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Alle auf Anfang - Roman

Alle auf Anfang - Roman

Titel: Alle auf Anfang - Roman Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Sabine Zaplin
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nicht und fingen dort an, von wo sie einmal aufgebrochen waren. »Hamlet in Bielefeld, weißt du noch?« – »Du warst eine vollkommene Fehlbesetzung, trotzdem habe ich jeden Abend in der Nullgasse gestanden und dir beim Sterben zugeschaut.« – »Du bist noch genauso frech wie damals, als du vor der Vorstellung die Flaschen vertauscht hast.« – »Dernierenscherz. Es war zum Brüllen, wie du versucht hast, den Schaum vom Tablett zu fegen.« – »Weißt du noch: Nathan?« – »Käsebrötchen in der Kantine während der Ringparabel.« – »Die Zeit hat genau für zwei Hälften gereicht und dazu ein Glas Tee.« – »Mit Milch und Zucker, zweimal umrühren. Legst du immer noch Patiencen?« – »Ich habe das System perfektioniert.«
    Sie bewegten sich geschickt zwischen den Tretminen, deren Vorhandensein zu leugnen der Wein ihnen gestattete. Je gewagter ihr Tanz, desto sicherer wurden sie. Fanden wieder auf den gemeinsamen Atem, der ihre Bewegungen zu einer werden ließ, ihre Geschichten zum Augenblick. Sogar über das Messer wagten sie zu lachen, über die Gummiattrappe. Das andere umgingen sie. Tretmine. Einmal noch neben ihm aufwachen, dachte Claudia und zuckte zusammen über dem Schmerz, den der Stich unter dem Rippenbogen ihr in nie gefühlter Stärke verursachte. Im Luftholen sah sie auf die Armbanduhr.
    »Oh Gott, ich muss los.«
    Sie hatte erwartet, nun abzustürzen, hinein in ihr schon wieder gefülltes Weinglas. Doch ihr Atem hielt sie. Anselm hielt sie. Hatte bezahlt und hielt sie am Arm, bis sie an ihrem Auto standen und sie den Autoschlüssel aus der Tasche gekramt hatte. Der Schmerz war abgeklungen. In dem Moment, als ihr Blick auf den Kindersitz fiel, legten sich ihr seine Worte um den Hals: »Sehe ich dich wieder?«

2
NACHTS
Bela
    Hat die Schürze angezogen und dem Kollegen ein Grinsen geschickt.
    »Kommst du auch mal, Bela?«
    »Tschuldigung, musste trampen, Nachbar krank.«
    Fuhr er sonst mit dem Nachbarn hinüber zur Raststätte. Hatte der ihm den Job verschafft.
    War nichts los heute Nacht. Erst mal hinsetzen, den Kopf in die Hände, die Augen zu. Die Bilder ordnen. Der Unfall. Der fliehende Clown. Frau Dr. Lund hilft. Etwas bewegt sich am anderen Ende der Brücke. Er geht hin, langsam. Sieht im Busch neben der Brücke die Maske. Sieht den Jungen weglaufen. Erkennt Jasper.
    »He, Bela, Kundschaft.«
    Ein Mann steht am Büffett.
    »Espresso«, bestellt der Mann.
    Bela nickt. Füllt Kaffeebohnen nach.
Jasper
    Wie still es plötzlich ist. Er bleibt stehen, geht in die Hocke. Alles tut ihm weh, die Beine, die Haut. Die verdammte Maske. Er reißt sie ab, wirft sie weg. Da sieht er den Mann auf der Brücke. Sofort springt er auf, rennt wieder, rennt gegen das Stechen in seiner Seite an. Wieso eigentlich? Wieso rennt er vor einem Fremden weg, der nichts weiter tut, als auf einer Autobahnbrücke zu stehen? Wahrscheinlich gehört er zu denen, die gerne den darunter fahrenden Autos zuwinken. Er hat das nie verstanden.
    Stop. Auf Null herunter. Er stemmt die Hände in die Seite. Das Stechen ist kaum zu ertragen. Er will das nicht, hat das immer gehasst. Den Kopf in den Nacken. Ein Dach aus Baumwipfeln spitzt sich über ihm. Hier war er noch nie. Wie eine Kathedrale sieht das aus. Es wirft ihn auf die Knie. Über seinem Kopf wächst die Stille empor, höher und höher. Er hält sich die Ohren zu.
    Noch mal zurück auf Start. Es fing an wie immer, nach dem Abendbrot ist er zurück in sein Zimmer gegangen, hat das Notebook aufgeklappt und noch einmal in »Ghost Family« geschaut. Die Family war in Aufruhr, aber das kannte er, seit er bei dem Spiel mitmachte. Immer musste irgendwas erledigt werden. Heute ging es wieder mal um die Sache mit dem Joker. Irgendwer aus der Family hatte die Idee ins Spiel gebracht, alle Ghosts müssten aus dem Netz heraus in die Reality, einfach, um mal zu zeigen, wie viele sie seien. Den Joker setzen, hieß die Action. Jasper hatte das gleich für eine dämliche Idee gehalten, aber die Maske hatte er sich trotzdem bestellt. Angeblich sind mehr als eine halbe Million Masken verschickt worden, weltweit.
    Als er nach dem Abendbrot ins Spiel geschaut hatte, war der Button mit der Jokermaske da gewesen. Aufsetzen und raus, hieß das. Jasper hatte den Button angesteuert, mit der rechten Maustaste angeklickt, hatte die Maske genommen und war hinausgegangen, den Joker setzen. Klar, dass das seiner Mutter nicht gepasst hatte. Die Begegnung war nicht vorgesehen, dumm gelaufen. Eigentlich

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