Ein Boss zum Träumen
1. KAPITEL
Shana Callahan hoffte schon lange nicht mehr auf das große Los in ihrem Job. An diesem Morgen jedoch flatterten seltsamerweise Schmetterlinge in ihrem Magen. Sie presste sich die Hand auf den Bauch, als sie mit dem Aufzug in dem Bürohaus mitten im Stadtzentrum von Sacramento in den zweiten Stock fuhr.
Der Lift schien sich in Zeitlupe zu bewegen. Unentwegt gingen ihr die Worte ihrer Chefin durch den Kopf. „Es handelt sich um eine längerfristige Anstellung, Shana. Und zwar in Chance City.“
Chance City – der Ort, an dem sie aufgewachsen, aus dem sie mit achtzehn Jahren geflohen und in den sie nach zehn weiteren Jahren zurückgekehrt war. Zurück nach Hause.
Keine langen Fahrten mehr nach Sacramento, bloß um für ein paar Tage oder eine Woche einen Job anzunehmen. Keine Sorgen mehr, dass ihr Auto unterwegs schlappmachen könnte. Keine Angst vor Regen oder Nebel oder Verkehrsunfällen, die sie viel Zeit kosteten.
Wenn man tatsächlich einmal länger als zehn Minuten brauchte, um quer durch Chance City zu kommen, dann nur, weil man unterwegs anhielt, um mit einem Bekannten zu plaudern.
Natürlich gab es in diesem kleinen Ort auch eine Vermittlungsagentur – „Stets zu Diensten“ hieß sie. Wer etwas suchte oder anbot, klebte einen Zettel ans Schwarze Brett in der Kneipe, wo die meisten geschäftlichen Transaktionen geregelt wurden.
Die Aufzugtüren glitten auseinander. Shana folgte den Hinweisschildern zu den Räumen der noblen Vermittlungsagentur, die von den Klienten spöttisch auch „Frauen zur Miete“ genannt wurde. Julia Swanson war die Chefin, eine ebenso elegante wie selbstbewusste Frau.
„Hallo, Shana“, wurde sie von Missy, der Empfangsdame, begrüßt. „Gehen Sie bitte schon in Julias Büro. Sie wird gleich bei Ihnen sein.“
Das Büro strahlte die Noblesse seiner Besitzerin aus: gedeckte Farben, kostbare Möbel. Ihre Auftraggeber schätzten das vornehme Ambiente. Hinter dem Schreibtisch hing das Firmenmotto in Goldbuchstaben an der Wand: Wenn Sie Wert legen auf persönliche Zuwendung …
Shana setzte sich auf einen Stuhl, obwohl sie lieber auf und ab gelaufen wäre. Aus den Schmetterlingen in ihrem Magen war inzwischen ein Eisklumpen geworden. Nervös klopfte sie mit dem Fuß auf den Boden.
„Guten Tag, Shana.“ Julia stand im Türrahmen. „Wie fühlen Sie sich?“
Hoffnungsvoll. Verängstigt. Aufgeregt. „Gut danke. Ich bin schon ganz gespannt.“
Julia lächelte. „Bereit für Ihr Gespräch?“
„Ja.“ Shana erhob sich. „Können Sie mir schon etwas erzählen?“
„Mir ist es lieber, wenn das mein Klient tut.“
Sie verließen das Büro und gingen in den Konferenzraum, der zwei Türen weiter lag. Bisher hatte Shana mit ihren potenziellen Arbeitgebern immer in deren Büros gesprochen. In diesem Raum, in dessen Mitte ein großer Tisch mit vielen Stühlen stand, hatte sie noch keiner interviewt. Vor allem niemand aus Chance City. Das machte sie noch nervöser.
Ihre Hoffnung schwand, als der Mann sich von seinem Stuhl erhob. Er war groß, muskulös, hatte stahlblaue Augen und mittelbraunes Haar – und war ein alter Bekannter. Landon Kincaid. Shana hatte ihn vor einem Jahr zum ersten Mal gesehen und von Anfang an nicht leiden können. Er hatte nämlich versucht, ihre Schwester dem Mann abspenstig zu machen, für den sie seit jeher bestimmt war.
„Hallo, Shana“, begrüßte er sie jetzt, ohne ihr die Hand zu reichen.
„Kincaid.“ Sie klang abweisend.
„Dann lasse ich Sie beide jetzt mal allein.“ Julia schloss die Tür hinter sich.
Eine Weile starrte Shana auf die geschlossene Tür und versuchte, sich ihre Enttäuschung nicht anmerken zu lassen. Schließlich drehte sie sich zu ihm um. „Damit wäre die Sache ja wohl erledigt.“
„Wieso?“
„Nun ja, jetzt, wo du weißt, dass ich die Kandidatin bin …“
„Ich habe ausdrücklich nach dir gefragt.“ Kincaid deutete auf einen Stuhl.
Sie runzelte die Stirn. „Warum?“
„Weil du genau die Fähigkeiten besitzt, auf die es mir ankommt.“
Verwirrt rieb sie sich die Schläfen. „Wieso hast du mich dann nicht direkt angesprochen? Wir haben uns doch vor vier Tagen bei Aggies Thanksgiving-Party gesehen.“
„Weil du Nein gesagt hättest.“ Er setzte sich. „Jetzt weißt du wenigstens, dass es mir wirklich ernst mit meinem Angebot ist.“
„Warum sollte ich einen anständigen Job ausschlagen? Du kennst meine Situation. Ich suche schon seit Langem eine Arbeit in der Stadt. Du hättest dir
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