Allawa
die Haushundnatur muß entwickelt werden, bevor ihr die Raubtiernatur entgegenwirken könnte. Nur Ausnahmehunde, heiligmäßige Vegetarier, fransen durch Versäumnisse nicht aus. Katzen, Geflügel, Vieh, Wild haben wir schon geübt, diese Versuchungen scheinen aufgehoben zu sein.
Wir haben Hundegäste, wir gehen in den Hundewald, eine tägliche Mindestdosis von drei Begegnungen, erst gegen Ängstlichkeit, jetzt gegen Imponierhaltung. Während er spielt, mache ich mich bei den Menschen beliebt: Ihr Hund hat Würmer, Ihr Hund braucht Öl, sollte fasten, keine Knochen bekommen, keine Milch, Ihr Hund ist noch zu klein zum Spazierengehen, bei großen Rassen ist Schonung im Welpenalter doppelt wichtig. Und: nicht an die Leine nehmen, spielen lassen; weitergehen, weitergehen, von weitem den Namen rufen und »So, so«, wenn zwei Hunde fremdeln; durch Stehenbleiben schürt man Zwietracht, weil man Rückendeckung gibt. Oft möchte ich sagen: nicht verhätscheln, die überliebkosten Hunde werden feindselig gegen Artgenossen; aber das darf man nicht sagen, den Laien ist ihre alte Art meist lieber als ein neuer Aspekt.
Hinter diesem äußerlichen Hundebetrieb das Geheimnisvolle, das Größere als in uns, das mich von jeher bewegt hat. Auch Rajko ist in allem ganz, er stellt sich nichts dabei vor wie wir. Rund und geschlossen, an die Schöpfung angeschlossen, in seinen Rahmen eingeschlossen. Ich verstehe noch, wenn er Knochen knackt, warum ich als Kind in seinen Anblick versunken wäre. Warum mich das Mehr und das Weniger beschäftigte. Fast alle spärlichen Bruchstücke, die ich über den Menschen weiß, habe ich nun ein Leben lang an Hunden abgelesen, im Unterschied geahnt, im Ähnlichen erkannt. Wir alle haben oder hätten unsere Zugänge zu den oberen Wurzeln, für mich war einer davon in den Hunden. Buddha sagte in einer Rede zu den Schmetterlingen: »Ich danke euch, meine Meister, ich habe mehr von euch gelernt als aus den Schriften der Brahmanen .« Man muß das umbiegen, damit es auf Hunde paßt — also biegen wir um.
Primus
Leithund und Großwild
* In der Schweiz übliche Schreibweise: ss für ß.
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