ALTEA (Sturmflut) (German Edition)
offensichtlich und ich hätte schon alleine aus diesem Grund keine weitere Frage stellen sollen, doch ich musste einfach wissen, was geschehen war. Meine Hand wanderte zu seiner Wange und ich drehte sein Gesicht zu mir.
„Sag es mir. Was ist passiert?“ Flüsterte ich mit sanfter Stimme. Meine Augen suchten seine und als sie sich trafen, sprach er weiter.
„Sie... er hat alles riskiert. Als wir entkamen, war er nicht mehr bei uns. Er war in den Flammen.“ Berichtete Radu, während sein Blick sich wieder im Raum verlor. Ich hielt die Luft an und meine Hand sackte von Radus Gesicht. Der schmerzhafte Knoten in meinem Magen wurde zu einer tonnenschweren Last, die mich Richtung Boden zog. Mit zitterndem Körper suchte ich halt an der Stuhllehne, bevor ich darauf zusammensackte. Radu war sofort an meiner Seite und legte meine Hände in seine. Ich konnte das nicht fassen. Ich hatte Radus Tonfall völlig falsch interpretiert. Es war keine Verärgerung über Aljoscha, es war seine Art des Mitgefühls für ihn. Bedrückung über sein Schicksal. Ich schnappte nach Luft, doch das Gefühl zu ersticken wurde immer stärker. Das konnte nicht sein. Rubinov hatte gesagt, meine Freunde wären alle sicher angekommen... hatte er das gesagt? Auf einmal wirkten seine Worte relativ. Er konnte nicht einfach annehmen, dass ich Aljoscha zu meinen Freunden zählte.
„N-Nein. Nein, das kann nicht sein. Man hat mir gesagt, er wäre hier. E-Er wäre in Sicherheit.“ Stotterte ich und sah in Radus gequältes Gesicht. Es viel ihm schwer darüber zu sprechen, doch er suchte nicht lang nach Worten.
„Unwahrscheinlich. Wir haben... ihn brennen sehen.“ Mit diesen Worten war meine innerliche Vernichtung komplett. Radu würde mich nie belügen. Nicht so. Nicht auf Kosten meines Seelenheils. Ich spulte Rubinovs Worte in meinem Kopf immer und immer wieder ab. Lügen. Nichts als verdammte Lügen! Immer wieder. Wie das Mantra meines lächerlichen Lebens. Ich empfand Zorn, doch nicht gegen ihn. Gegen mich selbst.
„...Das ist meine Schuld...“ Mit diesen Worten bahnte sich eine einzelne Träne ihren Weg über meine Wange. Ich wollte weinen, aber ich war wohl zu geschockt dafür. Oder alle Tränen waren bereits verbraucht.
„Nein! Nein, Milla.“ Radu drückte meine Hände kurz an sein Gesicht und presste sie dann an seine Brust. „Milla, sieh mich an. Das ist nicht deine Schuld.“
„Ich war es. Ich wollte unbedingt nach euch suchen. Er sagte mir, dass es keine gute Idee wäre.“ Ich sah Radu direkt in die Augen und erkannte sofort, dass er aufgebracht war über meine Worte, aber es war mir egal. Ich sprach gar nicht wirklich mit ihm. Ich sagte das Alles viel mehr mir selbst. Es waren Tatsachen. Daran gab es nichts zu rütteln. Er ließ meine Hände fallen und packte mich wieder fest bei den Schultern.
„Das ist Blödsinn! Er hat nur getan, was sowieso seine Aufgabe war.“ Seine lauten Worte drangen bis in meinen Verstand vor und trafen einen Nerv. Der Schmerz wich unglaublicher Wut und mit einem Mal war ich auf meinen Bein und funkelte zornig auf ihn hinunter.
„ES WAR SEINE AUFGABE ZU STERBEN?!“ Mein Atem ging so schwer, als wäre ich gerade einen Marathon gelaufen und meine Hände zitterten unkontrollierbar. Sofort war auch Radu wieder auf den Beinen und entgegnete meiner Wut mit ebenso viel Empörung.
„So hab ich das nicht gemeint und das weißt du auch!“ Schmetterte er mir entgegen. Seine Lippen wurden wieder zu einem schmalen Schlitz, aber diesmal würde ich die Lage nicht entschärfen. Ich wollte es auch gar nicht.
„Wie kannst du dann so etwas sagen?!“ Ich schrie noch immer und die Wut brachte meine Stimme zum Beben.
„Er war ein Soldat. Sein Leben für andere zu riskieren war seine Aufgabe. Wenn man das tut, wenn man so lebt, dann kennt man das Risiko und weiß damit umzugehen. Das mag dir nicht gefallen, aber so ist es. Ich weiß er war dir nicht... egal , aber so ist die Welt! Es war ihm wichtig, dass du entkommst, um etwas zu verändern, wenn es in deiner Macht steht, und genau das hat er geschafft.“
Er war noch immer aufgebracht, doch meine Wut war so schnell wieder verraucht, wie sie begonnen hatte. Er war ein Soldat. Jetzt ist er weg. Radu wartete auf eine Antwort von mir, die nicht kam. Es war mit
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