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Alpenlust

Alpenlust

Titel: Alpenlust Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Willibald Spatz
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ewig keine mehr geholt, vielleicht langen ihm jetzt drei.«
    »Ich hab da so ein Gefühl.«
    Birne hatte auch eins, das hätte er jetzt aber nicht zugegeben, weil man ihm das trotz Krankenstand vielleicht hätte übel anrechnen können: Trimalchio war seiner Meinung nach sehr scharf auf Tanja und eine Geschichte mit dem jungen und hübschen Lockvogel war seine Art, ihr zu sagen, dass sie ziemlich gute Chancen hätte, würde sie es mal bei ihm versuchen. Und Birne, der ja eigentlich auch auf der Suche war nach Liebe, wahrer großer und endgültig erfüllender, wurde mal wieder gar nicht erst gefragt, sondern einfach als Amor eingespannt. Immerhin wie ein Polizist bezahlt. Ein Polizist als Liebesbote. Eine Operette, wenn man Birne fragte.
    Birne willigte ein. Trimalchio war zufrieden und ließ ihn wissen, dass er ihn übermorgen erwarte, um Einzelheiten zu besprechen.
    »Morgen ruhst du dich aus«, riet Trimalchio . »Den Tag schenk ich dir, damit du zu dir kommen kannst. Hast du abends schon was vor?«
    »Nein.«
    »Wir vom Revier treffen uns gelegentlich, unregelmäßig. Kommen bei einem von uns zusammen, kochen etwas, schauen eine DVD, quatschen ein bisschen. Komm doch dazu.«
    »Klar. Wohin?«
    »Der Kollege heißt Kleinmüller. Kennst du den?«
    »Vom Sehen.«
    »Der ist nett.« Trimalchio nannte eine Adresse, die in Gehweite von Birnes kleiner Wohnung lag, was ihm natürlich willkommen war. Er nahm die Einladung dankend an. Trimalchio wünschte gute Besserung und verschwand.
    Birne blieb diese Nacht noch im Bett. Eine Krankenschwester brachte ihm früh ein fades Abendessen.
    Es gelang ihm, bald einzuschlafen. Als Harndrang ihn erwachen ließ und er, nachdem er ein Glas Wasser nach dem Toilettengang getrunken hatte, zur Uhr sah, war es 22 Minuten nach zehn. Um halb eins ärgerte er sich maßlos darüber, dass er nicht mehr einschlafen konnte, dass ihm das vielleicht den morgigen Tag versauen konnte und dass dieser Ärger ihn mindestens noch mal eine Stunde länger wach hielt.
    Dann musste er träumen, denn es kam Tanja und holte ihn nach Hause, und Tanja war seine Frau und daheim war ein schönes Haus und sie wollte ihn verwöhnen, ihm Tee machen und die Beine massieren, doch Birne wehrte sich, weil er fühlte, dass sie in Gefahr war, Trimalchio ihr nachstellte und so weiter.
    Er war wieder wach, es war halb vier. Er knipste leise sein Leselicht an. Sein Nachbar rührte sich nicht. Er blätterte verzweifelt und wütend werdend das Magazin durch und erschrak dann, als er es verfluchte und zum Teufel wünschte: Würde man es ihm als Homophobie auslegen, wenn er Hefte verdammte, in denen schöne Männer Diät-Tricks verrieten? So musste es sein. Die waren gar nicht eitel, das hier wurde gern angeschaut.
    Plötzlich fand Birne alle Zeitschriften doof, Zeitungen sind okay, Zeitschriften Zeitverschwendung. Nachts um halb vier auf dem Krankenbett.

     
    Am Morgen bekam er einen Arzt zu sehen, der musste hier durch, solange hier noch einer lebte. Birne hasste ihn im Voraus, beim Hereinkommen, bevor sie überhaupt ein Wort miteinander gewechselt hatten, weil er damit rechnete, angeklagt zu werden für seinen Lebensstil, ermahnt zu werden, sich grundsätzlich ein anderes Konzept zurechtzulegen, wie er seine Tage zu verbringen hatte. Birne wollte gar nicht 110 werden und in englischen Bierrekord-Büchern erwähnt werden. Er wollte Spaß haben, solange es möglich war.
    »Guten Morgen«, sagte der junge Doktor, schüttelte Birne die Hand und ergänzte: »Alles Gute.« Das war’s.
    Der Graue erwachte während Birnes letzter Stunden im Krankenhaus nicht mehr oder nur kurz, um Zusammenhangloses zu lallen. Das tat Birne leid, denn da war einer gewesen, mit dem er sich verstanden hatte, dachte er bei sich, packte seinen Mantel und das leere Pistolenhalfter und ging nach Hause, um zu duschen und um den Rest des Tages totzuschlagen. Morgen erst durfte er aufs Revier, wo er Details über den Bayer-Fall erfahren würde.

5. Heimkino
    Gegen Mittag wurde es Birne langweilig, er hatte nichts zu tun, war gesund, das hatte man ihm in der Klinik bestätigt. Ihm fehlte nichts. Nicht wenige liefen da draußen rum und hatten was im Körper, was sie heimlich dahinraffte, er hatte nichts dergleichen, das wusste er und konnte doch nichts mit sich anfangen.
    Ob er ins Freibad gehen sollte? Zuerst fand er das okay, dann machte es ihm irgendwie Angst. Er konnte doch nicht einfach ins Freibad gehen. Er konnte schon, freilich, aber was dann? Einmal

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