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All die schoenen Toten - Ein Inspektor-Jury-Roman

Titel: All die schoenen Toten - Ein Inspektor-Jury-Roman Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Martha Grimes
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Nachrichten erkannten.«
    »An der hat Oswald Maples also gearbeitet.«
    »An der oder an denen da.« Jury wandte sich den anderen Maschinen zu, die in dem früher von Codier- und Chiffrierexperten
benutzten Schuppen untergebracht waren. »So nannte sich diese Abteilung des Kriegsministeriums: GC&CS, Government Code and Cipher School, Codierungs- und Entschlüsselungsabteilung. Die Entzifferung der Cribs war größtenteils Rätselraten: Man vermutete jedoch, dass ein verschlüsseltes Wort in jeder neuen Nachricht wiederauftauchen würde. Sagen wir zum Beispiel, Sie schicken Agatha einen Haufen Nachrichten, in denen andauernd das Wort ›Idiot‹ erscheint.«
    »So weit kann ich Ihnen gut folgen.«
    »Jeder, der eine neue Nachricht von Ihnen an Agatha liest, würde also annehmen, dass das Wort ›Idiot‹ darin vorkommt. Das macht es leichter, die Nachricht zu entschlüsseln.«
    »Hört sich äußerst komplex an.«
    »Ist es auch. Die Enigma-Maschine hatte die Fähigkeit, Milliarden von Kombinationen zu bilden.«
    »Sie haben es ja wirklich mit diesem Codier- und Verschlüsselungszeug. Sie und Sir Oswald verstehen sich bestimmt prächtig.«
    »Stimmt.« Jury stand neben der großen Maschine, genannt »Die Bombe«, und beugte sich tief hinunter, um den erklärenden Text zu lesen. »Das ist interessant – die hier bestätigte keine bestimmte Enigma-Einstellung, sondern widerlegte jede inkorrekte.«
    Die Hände hinterm Rücken, lehnte Melrose sich auf den Hacken zurück und ließ sich dies durch den Kopf gehen. »Aber läuft das nicht auf das Gleiche hinaus? Täte man das denn nicht sowieso?«
    »Was?«
    »Es bestätigen. Um die Richtigkeit einer bestimmten Einstellung zu belegen, würde man doch den Beweis erbringen müssen, was sie nicht ist.«
    »Nein. Wenn das der Fall wäre, würde diese ›Bombe‹ all die anderen möglichen Kombinationen nicht widerlegen.«
    »Moment.« Melrose hielt die Hand hoch wie ein Verkehrspolizist.
»Sie gehen hier von einer falschen Voraussetzung aus. Sie behaupten, die Bombe widerlegt, weil sie widerlegt. Das ist kein Argument.«
    »So wie Sie es ausdrücken, nicht.«
    »Okay, vergessen Sie das. Ich verstehe nicht, wie man etwas widerlegen kann, ohne einen Beweis vorauszusetzen. Nehmen wir zum Beispiel diese schwarze Katze …«
    »Welche?«
    »Ah! Genau darauf will ich hinaus. Momentan gibt es, soweit wir wissen, zwei schwarze Katzen.«
    »Oh, das ist aber …«
    »Lassen Sie mich ausreden.«
    Jury verschränkte die Arme vor der Brust. »Wollen Sie hier jetzt etwa zwei Jahre von Alan Turings Arbeit vom Tisch wischen?«
    »Die Katzen sind Morris Eins, Doras Katze, und Morris Zwei, die falsche Katze. Soviel wir wissen, gibt es zwei, weil man uns das gesagt hat. Alles andere ist Deduktion. Um zu beweisen, dass Morris Eins Doras Katze ist, müssen wir den Beweis erbringen, dass Nummer Zwei es nicht ist.«
    »Können wir dieses Streitgespräch später fortsetzen? Ich muss zurück nach London.«
    Melrose warf die Hände in die Luft. »Ein Superintendent und kapiert es nicht!«
    Sie gingen auf die Tür zu. »Ich kapiere eine ganze Menge nicht. Ich kapiere insbesondere nicht, wie es kommt, dass Sie mehr wissen als Alan Turing.«
    »Das ist mein Kreuz, das ich zu tragen habe. Also, Sie mit Ihrer größeren Weisheit – wurde Morris nun ermordet oder entführt?«
    »Entführt.«
    »Und wie haben Sie das ausklamüsert?«
    »Wie hätte ich mich zum Superintendenten hochgearbeitet, wenn ich das nicht könnte?«

14. KAPITEL
    Mungo saß in einem Haus in Belgravia gleich neben einer Küchentür und horchte, wie die Stimme von Mrs. Tobias aus der Küche drang. Aus der Küche schrie , das traf es wohl eher.
    »Was hast du da wieder angestellt, du Schlingel! Meinen schönen Kuchen ruiniert! Habe ich dir nicht gesagt …«
    In diesem Moment kam der »Schlingel« aus der Küche gerannt, kichernd, den Schokoladenkuchen noch in der Hand und im Mund.
    Es war der schandbare Jasper, das widerlichste Kind, dem Mungo je begegnet war. Der Kerl war zwölf, und wenn Mungo etwas zu melden hatte, würde der Junge die dreizehn nie erleben. Jasper war eine Woche auf Besuch da, solange seine Mutter und der neue Stiefvater in den Flitterwochen waren – auf einer Liebesreise nach Blackpool – und jetzt noch eine Woche Entspannung zu Hause in Bayswater dranhängten, bevor sie Jasper wieder abholten. Vorgesehen war also, dass der Bursche noch eine Woche blieb, doch daran, dachte Mungo düster, ließe sich durchaus noch

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