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Alles Boese mir vergib

Alles Boese mir vergib

Titel: Alles Boese mir vergib Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: David Meinke
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und der Klügste fasst den Lebenslauf zusammen und spricht über den Schmerz, den alle durchleben. Er soll den Menschen ermöglichen, auf annehmbare Weise zu trauern. Aber dieser Pfarrer konnte Borste unmöglich gekannt haben. Dennoch verzapfte er allerlei Mist über ihn. Neben Ginger, Borstes Vater, Vivian und mir waren noch Vivians zwei Brüder, deren Lebensgefährtinnen und eine Freundin dabei, außerdem auch ein Mädchen namens Benedikte. Sie war Borstes kleine Halbschwester. Und dann noch die neue Frau von Borstes Vater, Mia. Beide Frauen hatten mich tränenverquollen begrüßt.
    „Du musst Nick sein“, hatte der Vater gesagt. „Vivian meinte, dass du einen großen Eindruck bei Borste hinterlassen hast. Ich heiße Bent.“ Bent. Wie mein Vater.
    Als Ginger gar nicht mehr zu bändigen war, nahm ich sie am Arm und ging raus. Die Stimme des Priesters hallte durch die Kirche.
    „Aber ihr habt mir erzählt, dass Henry vor seinem Ableben noch das eine oder andere Band geknüpft hat. Wenn ich es recht verstehe, werden diese Bindungen bis weit in die Zukunft reichen. Vielleicht können wir uns auf diese Weise auch an Henry erinnern.“
    Das war irgendwie doch ganz cool gesagt.
    Während die anderen den Sarg raustrugen und Blumen ins Grab warfen, spielte ich mit Ginger Verstecken zwischen den Zypressen. Als Vivians Weinen zu uns herüberdrang, stimmte ich schnell ein Lied an:
    „Tief im Tal stand eine Hütte klein und fein, hier wohnte ein Mädchen …“ Es war das einzige Lied, das mir einfiel.
    „Du findest mich nie“, rief Ginger. „Du findest mich nie, nie mehr.“
    „Du musst wieder mit der Schule anfangen“, sagte Mateus. „Du kannst doch nicht in einer Bäckerei versauern. Ist dir klar, wie schade das ist?“
    „Das ist eine ehrliche Arbeit“, sagte ich. Liv lächelte. Wir saßen auf dem Sofa in unserem Wohnzimmer. Ginger war mit ihrer Mutter nach Hause gefahren, und jetzt war meine Bande versammelt. Liv spielte mit Vicki. Der Hamsterdame.
    Mateus fuhr fort: „Du verkaufst Wurst von Schweinen, die bei Tiertransporten verreckt und mit Listerien und allem möglichen Scheiß infiziert sind. Und deine einzigen Kunden sind Huren und deutsche Touristen. Das ist überhaupt nicht geil.“
    „Was ist denn an Deutschen so schlimm?“, fragte Liv, fügte aber gleich hinzu: „Du fängst wieder an – und hier eine kleine Spritze, um dir dein schlechtes Gewissen aufzufrischen – du fängst wieder an, weil du es Borste schuldig bist, ein gutes Vorbild für Ginger zu sein. Du sollst deinen Kopf gebrauchen, anstatt vorgebackenes Brot zu verkaufen. Glaubst du an Gott?“
    „Das ist eine große Frage.“
    „Er hat dir eine zweite Chance gegeben.“
    „Ich darf bestimmt nicht noch einmal anfangen“, antwortete ich. „Ich habe bereits alle Chancen vertan, die ich hatte.“
    „Unsinn. Aus irgendeinem völlig unverständlichen Grund mag dich der Rektor“, sagte Mateus.
    „Ich habe im letzten Jahr viel zu viel verpasst. Und dieses Jahr auch schon.“
    „Da hilft dir Mateus“, sagte Liv und lachte. Als Mateus protestierte, wurde sie auf einmal ernst.
    „Jungs“, sagte sie. „Nächste Woche ist es so weit. Ich habe alles mit dem Rektor abgesprochen. Nächste Woche fliege ich in die USA. Man muss das machen, worin man gut ist, nicht wahr?“
    „Aber du wirst doch …“, sagte Mateus. Liv sah immer noch ernst aus.
    „Und das sagst du jetzt?“, fragte ich.
    „Ich habe die Möglichkeit, auf einem College in Chicago eine Probezeit zu absolvieren.“ Sie hatte Tränen in den Augen. „Meine Eltern sind dagegen. Ich bezahle die ganze Kacke selbst.“
    „Fuck it“, sagte Mateus. „Das ist meine neue Philosophie. Die habe ich von dir übernommen, Nick. Fuck it und herzlichen Glückwunsch, Liv!“
    Am Freitag darauf war ich zum Gespräch beim Rektor, der nur dasaß und grinste und sich mit den Hemdsärmeln den Schweiß aus den Augen tupfte.
    „Na, Nick. Da sitzen wir mal wieder.“
    „Tja.“
    „Und dieses Mal meinst du es ernst?“
    „Ja.“
    „Das letzte Mal wohl eher nicht, was?“
    „Nein. Offenbar nicht“, antwortete ich. Ich hatte schon damit gerechnet, dass er mich ein wenig zappeln lassen würde.
    „Was hattest du noch gesagt? ‚Das ist wichtig für mich, schließlich geht es um meine Zukunft.‘ Aber so war es nicht, stimmt’s?“
    „Ich möchte gern wieder anfangen, okay? Nicht allen fällt es leicht herauszufinden, was sie machen wollen. Mir jedenfalls nicht. Aber ich habe die

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