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Am Ende des Winters

Am Ende des Winters

Titel: Am Ende des Winters Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Robert Silverberg
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wirbelte erbost herum. »Seid ihr immer noch da? Ich habe dir befohlen, ihn zur Schleuse zu bringen, Torlyri! Das Gesetz ist klar und deutlich. Wagt sich der Vorwitzige ohne redliches Recht närrisch vom Nest, so sei ihm die Rückkehr zum Kokon künftig verwehrt. Ich befehle es dir zum letztenmal: Bring ihn hinaus!«
    »Aber – er hat doch den Kokon gar nicht wirklich verlassen«, sagte Torlyri leise. »Er hat ja nur ein Schrittchen nach draußen gemacht und…«
    »Nein! Schluß jetzt mit dem widersetzlichen Ungehorsam! Sprich den Spruch über ihn und verstoße ihn, Torlyri!« Und wieder kehrte sie ihnen den Rücken zu und wandte sich an Thaggoran. »Komm mit mir, Alter Mann! Zeig mir deine Eisfresser! Wir wollen sie mit unseren Äxten erwarten, wenn sie durchbrechen. So groß sie auch sind, wir werden sie in Stücke hauen, wo sie heraufsteigen, Scheibe um Scheibe um Scheibe, und dann…«
    Sie brach mitten im Satz ab, als plötzlich von der anderen Ecke der Kammer ein seltsames heiseres, ersticktes, ein gurgelndes Krächzen ertönte.
    »Aaoouuuaaaah!«
    Es hörte und hörte nicht auf. Aber schließlich erstarb es. Verdutzte Stille folgte.
    »Yissou und Mueri! Was war denn das?« murmelte Koshmar verblüfft.
    Solch einen Laut hatte sie noch nie zuvor vernommen. Vielleicht ein Eiswurm, der dicht unter ihnen sich gähnend regte und sich anschickte, durch die Wand der Kammer zu brechen? Verwirrt spähte sie in das Halbdunkel. Doch es blieb alles still. Alles schien rechtens zu sein, wie es sich gehörte. Da war der Tabernakel, da war die Kassette, in der das Buch der Chroniken aufbewahrt wurde, dort war der Wunderstein in seiner Nische und um ihn alle die antiken Schimmersteine, da war die Wiege, in der Ryyig Träume-Träumer seinen ewigen Schlaf schlief…
    »Aaoouuuaaah!« Wieder.
    »Es ist Ryyig!« rief Torlyri laut. »Er erwacht!«
    »Götter!« rief Koshmar. »Wahrlich, er wacht auf!«
    Und so war es auch. Koshmars Herz überkam ehrfürchtige Scheu, und ihre Beine wurden ihr schwach. Von einem plötzlichen Schwindelgefühl erfaßt, mußte sie an der Wand Halt suchen, lehnte sich gegen die schwarze Steinplatte und wiederholte flüsternd wieder und wieder: Thekmur Nialli Sismoil Thekmur Nialli Sismoil! Der Träumer der Träume saß pfeilgerade aufrecht – wann hatte man so etwas je gesehen? –, seine Augen waren geöffnet – keiner im Stamm hatte jemals seit Menschengedenken in die Augen von Ryyig Träumeträumer geblickt –, und er brüllte laut, er, von dem man niemals einen heftigeren Laut vernommen hatte als ein Schnarchen. Seine Hände kämmten die Luft, seine Lippen bewegten sich. Es sah aus, als versuche er zu sprechen.
    »Aaoouuuaaah!« brüllte Ryyig Träumeträumer ein drittesmal.
    Dann schloß er die Augen wieder und sank in seinen endlosen Traum zurück.
    In der hochgewölbten hell erleuchteten Gewächskammer war es warm und feucht; Frauen waren bei der Arbeit und zupften die unerwünschten Blüten von den grünblättrigen Pflanzen und beschnitten die Ranken der Samtbeerenreben. Es war eine stille Arbeit, geruhsam, angenehm.
    Minbain reckte sich plötzlich hoch, spähte umher, verzog das Gesicht, neigte den Kopf in scharfem Winkel zur Seite.
    »Was nicht in Ordnung?« fragte Galihine.
    »Hast du denn nichts gehört?«
    »Ich? Keinen Mucks.«
    »Ein seltsamer Laut«, sagte Minbain. Sie blickte von einer der Frauen zur anderen, zu Boldirinthe, zu Sinistine, zu Cheysz und wieder zu Galihine zurück. »Das war – wie ein Stöhnen war das.«
    »Harruel schnarcht im Schlaf«, brachte Sinistine vor.
    »Oder Koshmar und Torlyri machen sich ein hübsches Tvinnrstündchen«, sagte Boldirinthe.
    Sie lachten. Minbain preßte die Lippen zusammen. Sie war älter als die übrigen, und sie fühlte sich sowieso meist unter ihnen nicht recht wohl. Das kam daher, daß sie einst eine Zuchtfrau gewesen war und nach dem Tod ihres Gefährten, Samnibolon, Arbeiterin geworden war. Dies war eine ungewöhnliche Entscheidung gewesen. Minbain argwöhnte, daß die anderen sie für sonderbar hielten. Vielleicht glaubten sie ja auch, die Mutter eines seltsamen Kindes wie Hresh müsse selbst ein wenig verrückt sein. Doch was verstanden diese Weiber schon von derlei Dingen? Keine einzige der Frauen, die da mit ihr in der Kammer arbeiteten, hatte je einen Gefährten gehabt, keine einzige hatte ein Kind ausgetragen und geboren, und ebensowenig hatten sie eine Vorstellung davon, was es bedeutet, ein Kind heranzuziehen.
    »Da«, sagte

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