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Tief durchatmen, die Familie kommt: Roman (German Edition)

Tief durchatmen, die Familie kommt: Roman (German Edition)

Titel: Tief durchatmen, die Familie kommt: Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Andrea Sawatzki
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1.
    Kapitel
    Ich heiße Gundula Bundschuh. Wenn man diesen Namen hört, glaubt man genau zu wissen, wie die Frau dahinter aussieht, man muss sie gar nicht mehr kennenlernen. Und das ist genau mein Problem, ich finde nämlich, ich sehe wirklich aus wie Gundula Bundschuh.
    Meine Mutter hat meinen Namen damals im Telefonbuch gefunden. Genauso wie den meines Bruders. Mein Bruder heißt Hans-Dieter, was auch nicht wirklich entspannt klingt, aber ich würde trotzdem lieber Hans-Dieter Schultze-Seemann heißen als Gundula Bundschuh. Bundschuh heißt mein Mann, Gerald Bundschuh. Er arbeitet beim Finanzamt, ich bin Hausfrau. Wir haben drei Kinder und zwei Hunde, und bis zu jenem legendären Weihnachtsfest vor drei Jahren lebten wir mehr oder weniger so vor uns hin wie viele Familien auch.
    Gerald und ich führten eine gute, wenn auch nach siebenundzwanzig Jahren leidenschaftslose Ehe. Die Kinder wuchsen behütet auf und stritten nicht mehr als andere Kinder, das Häuschen war abbezahlt.
    Ich weiß nicht genau, wann und wie die Idee entstanden war, das alljährliche Weihnachtsfest mit der ganzen Verwandtschaft immer in unserem Haus zu feiern. Fest steht, dass es zu einem unumgänglichen Ritual geworden war. Sämtliche Familienmitglieder schlugen pünktlich am 24. Dezember bei uns auf.
    Jahr für Jahr lag ich nächtelang wach und wälzte Ausrede um Ausrede in meinem Kopf, wie ich am 24. die Verwandtschaft aus dem Haus halten könnte.
    Aber nichts fiel mir ein. Sich Anfang Dezember von der Kellertreppe zu werfen hätte nicht geholfen, denn ich schwöre bei Gott, meine Familie wäre selbst dann erschienen, wenn ich im Gipskorsett unterm Weihnachtsbaum gelegen hätte.
    Jedes Jahr, wenn sich der Sommer dem Ende entgegenneigte und die ersten Blätter fielen, ergriff mich eine unbestimmte Schwermut, und im Nachhinein weiß ich, dass es die Angst vor dem drohenden Weihnachtsfest war, die mich packte und im wahrsten Sinne des Wortes lahmlegte. Spätestens ab Oktober kaufte ich sämtliche Menü- und Dekorationshefte, die zum Thema Weihnachten neu auf dem Markt erschienen, und schichtete sie in der Küche zu einem Stapel auf. Sozusagen als Mahnmal dafür, dass die Feierlichkeiten bevorstanden. Bis zum 21. Dezember überließ ich diesen Stapel sich selbst, bis mich spätestens am zweiundzwanzigsten die erste Panikattacke überkam.
    Sie werden jetzt denken: Es ist doch nicht weiter schlimm, wenn sich die Familie darauf freut, gemeinsam Weihnachten zu feiern. Dem Gedanken stimme ich grundsätzlich zu, in meinem Fall aber muss ich leider sagen: Sie kennen meine Familie nicht. Aber Sie werden sie noch kennenlernen …

2.
    Kapitel
    Am 22. Dezember saß ich gegen Mittag also wieder einmal unverrichteter Dinge vor meinem Zeitschriftenberg. Eigentlich wollte ich zwei Enten braten, mit Kartoffelbrei und Blaukraut, aber mein Mann Gerald hatte mir davon abgeraten. Er reagiert grundsätzlich zögerlich, wenn ich ein neues Rezept ausprobieren möchte. Ich selbst sah kein Problem. Das Rezept wirkte nicht so kompliziert. Ich bin keine besonders versierte Köchin, aber meistens gelingt doch alles irgendwie.
    Das einzige Problem bestand darin, so kurz vor Weihnachten zwei Bioenten aufzutreiben. Vor allem, weil ich noch das Haus dekorieren musste.
    Also bat ich Gerald um Hilfe. Er genoss seinen ersten freien Tag und hatte sich mit seiner Zeitung im Wohnzimmer verbarrikadiert.
    »Schatz, kannst du mal rasch im Supermarkt die Bioenten kaufen?«
    Gerald hob die Augenbrauen und machte ein Geräusch, als müsse er aufstoßen. Dann ließ er die Zeitung sinken und sah mich an.
    »Jetzt?«
    »Natürlich jetzt. Übermorgen ist der Vierundzwanzigste.«
    Geralds Euphorie hielt sich in Grenzen. »Wieso kommst du immer auf den letzten Drücker mit so was an?«
    »Vorher ging’s nicht.«
    Er gähnte. »Und wieso Enten?«
    »Wieso nicht Enten? Das ist mal was anderes. Die gehen leicht, da mach ich Kartoffelbrei und Blaukraut und aus dem Entenfond Soße. Aber wir müssen uns ranhalten.«
    »Wir? Ich brauch keine Enten zu Weihnachten.«
    »Ich auch nicht, Gerald. Aber irgendwas müssen wir ja hinstellen. Du kannst ruhig mal mithelfen, wenn du schon rumsitzt!«
    Er knurrte. Dann erhob er sich widerwillig, latschte in die Diele und zog seinen Mantel an. »Es ist ja nicht so, dass ich nie was tue, Gundula. Ich habe einen harten Job, und heute ist mein erster freier Tag.«
    »Vergiss die Kartoffeln nicht und das Blaukraut. Und etwas Butter.«
    Er hockte im Eingang, band

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