwach. Nutzlos glaubte offenbar schon zu wissen, was es werden würde.
»Pack gar nicht erst aus, wenn wir nach Hause kommen, Alissa«, flüsterte Strell. Seine Augen glitzerten, und er warf einen Blick in Nutzlos’ Richtung. »Wir müssen ins Tiefland. Sehr bald sogar.«
»Tiefland?«, stammelte sie.
Strell grinste und umarmte sie so fest, dass er ihr die Luft abdrückte. »Ich muss dich eintragen lassen, meine Liebste, sonst verlieren meine Kinder den verbrieften Namen.« Die Arme noch immer um sie geschlungen, strahlte er Nutzlos an. »Und ich bin sicher, dein Lehrmeister möchte, dass deine Kinder den Status erhalten, der ihnen zusteht. Jetzt kann er also zu einer Reise ins Tiefland nicht mehr nein sagen.«
Nutzlos gab ein mürrisches Brummen von sich.
Alissa war schlecht. Ein Kind? So bald? »Oh, Asche«, murmelte sie. »Ich glaube nicht, dass ich dafür schon bereit bin.«
Und Strell lachte.
Danksagung
Ich möchte meiner Schreibgruppe für ihre moralische Unterstützung danken; meinem Mann Tim dafür, dass er sich sämtliche Überarbeitungen angehört hat; und natürlich Richard Curtis und Anne Sowards.
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