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Allmählich wird es Tag: Roman (German Edition)

Allmählich wird es Tag: Roman (German Edition)

Titel: Allmählich wird es Tag: Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Franka Potente
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Wohnzimmer rauchte.
    Sie lachte. »Nehmen Sie ruhig. Und bringen Sie mir doch den Aschenbecher da drüben.«
    Er holte den schweren gläsernen Aschenbecher, stellte ihn vor ihr hin und zündete sich und ihr eine Zigarette an.
    »Wenn man alt ist, macht man Dinge, die sich für die Jüngeren nicht gehören, wissen Sie?« Sie wirkte jetzt aufgeräumt.
    Die Zigarette tat gut, und der Rauch überdeckte für einen Moment den Geruch der getrockneten Hundescheiße. Er entspannte sich.
    »Was machen Sie beruflich?«
    Das Verhör war noch nicht zu Ende. Er massierte sich den Nacken. Ein Aspirin wäre gut.
    »Cop. LAPD .«
    »Ach. Sie sind bei der Polizei? Was ist Ihr Dienstgrad?«
    Wieder kroch ihm der Schweiß aus den Schläfen. »Sergeant.«
    »Dann kennen Sie bestimmt Major DeKalb? Emerson DeKalb?«
    »Ich bin mir nicht sicher … Wir haben natürlich einige Majors in L.A .«
    »Aber DeKalb müssen Sie kennen. Er war eine wichtige Figur während der Aufstände damals. Da waren Sie bestimmt schon im Dienst?«
    »Ich bin erst 1995 nach L.A. versetzt worden.« Warum hatte er sich auf diesen Scheiß eingelassen? Er spürte Schweißflecken unter den Achseln.
    »Mein Mann war mit Emerson befreundet. Emerson und seine Frau hatten ein Wochenendhaus in Santa Barbara. Er hat mit meinem Mann Golf gespielt.«
    »Vorsicht, heiß!« Sue kam mit einem Tablett herein. Drei dampfende Tassen, milchige Wassergläser und ein Tellerchen mit Keksen.
    Der Dackel sprang am Couchtisch hoch. Winselte, reckte den kurzen Hals. Granny warf ihm einen Keks hin. »Das Betteln gewöhn ich ihr jetzt auch nicht mehr ab.«
    Tim nahm ein Stück Gebäck. Wer isst, muss nicht sprechen.
    Es schmeckte widerlich. Pappig und zu süß. Er spülte den Brei mit einem großen Schluck Kakao hinunter.
    Sue packte das Scrabblespiel aus und mischte die Buchstabensteinchen. Sie rückten den Couchtisch näher an Granny heran, jeder zog sieben Steinchen. Tim erinnerte sich nicht mehr an die Regeln. Scrabble war doch so ähnlich wie Kreuzworträtsel? Liz hatte manchmal mit Doreen gespielt, während er mit Peter auf der Terrasse Zigarren rauchte.
    Bald füllte sich das Brett mit den hellen Spielsteinchen. Granny schien bester Laune. Sie komplettierte POLIZEI und zwinkerte ihm zu.
    Sues Lachen klang überrascht. »Habt ihr über Jonnys Job geredet?«
    Granny schaute konzentriert auf das Brett. Trotz der überdimensionalen Brille musste sie sich vorbeugen, um die Buchstaben zu erkennen. »Ja.« Langsam legte sie RUM .
    Zufrieden notierte sie die Punkte. »Und über seine Frau …«
    Erstaunt blickte Sue ihn an. Er verzog das Gesicht. Versuchte, sich auf seine Buchstaben zu konzentrieren.
    Es war höchste Zeit zu gehen. Absurd, dachte er wieder. Er verspürte Sehnsucht. Nach dem leeren Haus in Atwater. Dem leeren Pool und seinem großen Bett. Er musste bald fahren. Vielleicht fiel ihm noch eine Ausrede ein.
    Dann legte er das Wort GENUG .
    Sue starrte auf das Brett. Sah kurz fragend zu ihm auf. Sie legte zwei Steine, W und A, neben das Wort RUM .
    Warum.
    Eine Weile sprach keiner. Nur das gierige Hecheln von Esther war zu hören. Granny warf ihr noch einen Keks hin.
    Sie gähnte wiederholt.
    Er hoffte, dass das Kaffeekränzchen bald vorbei sein würde. Von Weitem war leiser Donner zu hören. Und noch immer das unaufhörliche Prasseln auf dem Dach.
    Stumm saß er da. Spürte immer noch die Regentropfen auf dem Gesicht. Die feinen Nadelstiche. Seine Baumwollhose war feucht.
    »Granny, das ist doch kein Wort!« Sues Lachen riss ihn aus seinen Gedanken. »Das ist ein Name!«
    »Willis?«
    Er zuckte zusammen.
    » BRUCE Willis.« Granny lächelte.
    Erneut brach ihm der Schweiß aus. Ohne aufzusehen, entschuldigte er sich und verließ das Wohnzimmer.
    Das kalte Wasser tat gut. Er hielt das kleine, harte Handtuch lange ans Gesicht gepresst. Setzte sich auf den Klodeckel, versuchte, ruhig zu atmen.
    Fuck.
    Würde Liz wirklich die Scheidung einreichen? Er hätte mit ihr sprechen sollen. Müssen. Wahrscheinlich hatte er zu lange gewartet. Sie war ihm schon entglitten. Panik ergriff ihn.
    Die Übelkeit kam überraschend. Schwindel. Er kniff die Augen zusammen und schaffte es gerade noch, den Klodeckel zu heben. Übergab sich. Hustete. Rang nach Luft.
    Er wartete auf ein Geräusch, darauf, dass es donnern würde, und konzentrierte sich auf das Rauschen des Regens. Vorsichtig öffnete er das kleine Fenster über der Toilette und streckte den Kopf hinaus. Er spürte Nässe auf dem Gesicht,

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