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Am Ende des Winters

Am Ende des Winters

Titel: Am Ende des Winters Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Robert Silverberg
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daß auch ich wie alle anderen mich nach einem Gefährten sehnte, und so nahm ich mir denn einen. Aber ich hatte meinen Mann nur für kurze Zeit, und all dies geschah erst kürzlich. Du verstehst, was ich dir sage, Trei Husathirn? Den Großteil meines Lebens habe ich ohne Mann verbracht, und es hat mich nicht gestört. Und dann hatte ich einen Mann, und ich glaube, ich war glücklich mit ihm; und dann hat er mich verlassen, und das tat sehr weh. Es gibt Zeiten, da glaube ich, es wäre mir besser geschehen, wenn ich nie einen Mann gehabt hätte, als daß ich einen hatte, um ihn dann so zu verlieren.«
    »Nein«, sagte er. »Wie kannst du so sprechen? Du hast doch Liebe erfahren, oder? Der Mann geht fort, doch das Wissen um die Liebe, die du erlebt hast, kann nie fortgehen. Oder würdest du lieber die Liebe niemals in deinem Leben erfahren haben?«
    »Oh, ich habe Liebe erfahren, eine andere Art Liebe als die zwischen ihm und mir. Die Liebe Koshmars, meiner…« Sie brach ab, denn sie merkte, daß sie das Bengwort für Tvinnr-Partner nicht kannte. »Meine Freundin«, sagte sie schließlich halbherzig. »Und die Liebe meines ganzen Stammes. Ich weiß, daß ich von den Leuten sehr geliebt werde, und ich liebe sie alle auch.«
    »Das ist nicht dieselbe Art von Liebe.«
    »Vielleicht. Vielleicht.« Sie holte tief Luft. »Und du? Hast du eine Frau, Trei Husathirn?«
    »Ich hatte einst eine, ja.«
    »Ach.«
    »Sie ist tot. Die Hjjk…«
    »Zur selben Zeit wie dies?« Sie zeigte auf die Narbe.
    »In einem späteren Kampf. Viel später.«
    »Hattet ihr viele Kämpfe mit den Hjjk?«
    Trei Husathirn zuckte die Achseln. »Sie sind überall. Sie fügten uns Leiden zu, und ich glaube, auch wir machten sie leiden. Obwohl sie scheinbar keinerlei Schmerz zu fühlen scheinen, weder in ihren Körpern noch in der Seele.« Er schüttelte den Kopf und verzog das Gesicht, als verursache es ihm Brechreiz, wenn er über die Hjjk reden mußte. »Aber ich sagte dir, ich habe ein Geschenk für dich, Torlyri.«
    »Ja. Aber es wäre nicht nötig…«
    »Bitte«, sagte er. Er suchte in einem seiner Flechtkörbe herum und holte einen Helm hervor; nicht einen von der scheußlich abschreckenden Sorte, sondern einen kleineren, wie Torlyri sie bei manchen Bengfrauen gesehen hatte. Er war aus einem schimmernden roten Metall gefertigt und auf Hochglanz poliert und spiegelte hell, beinahe wie ein Spiegel, war dabei jedoch in der Linie zierlich und angenehm, ein Stumpfkegel mit zwei gerundeten Spitzen und einem komplizierten Schlängelmuster, das von Meisterhand ins Metall geschnitten war. Schüchtern reichte er ihr den Helm hin. Sie starrte das Kleinod an, ohne es entgegenzunehmen.
    »Es ist wunderschön«, sagte sie. »Aber das könnte ich nicht annehmen.«
    »Du wirst es. Bitte!«
    »Es ist viel zu wertvoll.«
    »Es ist sehr wertvoll. Deshalb schenke ich es dir.«
    »Was bedeutet es«, fragte Torlyri nach einer Pause, »wenn eine Frau von einem Mann einen Helm annimmt?«
    Trei Husathirn blickte verlegen drein. »Daß sie Freunde sind.«
    »Aha«, sagte sie. Sie hatte von Koshmar als von ihrer Freundin gesprochen. »Und Freundschaft zwischen Mann und Frau? Was bedeutet dies?«
    Er wirkte noch verlegener. »Es bedeutet… es bedeutet… du mußt das verstehen… es… bedeutet… ach, Torlyri, muß ich es denn sagen, muß ich? Du weißt es doch! Du weißt!«
    »Ich habe mich einem Mann als freundliche Freundin gegeben, und er hat mich verletzt.«
    »Das geschieht. Aber nicht immer.«
    »Wir sind aus verschiedenen Stämmen – es gibt keinen Präzedenzfall…«
    »Du sprichst unsere Sprache. Du wirst auch unsere Art erlernen.« Wieder hielt er ihr den schimmernden Helm hin. »Zwischen uns schwingt etwas. Das weißt du. Das weißt du von Anfang an. Auch als wir noch nicht miteinander sprechen konnten, war da etwas. Dieser Helm ist dein, Torlyri. Viele Jahre lang bewahrte ich ihn in diesem Korb auf, jetzt aber gebe ich ihn dir. Nimm ihn! Bitte!«
    Und nun zitterte er. Das konnte sie nicht ertragen. Sacht nahm sie den Helm aus seinen Händen und hielt ihn sich über das Haupt, als wolle sie ihn anprobieren, aber dann, ohne daß er ihr Fell berührt hätte, nahm sie ihn und drückte ihn gegen ihren Busen und legte ihn dann sorgsam beiseite.
    »Ich danke dir«, flüsterte sie. »Ich will ihn bis ans Ende meines Lebens ehren und hochschätzen.«
    Wieder berührte sie seine Narbe. Leicht und liebevoll. Seine Hand legte sich auf den weißen Streifen, der an ihrer

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