Am Ende ist da nur Freude
in der Welt der Medizin, Polizeiexperte, Pilotenausbildung – dann sehe ich, dass alles der Versuch war, die Kontrolle wiederzuerlangen, die ich an dem Tag verloren hatte, an dem meine Mutter gestorben war. Sobald ich aber meinen Heilungsprozess durchlaufen hatte, stellte ich fest, dass ich besondere Erkenntnisse gewonnen hatte und nun anderen helfen konnte. Heute bin ich derjenige, der dem kleinen Jungen in seinem großen Kummer hätte beistehen können. Mein Beruf ist der lebendige Beweis dafür, dass wir das lehren, was wir selbst lernen müssen.
Vor kurzem sah ich einen Kollegen in der Fernsehsendung 60 Minutes . Er ist Arzt und sprach darüber, dass am Ende des Lebens zu viel Technik eingesetzt wird. Er machte seine Sache so gut, dass ich es selbst kaum hätte besser machen können. Während er sprach, musste ich an die zahlreichen Familien denken, mit denen ich auf der Intensivstation gearbeitet habe und die ihre Lieben mit Geräten künstlich am Leben erhielten – ein vergeblicher
Versuch, ihre Gesundheit wiederherzustellen, auch wenn dies längst nicht mehr möglich war.
In diesem universellen Kampf geht es um mehr als darum, zu wissen, in welchem Maße man lebensverlängernde Technik einsetzen sollte. In den Augen meiner Patienten und ihrer Angehörigen sehe ich Angst: die Angst vor dem Abschied, die Angst, dass es nach diesem Leben nichts mehr gibt, und die Angst, einander nie mehr wiederzusehen. Doch manchmal geschieht etwas Außergewöhnliches. Um diese außergewöhnlichen Ereignisse geht es in diesem Buch.
Einführung
Vor kurzem unterhielt ich mich mit einer Kollegin, die an der Loyola Marymount Universität Ethik lehrt. Sie wollte einen Kurs zum Thema Tod und Sterben anbieten, und wir sprachen über die Themen, die sich am Ende des Lebens stellen, etwa über die Kontroverse zum Thema künstliche Ernährung sowie über unheilbar Kranke und hirntote Patienten. Wie entscheidet man angesichts unserer hochmodernen Spitzentechnik, wann das Leben zu Ende ist?
In dem Augenblick fiel mir eine Patientin ein, die auf dem Sterbebett eine Vision gehabt hatte. Dann dachte ich an alle Patienten, alle Visionen auf dem Sterbebett und all die Gespräche, die ich im Laufe der Jahre mit Kolleginnen und Kollegen geführt hatte. Bei Konferenzen über Hospizarbeit, Palliativversorgung und die Bedürfnisse am Ende des Lebens war darüber nie gesprochen worden. Die Experten waren viel zu fokussiert und seriös und sahen alles nur aus ihrer Perspektive. Aber nach einem langen Tag mit vielen Vorträgen sprach man allmählich etwas offener über die Patienten hinter all den Studien und Berichten,
die zuvor präsentiert worden waren. Nach ein, zwei Drinks beim Abendessen berichtete vielleicht jemand von der Sterbebett-Vision eines Patienten, ein anderer hatte eine ähnliche Geschichte zu erzählen – und schon war die ganze Gruppe in ein lebhaftes Gespräch darüber verwickelt, was Sterbenden auf dem Weg ins Jenseits begegnet.
Ich wusste, wenn ich das Phänomen der Visionen auf dem Sterbebett anspräche, dann würde diese hochgeachtete, viel zitierte Professorin auf die eine oder andere Weise sicherlich deutlich reagieren. Natürlich vermutete ich, dass sie diese Visionen abkanzeln würde, etwa mit den Worten: »Damit habe ich nichts zu tun – dies ist ein seriöser Kurs.« Doch sie reagierte ganz anders: »Darüber wird kaum geschrieben, geschweige denn in der offiziellen Lehre gesprochen. Jeder kennt diese Geschichten, aber anscheinend will sie keiner zu Papier bringen.«
Damals saßen mir die Abgabetermine für zwei Bücher im Nacken, mit denen ich noch nicht einmal angefangen hatte. Da dämmerte mir, dass dieses Thema in einem der beiden im Mittelpunkt stehen könnte und sollte. Zwar ist der Same dieser Idee nun in dem Buch aufgegangen, das Sie gerade in Händen halten, aber damals hatte ich nicht den blassesten Schimmer, auf was für eine Reise ich mich damit begeben hatte.
Bei meinen Recherchen faszinierte mich die Fülle des Themas ebenso sehr wie der Mangel an praktischen, glaubwürdigen Informationen. Aber wie sollte ich die
Sache darlegen? Und welchem Zweck sollte dieses Buch dienen? Ich finde, dass ein Buch, das etwas taugt, einen guten Zweck braucht. Diese Gedanken wurden unterbrochen, als das Telefon klingelte. Meine Freundin Barbara rief an und klang ganz aufgelöst. Eben war sie von einem Besuch bei ihrer 92-jährigen Mutter zurückgekommen. Die alte Dame war soweit gesund, litt aber unter den üblichen
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