Am Strand von Malibu
Und auch ich habe den Eindruck, dass du irgendwie bedrückt bist."
Olivia seufzte und lehnte den Sherry ab, den Alice ihr reichen wollte. „Ich warte auf den Wein", sagte sie, als sich Alice mit ihrem Glas in den Sessel gegenüber setzte; „Und ich bin auch nicht bedrückt, nur etwas abgespannt."
Alice zuckte die Schultern und trank einen Schluck. Olivia musste zugeben, dass ihre Stiefmutter wirklich bedeutend jünger wirkte, als sie war. Ihr Haar musste inzwischen gefärbt sein, wirkte aber noch genauso weich und natürlich wie früher. „Dein Vater irrt sich in dieser Beziehung nie", sagte sie und schlug die Beine übereinander.
Alice Pyatt hatte schöne Beine und zeigte sie auch. Sie war fünfundfünfzig, was man ihr aber nicht ansah, und damit zehn Jahre jünger als Matthew. Olivia hatte sie schon immer um ihre wohlgerundete Figur beneidet.
„Man hat mir einen neuen Auftrag angeboten", sagte Olivia kurz entschlossen.
Vielleicht war es einfacher, die Angelegenheit erst mit ihrer Stiefmutter und dann mit ihrem Vater zu besprechen. „Ich weiß nicht, ob ich ihn annehmen soll. Das würde für mich nämlich bedeuten, die nächsten Monate in den USA zu verbringen."
„Amerika!" Alice schien beeindruckt, doch noch ehe sie sich dazu äußern konnte, kam ihr Mann ins Zimmer.
„Amerika?" Matthew Pyatt küsste seine Tochter auf die Wange. „Du willst doch wohl nicht nach New York?"
„Natürlich nicht, Dad." Olivia atmete tief durch und wartete, bis es sich ihr Vater auf der Lehne von Alice' Sessel bequem gemacht hatte. „Man hat mir einen Job in Los Angeles angeboten. Ich weiß noch nicht, wie ich mich entscheiden soll."
„Das also liegt dir auf der Seele!" Matthew Pyatt musterte seine Tochter aufmerksam.
„Ich muss schon sagen, es gefällt mir ganz und gar nicht, dass du mutterseelenallein nach Los Angeles willst."
„Ich bin doch kein Kind mehr, Dad!" Olivia verschränkte nervös die Hände. Sie wünschte, sie hätte sich doch für einen Sherry entschieden. Der würde sie jetzt beruhigen.
„Allein in einer Großstadt zu leben ist für mich wirklich kein Problem."
„Machst du dir etwa Sorgen, weil du dich dann nicht um uns kümmern kannst? Da kann ich dich beruhigen. Genau darüber wollten wir mit dir reden." Er legte Alice den Arm um die Schultern. „Alice' Schwester in Neuseeland hat uns nämlich für zwei, drei Monate eingeladen. Wie wollten schon ablehnen, weil wir dich nicht im Stich lassen wollten. Aber wenn du gar nicht da bist..."
„Es macht dir doch nichts aus, oder?" Alice Pyatt legte ihr die Hand auf den Arm.
„Natürlich nicht." Olivia schluckte. Die Umstände schienen sich gegen sie verschworen zu haben. Sie wusste genau, wenn sie die geringsten Bedenken äußerte, würden ihre Eltern die Einladung ablehnen.
Alice lehnte sich erleichtert zurück. „Das ist schön. Ich habe Barbara nämlich schon seit mehr als zehn Jahren nicht mehr gesehen." Sie lächelte Olivia dankbar an.
„Wessen Biografie willst du denn jetzt schreiben?", fragte Matthew, nachdem Alice aufgestanden war, um in die Küche zu gehen.
„Diane Harans." Olivia bemühte sich, gleichgültig zu klingen. „Aber ich habe mich noch nicht entschieden", fügte sie hastig hinzu, als sie sah, wie ihrem Vater die Zornesröte ins Gesicht schoss. „Reg dich bitte nicht auf, Dad! Es ist wirklich eine einmalige Gelegenheit für mich als Schriftstellerin. Außerdem trennen sich Richard und Diane."
„Das ist doch wohl nicht dein Ernst!" Matthew Pyatt war aufgesprungen und ging unruhig im Zimmer auf und ab. Olivia wusste, dass er Richard nie verzeihen würde, wie er sie, seine einzige Tochter, behandelt hatte.
„Warum nicht? Kay hat gesagt, dass ich solch ein lukratives Angebot nie wieder erhalte."
„Du kennst meine Gründe ganz genau, Olivia. Und deshalb bist du auch so bedrückt.
Kein Wunder, dass du dich in letzter Zeit nicht hierher getraut hast."
„Das stimmt nicht!" Olivia war empört. „Ich weiß es ja erst seit heute. Ich bin die letzten beiden Wochen nicht gekommen, weil ich einfach keine Zeit hatte. Du weißt genau, wie nervenaufreibend und zeitintensiv die letzten Arbeiten am Manuskript immer sind!"
„Trotzdem ..." Ihr Vater ließ sich nicht so leicht überzeugen.
„Und wie ich bereits sagte, habe ich mich noch nicht entschieden, den Auftrag anzunehmen." Olivia zupfte nervös an ihren Haaren, die sie heute ausnahmsweise hochgesteckt hatte, statt sie wie gewöhnlich einfach im Nacken
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