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Amerika

Titel: Amerika Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Franz Kafka
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vielmehr einfach, das, was sie ihm auf den Tisch legten, mit einem Ruck vom Tisch hinunter. Sehr interessant war die Ablösung der Unterportiers, die gerade kurz nach dem Eintritt Karls stattfand. Eine solche Ablösung mußte natürlich, wenigstens während des Tages, öfters stattfinden, denn es gab wohl kaum einen Menschen, der es länger als eine Stunde hinter dem Schalter ausgehalten hätte. Zur Ablösungszeit ertönte nun eine Glocke, und gleichzeitig traten aus einer Seitentür die zwei Unterportiers, die jetzt an die Reihe kommen sollten, jeder von seinem Laufburschen gefolgt. Sie stellten sich vorläufig untätig beim Schalter auf und betrachteten ein Weilchen die Leute draußen, um festzustellen, in welchem Stadium sich gerade die augenblickliche Fragebeantwortung befand. Schien ihnen der Augenblick passend, um einzugreifen, klopften sie dem abzulösenden Unterportier auf die Schulter, der, obwohl er sich bisher um nichts, was hinter seinem Rücken vorging, gekümmert hatte, sofort verstand und seinen Platz freimachte. Das Ganze ging so rasch, daß es oft die Leute draußen überraschte und sie aus Schrecken über das so plötzlich vor ihnen auftauchende neue Gesicht fast zurückwichen. Die abgelösten zwei Männer streckten sich und begossen dann über zwei bereitstehenden Waschbecken ihre heißen Köpfe. Die abgelösten Laufburschen durften sich aber noch nicht strecken, sondern hatten noch ein Weilchen damit zu tun, die während ihrer Dienststunden auf den Boden geworfenen Gegenstände aufzuheben und an ihren Platz zu legen.
    Alles dieses hatte Karl mit der angespanntesten Aufmerksamkeit in wenigen Augenblicken in sich aufgenommen, und mit leichten Kopfschmerzen folgte er still dem Oberportier, der ihn weiterführte. Offenbar hatte auch der Oberportier den großen Eindruck beachtet, den diese Art der Auskunftserteilung auf Karl gemacht hatte, und er riß plötzlich an Karls Hand und sagte: »Siehst du, so wird hier gearbeitet.« Karl hatte ja allerdings hier im Hotel nicht gefaulenzt, aber von solcher Arbeit hatte er doch keine Ahnung gehabt, und fast völlig vergessend, daß der Oberportier sein großer Feind war, sah er zu ihm auf und nickte stumm und anerkennend mit dem Kopf. Das schien dem Oberportier aber wieder eine Überschätzung des Unterportiers und vielleicht eine Unhöflichkeit gegenüber seiner Person zu sein, denn, als hätte er Karl zum Narren gehalten, rief er, ohne Besorgnis, daß man ihn hören könnte: »Natürlich ist dieses hier die dümmste Arbeit im ganzen Hotel; wenn man eine Stunde zugehört hat, kennt man so ziemlich alle Fragen, die gestellt werden, und den Rest braucht man ja nicht zu beantworten. Wenn du nicht frech und ungezogen gewesen wärest, gelogen, gelumpt, gesoffen und gestohlen hättest, hätte ich dich vielleicht bei so einem Fenster anstellen können, denn dazu kann ich ausschließlich nur vernagelte Köpfe brauchen.«
    Karl überhörte gänzlich die Beschimpfung, soweit sie ihn betraf, so sehr war er darüber empört, daß die ehrliche und schwere Arbeit der Unterportiers, statt anerkannt zu werden, verhöhnt wurde, und überdies verhöhnt von einem Mann, der, wenn er es gewagt hätte, sich einmal zu einem solchen Schalter zu setzen, gewiß nach ein paar Minuten unter dem Gelächter aller Frager hätte abziehen müssen.
    »Lassen Sie mich«, sagte Karl, seine Neugierde in betreff der Portierloge war bis zum Übermaß gestillt »ich will mit Ihnen nichts mehr zu tun haben.«
    »Das genügt nicht, um fortzukommen«, sagte der Oberportier, drückte Karls Arme, daß dieser sie gar nicht rühren konnte, und trug ihn förmlich an das andere Ende der Portierloge. Sahen die Leute draußen diese Gewalttätigkeit des Oberportiers nicht. Oder, wenn sie es sahen, wie faßten sie sie denn auf, daß keiner sich darüber aufhielt, daß niemand wenigstens an die Scheibe klopfte, um dem Oberportier zu zeigen, daß er beobachtet werde und nicht nach seinem Gutdünken mit Karl verfahren dürfe.
    Aber bald hatte Karl auch keine Hoffnung mehr, vom Vestibül aus Hilfe zu bekommen, denn der Oberportier griff an eine Schnur, und über den Scheiben der halben Portierloge zogen sich im Fluge bis in die letzte Höhe schwarze Vorhänge zusammen. Auch in diesem Teil der Portierloge waren ja Menschen, aber alle in voller Arbeit und ohne Ohr und Auge für alles, was nicht mit ihrer Arbeit zusammenhing. Außerdem waren sie ganz vom Oberportier abhängig und hätten, statt Karl zu helfen, lieber

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