Also sprach Zarathustra
seinen Fusstapfen.
Der den Eseln Flügel giebt, der Löwinnen melkt, gelobt sei dieser gute unbändige Geist, der allem Heute und allem Pöbel wie ein Sturmwind kommt, -
- der Distel- und Tiftelköpfen feind ist und allen welken Blättern und Unkräutern: gelobt sei dieser wilde gute freie Sturmgeist, welcher auf Mooren und Trübsalen wie auf Wiesen tanzt!
Der die Pöbel-Schwindhunde hasst und alles missrathene düstere
Gezücht: gelobt sei dieser Geist aller freien Geister, der lachende
Sturm, welcher allen Schwarzsichtigen, Schwärsüchtigen Staub in die
Augen bläst!
Ihr höheren Menschen, euer Schlimmstes ist: ihr lerntet alle nicht tanzen, wie man tanzen muss - über euch hinweg tanzen! Was liegt daran, dass ihr missriethet!
Wie Vieles ist noch möglich! So lernt doch über euch hinweg lachen! Erhebt eure Herzen, ihr guten Tänzer, hoch! höher! Und vergesst mir auch das gute Lachen nicht!
Diese Krone des Lachenden, diese Rosenkranz-Krone: euch, meinen Brüdern, werfe ich diese Krone zu! Das Lachen sprach ich heilig; ihr höheren Menschen, lernt mir - lachen!
Das Lied der Schwermuth
1.
Als Zarathustra diese Reden sprach, stand er nahe dem Eingange seiner Höhle; mit den letzten Worten aber entschlüpfte er seinen Gästen und floh für eine kurze Weile in's Freie.
"Oh reine Gerüche um mich, rief er aus, oh selige Stille um mich! Aber wo sind meine Thiere? Heran, heran, mein Adler und meine Schlange!
Sagt mir doch, meine Thiere: diese höheren Menschen insgesammt - riechen sie vielleicht nicht gut? Oh reine Gerüche um mich! Jetzo weiss und fühle ich erst, wie ich euch, meine Thiere, liebe."
- Und Zarathustra sprach nochmals: "ich liebe euch, meine Thiere!" Der Adler aber und die Schlange drängten sich an ihn, als er diese Worte sprach, und sahen zu ihm hinauf. Solchergestalt waren sie zu drei still beisammen und schnüffelten und schlürften mit einander die gute Luft. Denn die Luft war hier draussen besser als bei den höheren Menschen.
2.
Kaum aber hatte Zarathustra seine Höhle verlassen, da erhob sich der alte Zauberer, sah listig umher und sprach: "Er ist hinaus!
Und schon, ihr höheren Menschen - dass ich euch mit diesem Lob- und Schmeichel-Namen kitzle, gleich ihm selber - schon fällt mich mein schlimmer Trug- und Zaubergeist an, mein schwermüthiger Teufel,
- welcher diesem Zarathustra ein Widersacher ist aus dem Grunde: vergebt es ihm! Nun will er vor euch zaubern, er hat gerade seine Stunde; umsonst ringe ich mit diesem bösen Geiste.
Euch Allen, welche Ehren ihr euch mit Worten geben mögt, ob ihr euch `die freien Geister` nennt oder `die Wahrhaftigen` oder `die Büsser des Geistes` oder `die Entfesselten` oder `die grossen Sehnsüchtigen` -
- euch Allen, die ihr _am_grossen_Ekel_ leidet gleich mir, denen der alte Gott starb und noch kein neuer Gott in Wiegen und Windeln liegt, - euch Allen ist mein böser Geist und Zauber-Teufel hold.
Ich kenne euch, ihr höheren Menschen, ich kenne ihn, - ich kenne auch diesen Unhold, den ich wider Willen liebe, diesen Zarathustra: er selber dünkt mich öfter gleich einer schönen Heiligen-Larve,
- gleich einem neuen wunderlichen Mummenschanze, in dem sich mein böser Geist, der schwermüthige Teufel, gefällt: - ich liebe Zarathustra, so dünkt mich oft, um meines bösen Geistes Willen. -
Aber schon fällt der mich an und zwingt mich, dieser Geist der
Schwermuth, dieser Abend-Dämmerungs-Teufel: und, wahrlich, ihr höheren
Menschen, es gelüstet ihn -
- macht nur die Augen auf! - es gelüstet ihn, nackt zu kommen, ob männlich, ob weiblich, noch weiss ich's nicht: aber er kommt, er zwingt mich, wehe! macht eure Sinne auf!
Der Tag klingt ab, allen Dingen kommt nun der Abend, auch den besten
Dingen; hört nun und seht, ihr höheren Menschen, welcher Teufel, ob
Mann, ob Weib, dieser Geist der Abend-Schwermuth ist!"
Also sprach der alte Zauberer, sah listig umher und griff dann zu seiner Harfe.
3.
Bei abgehellter Luft, Wenn schon des Thau's Tröstung Zur Erde niederquillt, Unsichtbar, auch ungehört: - Denn zartes Schuhwerk trägt Der Tröster Thau gleich allen Trost-Milden -: Gedenkst du da, gedenkst du, heisses Herz, Wie einst du durstetest, Nach himmlischen Thränen und Thau-Geträufel Versengt und müde durstetest, Dieweil auf gelben Gras-Pfaden Boshaft abendliche Sonnenblicke Durch schwarze Bäume um dich liefen, Blendende Sonnen-Gluthblicke, schadenfrohe.
"Der Wahrheit Freier? Du? - so höhnten sie - Nein! Nur ein Dichter! Ein
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