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Am Anfang war der Seitensprung

Am Anfang war der Seitensprung

Titel: Am Anfang war der Seitensprung Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Amelie Fried
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Nachbarschaft.
    »Sturmfreie Bude?« Friedrichs Augen begannen zu glänzen.
    Ich betrachtete Friedrichs Hände, die noch immer leicht gebräunt waren, obwohl der Sommer schon eine Ewigkeit vorbei war. Er fuhr sich durch sein vom Schlafen verstrubbeltes Haar, das reichlich graue Einsprengsel hatte. Es stand ihm gut, fand ich. Mit vierzig muß man nicht mehr aussehen wie ein Junge. Ich dachte an seinen Körper, der kräftig und wohlproportioniert war. Ich hatte ihn immer als sehr anziehend empfunden, vielleicht waren wir deshalb noch verheiratet.
    Jetzt beugte ich mich runter, schlang die Arme um seinen Hals und küßte ihn aufs Ohrläppchen. Mit einer schnellen Bewegung setzte ich mich rittlings auf ihn. Mein Bademantel öffnete sich. Die Zeitung segelte in mehreren Einzelteilen zu Boden und kam raschelnd auf. Ich nahm Friedrichs Gesicht in beide Hände und drückte meinen Mund auf seine Lippen. Mit einem wohligen Seufzer zog er mich an sich. Wenige Augenblicke später taten wir, was wir seit dem Tag unserer ersten Begegnung am liebsten taten und was schon damals für Ärger gesorgt hatte.

    » Wer ist der Kerl! «
    Mein Vater funkelt meine Mutter wütend an, als sei sie schuld daran, daß seine Tochter mit einundzwanzig schwanger geworden ist.
    » Er studiert Biochemie « , sage ich.
    » Seit wann kennst du ihn? «

    » Sechs Wochen. «
    Meine Mutter stöhnt auf.
    » Was machen die Eltern! «
    » Weiß nicht. Interessiert mich auch nicht. « Trotzig schiebe ich die Unterlippe vor.
    » Aber mich! «
    Mein Vater läßt seine flache Hand krachend auf den Tisch fallen und zuckt heftig mit den Augenlidern, was ein Zeichen dafür ist, daß er sehr wütend ist.
    » Wie stellt ihr euch das vor? Wer soll euch finanzieren! «
    » Vielleicht kann ich nach der Geburt die Banklehre zu Ende machen « , schlage ich schüchtern vor.
    Ich denke natürlich keine Sekunde daran, die Lehre zu beenden. Daß ein Baby mich davor bewahren würde, zwischen Bilanzen und Kreditanträgen zu verschimmeln, war schon Grund genug, es zu bekommen.
    » Und wovon wollt ihr bis dahin leben! Das dauert doch noch Jahre, bis der Junge was verdient! «
    » Bis dahin müßt ihr mich eben unterstützen. «
    Hab dich bloß nicht so, denke ich wütend. Schließlich bist du ein erfolgreicher Architekt, verdienst eine Menge Geld, und ich bin deine einzige Tochter.
    » Wie konnte das bloß passieren! « fragt meine Mutter mit ersterbender Stimme.
    » Mein Gott, Mummy, wie so was halt passiert! Wir haben zusammen geschlafen und nicht verhütet. «
    Sie macht eine abwehrende Handbewegung. » Hör auf!
    Keine Einzelheiten, bitte! Schlimm genug, daß heute jeder mit dem erstbesten ins Bett springt! «
    » Friedrich war nicht der erstbeste! « lächle ich.
    » Ich will gar nicht wissen, wie viele Männer es in deinem Leben schon gegeben hat! « kreischt meine Mutter.
    Gespräche über Sex sind ihr zuwider. Vermutlich ist ihr Sex zuwider.
    » Mußt du das Kind denn kriegen! « fährt sie, etwas ruhiger, fort.
    » Ich liebe Friedrich, wir werden heiraten, und alles ist in Ordnung. Ihr solltet euch freuen! «
    » Und deine Karriere? «
    » Welche Karriere? «
    » Ja, glaubst du denn, wir haben umsonst die ganze Schulzeit mit dir durchlitten und jahrelang den teuren Nachhilfeunterricht bezahlt? «
    Ihr Blick ist ein einziger Vorwurf. Das ist also das Problem. So viel haben sie investiert, und jetzt bringt das undankbare Balg keinen Ertrag. Kein Studium, mit dem man vor Bekannten protzen kann, keine Urkunde zum Übers-Bett-Hängen, kein Doktortitel zum Angeben.
    » Ich kann ja später noch studieren « , sage ich erschöpft und hoffe, daß sie endlich Ruhe gibt. Aber sie jammert weiter. » Alles hätte dir offengestanden, die Universität, eine Karriere in der Wirtschaft, Erfolg und Anerkennung … «
    » … alles, was dir versagt geblieben ist! Ich weiß, daß du mir deine Karriere geopfert hast, du hast es mir oft genug vorgehalten. «
    » Und-du-bist-im-Begriff-den-gleichen-Fehler-zumachen « , deklamiert Mummy mit theatralischem Vibrato in der Stimme, » sag-später-nicht-ich-hätte-dich-nicht-gewarnt! «
    » Keine Sorge. «
    Ich wünsche mir inständig, daß sie endlich aufhören, mich zu bearbeiten. Aber jetzt fängt mein Vater wieder an.

    » Du mußt den Kerl doch nicht gleich heiraten, nur weil du schwanger bist. Heutzutage ist man da nicht mehr so. «
    » Ich will ihn aber heiraten! « rufe ich jetzt und balle entschlossen die Fäuste.
    Ermattet sank mein Kopf

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