Amerika
wie wir es gestern besprochen haben«
»Ich wußte nicht, daß es schon heute sein sollte«, antwortete Karl, »sonst wäre ich schon vorbereitet.«
»Wenn du nicht vorbereitet bist, dann verschieben wir
vielleicht den Besuch besser für nächstens«, meinte der Onkel.
»Was für Vorbereitungen!« rief Herr Pollunder. »Ein junger Mann ist immer vorbereitet.«
»Es ist nicht seinetwegen«, sagte der Onkel, zu seinem Gaste gewendet, »aber er müßte immerhin noch in sein Zimmer
hinaufgehen, und Sie wären aufgehalten.«
»Es ist auch dazu reichlich Zeit«, sagte Herr Pollunder, »ich habe auch eine Verzögerung vorbedacht und früher
Geschäftsschluß gemacht.«
»Du siehst«, sagte der Onkel, »was für Unannehmlichkeiten dein Besuch schon jetzt veranlaßt.«
»Es tut mir leid«, sagte Karl, »aber ich werde gleich wieder da sein«, und wollte schon wegspringen.
»Übereilen Sie sich nicht«, sagte Herr Pollunder.
»Sie machen mir nicht die geringsten Unannehmlichkeiten,
dagegen macht mir Ihr Besuch eine reine Freude.«
»Du versäumst morgen deine Reitstunde, hast du sie schon
abgesagt?«
»Nein«, sagte Karl, dieser Besuch, auf den er sich gefreut hatte, fing an, eine Last zu werden, »ich wußte ja nicht –«
»Und trotzdem willst du wegfahren?« fragte der Onkel weiter.
Herr Pollunder, dieser freundliche Mensch, kam zu Hilfe. »Wir werden auf der Fahrt bei der Reitschule halten und die Sache in Ordnung bringen.«
»Das läßt sich hören«, sagte der Onkel. »Aber Mack wird dich doch erwarten.«
»Erwarten wird er mich nicht«, sagte Karl, »aber er wird
allerdings hinkommen.«
»Nun also?« sagte der Onkel, als wäre Karls Antwort nicht die geringste Rechtfertigung gewesen.
Wieder sagte Herr Pollunder das Entscheidende: »Aber
Klara« – sie war Herrn Pollunders Tochter – »erwartet ihn auch und schon heute abend, und sie hat wohl den Vorzug vor
Mack?«
»Allerdings«, sagte der Onkel. »Also lauf schon in dein
Zimmer«, und er schlug mehrmals wie ohne Willen gegen die Armlehne des Fauteuils. Karl war schon bei der Tür, als ihn der Onkel noch mit der Frage zurückhielt: »Zur Englischstunde bist du doch wohl morgen früh wieder hier?«
»Aber!« rief Herr Pollunder und drehte sich, soweit es seine Dicke erlaubte, in seinem Fauteuil vor Erstaunen. »Ja darf er denn nicht wenigstens den morgigen Tag draußen bleiben? Ich brächte ihn dann übermorgen früh wieder zurück?«
»Das geht auf keinen Fall«, erwiderte der Onkel. »Ich kann sein Studium nicht so in Unordnung kommen lassen. Später, wenn er in einem an und für sich geregelten Berufsleben sein wird, werde ich ihm sehr gern auch für längere Zeit erlauben, einer so freundlichen und ehrenden Einladung zu folgen«
›Was das für Widersprüche sind!‹ dachte Karl.
Herr Pollunder war traurig geworden.
»Für einen Abend und eine Nacht steht es aber wirklich fast nicht dafür.«
»Das war auch meine Meinung«, sagte der Onkel.
»Man muß nehmen, was man bekommt«, sagte Herr
Pollunder und lachte schon wieder.
»Also, ich warte!« rief er Karl zu, welcher, da der Onkel nichts mehr sagte, davoneilte.
Als er bald reisefertig zurückkehrte, traf er im Büro nur noch Herrn Pollunder, der Onkel war fortgegangen. Herr Pollunder schüttelte Karl ganz glücklich beide Hände, als wolle er sich so stark als möglich dessen vergewissern, daß Karl nun doch
mitfahre. Karl war noch ganz erhitzt von der Eile und schüttelte auch seinerseits Herrn Pollunders Hände, er freute sich, den Ausflug machen zu können.
»Hat sich der Onkel nicht darüber geärgert, daß ich fahre?«
»Aber nein! Das hat er ja alles nicht so ernst gemeint. Ihre Erziehung liegt ihm eben am Herzen.«
»Hat er es Ihnen selbst gesagt, daß er das Frühere nicht so ernst gemeint hat?«
»O ja«, sagte Herr Pollunder gedehnt und bewies damit, daß er nicht lügen konnte.
»Es ist merkwürdig, wie ungern er mir die Erlaubnis gegeben hat, Sie zu besuchen, obwohl Sie doch sein Freund sind.«
Auch Herr Pollunder konnte, obwohl er dies nicht offen
eingestand, keine Erklärung dafür finden, und beide dachten, als sie in Herrn Pollunders Automobil durch den warmen Abend
fuhren, noch lange darüber nach, ob wohl sie gleich von anderen Dingen sprachen.
Sie saßen eng beieinander, und Herr Pollunder hielt Karls Hand in der seinen, während er erzählte. Karl wollte vieles über das Fräulein Klara hören, als sei er ungeduldig über die lange Fahrt und könne
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