Allie kommt gross raus Band 4
durcheinander. Man merkte auf der Stelle, dass die ganze Klasse die Idee, ein richtiges Stück aufzuführen, richtig gut fand. Die war viel besser als Mrs Danielsons Siedler-Idee.
Ich fand es auch spannend. Ich hatte noch nie in einem Stück mitgespielt. Na ja, außer in einem Kleinkinderstück im ersten Schuljahr, in dem ich den Buchstaben A gespielt habe. Aber das zählte nicht. Das hier würde ein richtiges Stück werden, in dem ich bestimmt mehr Text aufsagen musste als »A steht für Apfel … und für Allie!«. Hoffentlich stolperte ich nicht über meine eigenen Füße, wenn ich auf die Bühne kam, so wie damals im ersten Schuljahr.
»Oooh, Mrs Hunter«, rief Cheyenne und streckte ihre Hand hoch in die Luft, um wie üblich darum zu betteln, drangenommen zu werden. Rosemarie bezeichnete Cheyenne als Schleimerin; den Ausdruck hatte sie von ihren größeren Brüdern.
»Mrs Hunter!«
Mrs Hunter sah zu Cheyenne. »Ja, Cheyenne?«, fragte sie.
Cheyenne senkte den Arm.
»Darf ich vorschlagen, dass unsere Klasse das Stück ›Romeo und Julia‹ aufführt?«, sagte sie. »Es ist eine rührende Tragödie, die ein Mann namens William Shakespeare geschrieben hat. Es
geht um zwei Jugendliche, die sich sehr lieben, aber ihre Familien sind gegen ihre Liebe und halten sie grausam getrennt.«
Als Cheyenne das sagte, wandte sie ein wenig den Kopf und sah Patrick Day an, der in der letzten Reihe neben Rosemarie saß und ein James-Bond-Auto zeichnete, mit Rennstreifen an den Seiten, einem Sehrohr, das sich aus dem Dach nach oben schrauben konnte, und einem feuerspeienden Auspuff.
Rosemarie und ich wechselten einen erschrockenen Blick und ich sah, wie Stuart Maxwell neben mir das Gesicht verzog, während Joey Fields auf meiner anderen Seite aufgeregt auf seinem Platz hin und her rutschte. Ich glaube, außer Cheyenne, M und D war er der Einzige, dem Cheyennes Vorschlag gefiel. Alle anderen fanden das total doof.
Shakespeare? Romeo und Julia? Ich weiß es nicht ganz genau, aber ich glaube, dass das was mit Küssen ist. Und Mrs Hunter hat vor ein paar Monaten die Regel eingeführt, dass in der vierten Klasse nicht geküsst wird. Es gibt auch kein »Miteinandergehen« oder andere Jungs-Mädchen-Spiele.
Cheyenne hatte sich als Einzige darüber aufgeregt (außer Joey Fields, der meiner Meinung nach heimlich davon träumt, schon bald eine Freundin zu haben).
Und jetzt, das merkte doch ein Blinder, versuchte Cheyenne, Mrs Hunters Regel zu umgehen, indem sie uns ein Stück aufdrängte, in dem geküsst wird. Bestimmt wollte sie die Julia spielen … und wahrscheinlich sollte Patrick Day, der Junge, den
sie an ihrem 16. Geburtstag an der Brooklyn Bridge treffen wollte, den Romeo geben. Iih!
Ich wusste genau, dass Rosemarie das Gleiche dachte, weil sie sich die Hände um den Hals gelegt hatte und mit rausgestreckter Zunge so tat, als wollte sie sich erwürgen. Es fiel mir schwer, nicht loszuprusten. Ich meine, schließlich ist Patrick Day nicht halb so süß wie Sophies Schwarm, Prinz Peter. Ich habe mit eigenen Augen gesehen, wie Patrick in der Nase gebohrt - und den Popel gegessen - hat.
»Vielen Dank für diesen Vorschlag, Cheyenne«, sagte Mrs Hunter, und eine lange Minute befürchtete ich, dass sie ihn wirklich in Erwägung zog. Dann fügte sie hinzu: »Aber ich bin mir nicht sicher, ob wir für den großen Barden schon bereit sind.«
Cheyenne sah schrecklich enttäuscht aus. Ich schloss aus ihrer Miene, dass damit der Erfinder von »Romeo und Julia« gemeint sein musste, und war total glücklich. Juhu! Wir würden Cheyennes Stück nicht aufführen!
»Stattdessen«, fuhr Mrs Hunter fort, »habe ich mir die Freiheit genommen, selbst ein Stück zu schreiben … eins, in dem jeder einzelne Schüler dieser Klasse eine Rolle bekommt. Allie, würdest du bitte die kopierten Textbücher verteilen, die auf meinem Pult liegen?«
Ich stand auf und ging zu Mrs Hunters Pult. (Rosemarie und ich sitzen mit den frechen Jungen in der letzten Reihe. Unsere Pulte stehen direkt vor Mrs Hunters Pult, damit Mrs
Hunter die Jungs gut im Blick hat. Und deshalb müssen Rosemarie und ich ständig Sachen austeilen. Daran haben wir uns längst gewöhnt).
»Das Stück heißt ›Prinzessin Penelope im Recycling-Reich‹«, erklärte Mrs Hunter. »Es geht um eine Prinzessin namens Penelope, die nach dem Tod ihres Vaters aus dem Schloss wegläuft, als sie erfährt, dass ihre Stiefmutter, die böse Königin, sie töten will, damit sie selbst Königin
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