Die Geisel des Chinesen: Erotischer Roman (German Edition)
Kapitel 1
„… die Farben, die Gerüche, liebste Lizzie,
Du wärst ebenso begeistert wie ich!
Könntest Du doch nur dabei sein …“
Jacob Reardon, nach seiner Ankunft in Indien
Frühjahr 1844, England
Lizzies Hüfte stach gemein, als sie vom Pferd stieg. Sie drückte dem Stallburschen die Zügel in die Hand.
„Miss, was ist mit Euch passiert?“ Die gefurchten Linien auf dem Gesicht des Mannes vertieften sich. Sorge sprach aus seinem Blick.
Obwohl Lizzie glaubte, jeden Moment die Gewalt über ihr linkes Bein zu verlieren, lächelte sie über den Schmerz hinweg. „Georgie, nur ein harmloser Sturz in ein Schlammloch. Blackthorne hat sich erschreckt.“
„Wenn Eure Mutter Euch so sieht!“ Der alte Mann schüttelte den Kopf.
„Wie soll sie schon reagieren?“, meinte Lizzie leichthin. Ihre Magengrube vertrat eine völlig andere Meinung. Aber das erzählte sie dem guten Georgie nicht. Sie mochte den betagten Stallburschen viel zu sehr, als dass sie ihn beunruhigt hätte. Lizzie wartete, bis Georgie im düsteren Stall verschwunden war, ehe sie Richtung Herrenhaus davonhumpelte.
Lizzie streckte ihren Kopf vorsichtig durch den Dienstboteneingang. Als sie sah, dass sich dort niemand aufhielt, trat sie in den Gang. Ein Blick in den Spiegel, den sonst die Dienstboten benutzten, um sich von der Tadellosigkeit ihrer Erscheinung zu überzeugen, offenbarte das ganze verheerende Ausmaß ihres Zustands. Lizzie biss sich auf die Lippen, als sie sich musterte. Ihre schwarzen Locken hatten sich aus der Frisur gelöst. Ihr Gesicht besaß neben den üblichen goldenen Sommersprossen zusätzlich schlammige Sprenkel, und auf ihrer Stirn prangte ein grüner Grasfleck. Sie sah an sich herab. Die Hosen, vollgesogen mit Schlamm, trockneten langsam und versteiften sich. Einzelne Dreckbröckchen rieselten zu Boden, als sie sich bewegte.
Lizzie entschied, über die Dienstbotentreppe in ihre Gemächer zu gehen, sodass ihre Mutter sie nicht entdeckte. Lady Elinor Reardon saß bestimmt mit Lady Quigley und deren widerwärtigen Sohn Barnaby im Nachmittagssalon und trank Tee.
Lizzie betrat die erste Stufe der Dienstbotentreppe und hörte Geplauder. Sie dachte nach. Eine der Stimmen gehörte Agnes, der Zofe ihrer Mutter. Agnes war eine hinterhältige Schmeißfliege, die nur zu gern alles und jeden anschwärzte. Kurz entschlossen lief Lizzie in die Eingangshalle. Sie konnte ungesehen nach oben kommen, sie musste nur schnell genug sein …
„Elizabeth Jane Reardon!“ Lizzie zuckte zusammen und drehte sich langsam um.
Ihre Mutter, eine elegante Erscheinung, kniff ihre Augen zusammen. Die zarte Haut ihres Halses rötete sich. Ein sicheres Zeichen dafür, dass die Mutter zornig war.
„Wie siehst du nur aus?“, zischte sie, und Lizzie biss sich auf die Lippen. „Was trägst du da überhaupt?“
Lizzie sah ihrer Mutter an, dass diese ihre Gefühlsregung nur mit Mühe unter Kontrolle hielt. Ihre Augen sprühten Funken, und auf den Wangen der Mutter erschienen hektische Flecken. „Hosen, Mutter, ungemein bequem. Ich kann es nur empfehlen.“
„Du machst dich über mich lustig, Miss.“ Der Geduldsfaden der Mutter schien kurz vor dem Zerreißen. Also blieb Lizzie stumm. „Wir erwarten dich in einer halben Stunde zum Tee. Ich warne dich: Wenn du bis dahin nicht sauber und manierlich im Salon erscheinst, wirst du entweder sofort heiraten oder diese Saison bei Onkel Vernon in Wales verbringen.“
Keine der beiden Möglichkeiten sagte Lizzie zu. Sie wandte sich ab und rannte die Treppen hinauf. Hinter sich hörte sie die Mutter stöhnen.
„Megan?“
Lizzies Zofe kam aus dem Ankleidezimmer. „Miss?“ Sie riss ihre Augen entsetzt auf, als sie Lizzie musterte. Sie schlug die Hände über dem Kopf zusammen. „Jesses, Miss, was habt Ihr wieder angestellt?“
Lizzie zerrte sich die Kleider vom Leib und ignorierte Megans empörtes Schnauben.
„Kein Korsett? Wie könnt Ihr nur? Wenn Euch Eure Mutter so gesehen hätte.“
„Hat sie“, entgegnete Lizzie knapp, während sie sich gründlich wusch. „Ich soll in einer halben Stunde im Salon erscheinen, also spute dich und lege mir Kleider heraus. Aber nichts mit Schnürleibchen.“
Kopfschüttelnd verschwand die Zofe in der Kammer und kehrte kurz darauf mit einem Kleid, dem unvermeidlichen Mieder und den Unterröcken ins Zimmer zurück. Grummelnd zog sich Lizzie an.
„Ihr habt Glück, dass Ihr so schlank und flachbrüstig seid“, erklärte Megan wenig
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