Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Alle müssen sterben - Thriller (German Edition)

Alle müssen sterben - Thriller (German Edition)

Titel: Alle müssen sterben - Thriller (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: B.C. Schiller
Vom Netzwerk:
Scheißkerl wollte ihn verschaukeln, soviel stand fest. Er versuchte, Dimitri mit dem konservativen Gmunden in Einklang zu bringen. Dimitri di Romanow war vielleicht einen Meter sechzig groß, wirkte aber durch fünfzehn Zentimeter hohe Schuhe wesentlich größer. Er war etwa Mitte dreißig, sehr schlank mit dieser krankhaft schmalen Wespentaille und hatte unglaublich feminine Gesichtszüge. Die dicken schwarzen Haare waren im Nacken extrem straff zu einem Zopf geflochten, der bei jeder seiner Kopfbewegungen hin und her schoss und Braun unwillkürlich an eine giftige Schlange erinnerte. Anstelle eines profanen Haargummis verwendete Dimitri einen silbernen Stacheldraht, um seine Mähne zusammenzuhalten.
    „Wann haben Sie Tim Kreuzer zum letzten Mal gesehen?“
    „Das ist schon eine ganze Weile her, dass ich mit ihm geredet habe“, antwortete Dimitri und umfasste die Armlehnen seines Stuhls fest mit den Händen. „Vielleicht vor einer Woche. Da ging es aber nur um seinen Urlaub.“
    „Wohin wollte Tim denn verreisen?“
    „Keine Ahnung. Habe ich total vergessen!“ Dimitri blinzelte zweimal kurz hintereinander, ein untrügliches Zeichen dafür, dass er genau wusste, wohin Tim Kreuzer auf Urlaub gefahren wäre und dass ihm das überhaupt nicht recht gewesen war.
    „Wo waren Sie heute zwischen Mitternacht und ein Uhr morgens?“ Braun beugte sich ein wenig vor und fixierte den Kreativdirektor, der von ihm zu Gruber sah. Jetzt war es an der Zeit, die Good-Cop/Bad-Cop-Nummer abzuziehen, das bemerkte Braun sofort, als er den hilfesuchenden Blick von Dimitri zu Gruber sah.
    „Haben Sie mich nicht verstanden?“, schnauzte er deshalb unfreundlich. „Wo waren Sie zwischen Mitternacht und ein Uhr morgens?“
    „Ich, ich war hier!“ Gespielte Entrüstung und Dimitris Zeigefinger, der unbewusst seine dünne Hakennase stupste. Das Pinocchio-Syndrom – ein weiteres Zeichen, dass er log.
    „Herr di Romanow!“ Gruber redete, als hätte er Kreide gefressen und setzte seine treuherzigste Miene auf, ein wenig dümmlich, aber überzeugend. „Herr di Romanow“, wiederholte Gruber und betonte den affigen Adelstitel, „das ist reine Routine, wir müssen das einfach fragen.“
    „Wie gesagt, ich war hier in meinem Atelier und habe kreativ nachgedacht.“
    „Irgendwelche Zeugen, die das bestätigen können?“ Braun blickte aus einem der Schießscharten-Fenster in den Park. Am Ufer stand eine Person in einer grünen Regenjacke, wahrscheinlich eine Frau, denn sie hatte lange, verfilzte rote Haare. „Hallo, gibt es Zeugen?“ Diesmal klang Brauns Stimme schon ungehaltener und Dimitri zuckte irritiert zusammen.
    „Kreativität ist ein einsamer Prozess“, kam es als Plattitüde zurück.
    „Also kein Alibi!“, grinste Braun genüsslich, lehnte sich in dem wackeligen Barockstuhl zurück und verschränkte seine Arme im Nacken. „Sie hätten also ohne Weiteres Tim Kreuzer ermorden können!“
    „Wie gesagt, das ist alles Routine, Herr di Romanow.“ Braun registrierte den konspirativen Blick, mit dem sich Dimitri mit Gruber verbünden wollte, nach dem Motto: Wir beiden Schöngeister gegen diesen Proleten.
    „Kannten Sie Tim Kreuzer näher?“, fragte Gruber dann zuckersüß. „Ich meine näher als die übliche Lehrer-Schüler-Beziehung. Vielleicht waren Sie ja auch irgendwann auf einen Drink mit ihm und haben über private Dinge geplaudert.“
    „Worauf wollen Sie hinaus? Ich kannte Tim Kreuzer nur sehr flüchtig. Er war selten in der Schule und wir hatten wenig miteinander zu tun. Nein, ich habe nie mit Tim Kreuzer Champagner getrunken und schon gar nicht mit ihm über Privates geredet. Wie schon gesagt, wir standen uns nicht sehr nahe!“
    Ein Ohrläppchen schien Dimitri zu jucken, denn er kratzte sich diskret. Doch Braun hatte es sehr wohl registriert. Diesmal war es keine glatte Lüge, sondern nur die Unwahrheit. Tja, die verräterische Körpersprache ließ man häufig außer Acht, ein Fehler. Braun war wieder am Zug.
    „Warum lügen Sie uns an?“ Er schnellte aus seinem Stuhl hoch und baute sich direkt vor Dimitri auf.
    „Gruber, das iPad!“, schnauzte er, schnippte mit seinen Fingern, ohne dabei Dimitri aus den Augen zu lassen.
    Als Gruber ihm das iPad gereicht hatte, öffnete Braun das Fotoarchiv und tippte auf ein Bild, das Gruber auf der Fahrt nach Gmunden im Internet gefunden und ihm gezeigt hatte: Ein dünner, kleiner Mann, der seine dichten schwarzen Haare streng nach hinten gekämmt hatte, einen schwarzen

Weitere Kostenlose Bücher