Am Ende des Winters
Torlyri, vermutlich. Aber was ist, wenn dir etwas geschähe? Du kannst dieses Wissen einfach nicht länger für dich behalten, Hresh. Besonders, wo du ja jetzt eingestanden hast, daß du es lehren kannst. Wir müssen alle bengisch sprechen und sie verstehen lernen, und nicht etwa bloß, damit wir losrennen können wie Torlyri, um uns einen Geliebten unter den Beng zu angeln. Unser Überleben hängt davon ab. Oder bist du da anderer Ansicht?«
»Vielleicht. Ja, ich denke schon.«
»Also, dann bring es mir bei! Ich will gleich heute damit anfangen. Wenn du glaubst, ich brauche dazu Koshmars Erlaubnis, dann komm, gehen wir sofort zu Koshmar. Du müßtest auch sie unterrichten. Und dann auch alle anderen von einiger Bedeutung im Stamm.«
Hresh schwieg. Er sah ganz verloren und ängstlich aus.
»Was ist denn? Was stimmt denn nicht?« fragte Taniane. »Ist es so schrecklich, daß ich Beng lernen will?«
Ohne sie anzublicken, sagte Hresh mit leiser Elendsstimme: »Um es zu lernen, muß man tvinnern.«
Tanianes Augen blitzten. »Na und? Wo liegt da die Schwierigkeit?«
»Ich hab dich einmal gebeten, mit mir zu tvinnern, und du hast mich abgewiesen.«
Also das war es. Einen Augenblick lang war sie verlegen. Dann erkannte sie, daß er ja noch viel verlegener war als sie, und sie sagte lächelnd und so sanft, wie sie es nur über die Lippen bringen konnte: »Das war nur wegen der Form, in der du mich gebeten hast, Hresh. Da du da einfach so angeschwirrt bist, kaum hatte dir Torlyri gezeigt, wie man es macht, und zu mir gesagt hast: Na, los, Taniane, gehn wir die Geschichte gleich mal an! Das hat mich beleidigt, hast du das denn nicht verstanden? Wir sind dreizehn Jahre miteinander aufgewachsen und haben beide auf den Tag gewartet, an dem wir alt genug für das Tvinnr sein würden, und dann kommst du an, Hresh, und du hast es verdorben durch deine blöde, ungehobelte, plumpe…«
»Ich weiß«, sagte er mißmutig. »Du brauchst es mir nicht noch mal unter die Nase zu reiben.«
Sie bedachte ihn mit einem lebhaften koketten Blick. »Aber auch wenn ich damals nein gesagt habe, dann hieß das ja nicht zwangsläufig, daß ich dich auch beim nächstenmal abweisen würde, wenn du mich bittest.«
Hresh schien den Blick nicht bemerkt zu haben. »Das hat mir Koshmar auch gesagt«, antwortete er im selben bleiernen Ton wie zuvor.
»Du hast darüber mit Koshmar gesprochen?« fragte Taniane und mühte sich, ihr Lachen hinunterzuschlucken.
»Ja. Sie schien das alles schon zu wissen. Und sie sagte, ich soll dich eben noch einmal bitten.«
»Nun, Koshmar hat recht.«
Hresh starrte sie an. Kalt sagte er: »Du willst damit andeuten, daß du jetzt, wo du etwas Besonderes dabei zu gewinnen erwartest, wenn du mit mir tvinnerst, jetzt wärst du dazu bereit, stimmt das?«
»Hresh, du bist der widerlichste und ärgerlichste Kerl, der mir je begegnet ist!«
»Aber, was ich sage, ist wahr.«
»Du liegst in höchstem Maße schief. Das Ganze hat überhaupt nichts damit zu tun, ob und daß du mir Beng beibringen sollst. Ich habe seit damals immer nur darauf gewartet, daß du dich wieder an mir interessiert zeigst.«
»Aber Haniman…«
»Dawinno hole den Haniman! Er ist weiter nichts als jemand, mit dem ich kopuliere! Du bist der Tvinnr-Partner, den ich mir wünsche, Hresh! Wie kann jemand nur so furchtbar dumm sein? Warum zwingst du mich, diese ganzen Dinge auszusprechen, sie sind doch eindeutig klar!«
»Du willst es also meintwegen? Für mich selber – nicht weil ich dir beim Tvinnern die Bengsprache beibringen kann?«
»Ja.«
»Ja, aber warum hast du das dann denn nicht gesagt, Taniane?«
Sie warf die Hände in Verzweiflung in die Luft. »Oh… du!«
Er schwieg lange. Sein Gesicht schien völlig ausdruckslos geworden zu sein.
Schließlich fragte er ruhig: »Ich war wohl sehr blöde, ja?«
»Ja, wirklich sehr blöde.«
»Ja. Ja, das stimmt wohl.« Ruhig blickte er sie einen weiteren langen stillen Augenblick lang an. Dann sprach er: »Kopuliere mit mir, Taniane.«
»Kopulieren? Nicht tvinnern?«
»Zuerst die Kopulation. Ich habe noch nie mit jemandem kopuliert, weißt du?«
»Nein… ah… das wußte ich nicht.«
»Also, willst du? Auch wenn ich es vielleicht nicht besonders gut mache?«
»Aber natürlich will ich, Hresh. Und du wirst es genausogut machen wie irgendwer sonst.«
»Und hinterher würde ich gern mit dir tvinnern, Taniane. Ja?«
Sie nickte und lächelte. »Ja.«
»Aber nicht bloß, um dich die Bengsprache
Weitere Kostenlose Bücher