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Allawa

Allawa

Titel: Allawa Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Unknown
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Die Anfänge

    Der Schäferhund mußte links vom Kinderfräulein gehen, er war dressiert, und »bei Fuß« geht man links. Also ging ich noch linkser , um neben ihm zu sein.
    Er war etwas höher als mein Ellbogen, ich konnte die Hand bequem auf seinen Rücken legen. Bei jedem Schritt wurde sie von seinen Schulterblättern hin- und hergeschoben, lustig. Unter dem harten schwarzen Oberfell war gelblich weiße Watte; wenn man die Finger dort hineindrückte, war es ganz warm. Nachher roch die Hand komisch, so fellig.
    Manchmal schob ich zwei Finger unter sein Halsband. Danach rochen sie noch komischer, nach Fell und muffigem Leder — oder Lebertran? Er sah mich rasch aus dem Augenwinkel an, länger durfte er nicht, »bei Fuß« geht man ernst. Hand auf seinem Rücken störte ihn nicht, das sind die Kinder, dachte er, da war er der Ältere; aber Halsband störte ihn gleich, das konnte ein Befehl sein, da war er der Diener.
    »Fräulein Anni, warum ist Harro ein deutscher Schäferhund, er ist doch hier in der Schweiz auf die Welt gekommen ?«
    »Die Rasse heißt halt so. Verstehst du, alle, die so aussehen, heißen so .«
    »Aber gibt es auch Schweizer Schäferhunde ?«
    »Nein, das habe ich nie gehört .«
    »Warum nicht?«
    »Weil wir Schweizer mehr Kühe als Schafe haben .«
    »Aber gibt es Kuhhunde ?«
    »Schweizer Sennenhunde. Du weißt doch, was ein Senn ist, nicht ?«
    »Ja — der Schäfer für die Kühe. Aber warum ist er ein Polizeihund, wenn er doch ein Schäferhund ist ?«
    »Weil er eben dressiert ist, das weißt du. Er kann Einbrecher stellen, so wie die Polizei .«
    »Räuber?«
    »Ja. Wenn dir das besser gefällt .«
    Ich überlegte, ob er einen Räuber in die Ecke stellen würde. Meine Mutter hatte uns am Samstag alle drei gestellt, in drei Ecken, bis wir alle »es tut mir leid« gesagt hatten. Sagt das denn ein Räuber auch? Man soll aber Fräulein Anni nicht zu lange fragen. Hoffentlich kommt bald ein Räuber.
    Bei der Teigwarenfabrik kam oft der Nudelhund heraus und raufte sich mit Harro. Er sah ihm ähnlich und konnte ihn nicht ausstehen. »Ist er auch ein Schäferhund ?«
    »Ach — ach nein«, sagte das Fräulein Anni. Nudelhunde waren keine schöne und liebe Rasse.
    Die Erwachsenen wußten viel, aber ihre Antworten hingen nur so in der Luft; Harro dagegen war wirklich da, stumm neben mir. Wir hatten andere Hunde vor ihm gehabt, an sie erinnerte ich mich nicht deutlich. Einfach ein Hundenebel, bis die Sonne aufging, als ich ungefähr vierjährig war, und Harro Gestalt annahm. Meine Eltern erzählten von den anderen: einer ging beim Umzug unauffindbar verloren, ein dressierter Dobermann war zu scharf (warum heißt das nicht Doberhund ?), ein wolfsfarbener Schäferhund konnte nicht bleiben, weil er zuviel bellte.
    »Warum hat er zuviel gebellt ?«
    »Man weiß nie, was in einem Hund vorgeht«, sagte Fräulein Anni.
    »Aber wenn der Harro auch vorgeht«, fragte ich ängstlich, »muß er dann auch fort ?«
    »Du verstehst alles falsch. Das heißt doch nur, daß man ihn nicht versteht .«
    Die verstehen selber alles falsch, dachte ich.
    Harro saß neben mir auf einer Gartenbank und drehte den Kopf nach links, nach rechts. Ich machte ihn nach, sah aber nichts Besonderes. Auch zu hören war nichts, meine Ohren waren eben zu rund. Ich konnte nur damit wackeln; man mußte die Kopfhaut spannen und loslassen, dann bewegte sich die Locke vor meiner Stirn auf und ab.
    Ich hechelte wie er; mein Vater hatte gesagt, daß sich die Hunde damit Kühlung verschaffen. Es war nur anstrengend. Kühlein , Kühdung , Kühlung. Alles dumm.
    Seine gelben Pfoten hingen über den Bankrand , lok- ker gekreuzt. Ich legte die Hände genauso über meinen Knierand. Nichts zu machen, dicke weiche Patschen. Er hatte schmale goldene Handgelenke und schön gewölbte Nägel. Meine waren rosa, flach.
    Das Kinderfräulein klappte ihr Buch zu.
    »Fräulein Anni, ich möchte auch solche Hände wie der Harro...«
    »Aber damit könntest du ja nicht einmal einen Brief schreiben .«
    Wollte ich ja auch gar nicht. Bis ich sechsjährig war, hatte ich gern diktiert, jetzt mit sieben mußte ich selber schreiben, das war eine Plage mit den Linien. Weißes Papier, für Gedichte, war mir lieber.
    Vor dem Abendessen machte ich ein Lied an Harro.

    Ich führ dich durch das weite Land
    An einem himmelblauen Band.
    Ich führ dich fort und immer weiter
    Das Hündchen es ist wirklich heiter.

    Dazu zeichnete ich ihn und mich, wie wir mit großen Schritten

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