Am Anfang war der Tod
der richtige Ort, um einen Typen kennen zu lernen“, sagte Jan. „Und schon sind wir wieder da, wo wir angefangen haben: Wie man am besten keinen Mann trifft. Wir drei sind wirklich in der Lage, die größten Probleme der Menschheit zu lösen.“
„Ich löse täglich die Probleme von Sechs- bis Zehnjährigen“, erinnerte Karen sie. „Ich bin verantwortlich für den Geist und die Moral der Generation, die demnächst die Geschicke unseres Landes bestimmen wird. Da sind die besten Köpfe gerade gut genug. Und Ashley lernt, wie man Kriminelle dingfest macht. Ich schlage vor, dass wir an diesem Wochenende die zweitwichtigsten Dinge zurückstellen und uns um die wichtigsten kümmern: dass wir hübsch braun werden und unsere Hintern knackig bleiben.“
„Wir sollten unsere Ziele nicht zu hoch stecken“, warnte Jan. „Wenn wir ein paar Männer kennen lernen, die frisch geduscht sind, sich halbwegs intelligent ausdrücken können und sich nicht dagegen sträuben, zeitweise auf der Tanzfläche zu stehen, wäre das schon ein beachtlicher Triumph. Kriege ich noch einen Keks?“
„Hört sich ganz vernünftig an“, meinte Karen. „Aber … knackige Hintern? Ich weiß nicht. Ich glaube, ich möchte auch noch einen Keks, meinetwegen auch ohne Kaffee. Denn bis zur nächsten Raststätte sinds bestimmt noch zwanzig Minuten.“
Ashley warf ihrer Freundin aus den Augenwinkeln einen Blick zu. Karen biss ein winziges Stück von ihrem Keks ab und kaute es genussvoll. Auf diese Weise kann sie ihre Figur halten, dachte Ashley neidisch. Karen aß alles, ließ sich aber mit jedem Bissen sehr viel Zeit. An dem Keks konnte sie eine Stunde herumkauen. Sie war zierlich, hatte Konfektionsgröße 36, himmelblaue Augen, und ihr langes hellblondes Haar, das Erbe ihrer skandinavischen Vorfahren, fiel ihr in üppigen Wellen über die Schultern. Nordisch war auch ihr Familienname: Ericson. Jan dagegen hatte dunkle Haare, dunkle Augen, war einssechzig groß und genauso temperamentvoll wie ihr lateinisch klingender Nachname: Hevia. Ashley sprach von ihnen oft als „die weiße und die rote Rose“, Namen, die sie seit ihrer Kindheit mit sich trugen. Sie selbst war ein Rotschopf mit grünen Augen. Die Farben verdankte sie ihrer Familie mütterlicherseits, den McMartins, denn ihr eigener Nachname war Montague. Die Verwandtschaft ihres Vaters stammte überwiegend aus Frankreich, wobei auch ein wenig Blut der Cherokee- und Seminolen-Indianer durch ihre Adern floss. Das heißt, sie hatte nur vereinzelte Sommersprossen auf der Nase und wurde schnell braun, ohne sich einen Sonnenbrand einzufangen. Von ihrer Körpergröße her – knapp einssiebzig – passte sie zwischen Jan und Karen. Die beiden hatten sie oft damit geneckt, die Dornen an den Rosen zu sein. Seit der Grundschule kannten die drei sich und hatten seitdem alles miteinander geteilt: das erste Verliebtsein, den ersten Liebeskummer, die kleinen Siege und Niederlagen heranwachsender Mädchen. Auf dieses Wochenende hatten sie sich schon lange gefreut, denn ihre Lebenswege hatten dazu geführt, dass sie sich ein wenig aus den Augen verloren hatten. Karen unterrichtete an einer Grundschule und studierte nebenher, um später an einer High School arbeiten zu können. Jan war Sängerin, und obwohl sie daran zweifelte, jemals ein Weltstar zu werden, machte ihr der Beruf Spaß. Sie sang und komponierte gern, und ganz allmählich stellten sich auch erste Erfolge ein. Sie und ihr Begleiter wurden immerhin schon als Vorprogramm bei Shows im ganzen Land gebucht. Ashley besuchte seit drei Monaten die Polizeiakademie, und sie nahm begierig alles in sich auf, was sie dort lernen konnte: Gesetze, Recht, Ermittlungstechniken, Selbstverteidigung …
„Glaubst du, dass Sharon und dein Onkel Nick heiraten werden?“ fragte Jan.
Sharon Dupre, die diese köstlichen Plätzchen gebacken hatte, war seit etwa einem Jahr mit Nick eng befreundet.
„Vielleicht. Keine Ahnung“, antwortete Ashley, während sie einen schnellen Blick auf die Uhr warf, ehe sie sich wieder auf die Straße konzentrierte. „Nick ist ein eingefleischter Junggeselle. Er liebt seine Angelei und seine Bar. Wenn Sharon seine Hobbys toleriert, lässt er sich vielleicht breitschlagen.“
„Na ja, er muss schließlich auch ihre Arbeit tolerieren. Als Maklerin ist sie ja viel unterwegs“, bemerkte Karen.
„Stimmt“, pflichtete Ashley ihr bei. „Aber er scheint nichts dagegen zu haben. Nick gehört nämlich zu den Typen, die leben und
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