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Amnion 1: Die wahre Geschichte

Amnion 1: Die wahre Geschichte

Titel: Amnion 1: Die wahre Geschichte Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Stephen R. Donaldson
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Glieder gezuckte Schock des unerwarteten Überlebens machten ihm den Kopf wirr. Gedanken, die hätten naheliegen sollen, kamen ihm ganz einfach nicht.
    Dann erlangte er doch Klarheit.
    Wenn Teile der Stellar Regent die Katastrophe überstanden hatten, konnten einige Crewmitglieder während des Unglücks geschützt oder abgeschirmt gewesen sein. Es mochte Überlebende gegeben haben.
    Es gab Überlebende. Als Angus die Augen von den Bildschirmen, denen die Kameras übertrugen, was sie aufnahmen, auf die Anzeigen und Darstellungen der Scanner senkte, bemerkte er, daß die Instrumente Leben orteten. Drei oder vier Personen lebten noch.
    Nein, nicht drei. Eindeutig vier.
    Unvermindert entgeistert angesichts des Vorfalls versuchte Angus, indem er kaum zu atmen wagte, weil sich die Luft in der Strahlenden Schönheit innerhalb der vergangenen paar Minuten beachtlich verschlechtert hatte, angestrengt nachzudenken.
    Er zog keinen Moment lang in Erwägung, die Überlebenden zu retten. Selbst bei ungetrübtem Verstand hätte er diese Idee verworfen.
    Diese Leute gehörten einer Privatpolizei an; er betrachtete sie als seine Feinde. Und er verschwendete keine Zeit mit Überlegungen zur Ursache des Desasters, der Frage, wieso die Stellar Regent verunglückte; wahrscheinlich sollte er die Antwort nie erfahren. Seine Gedanken drehten sich um viel grundsätzlichere Dinge.
    Luft.
    Wasser.
    Nahrung.
    Ihr Halunken! dachte er sich. Falls er sich hinabtraute, konnte es sogar sein, daß einer der Überlebenden auf ihn schoß. Er mußte abwarten, bis sie verreckten.
    Allerdings wußte er nicht, wie schwere Verletzungen sie abbekommen hatten. Falls überhaupt welche. Möglicherweise vermochten sie länger als er durchzuhalten. Ohne hinlängliche Luft-, Wasser- und Nahrungsvorräte konnte es sein, daß er zusammenklappte, lange bevor sie krepierten.
    In diesem Dilemma, hin- und hergerissen zwischen Notstand und Feigheit, brachte er zuerst keinen Entschluß zustande. Während er sich den Schweiß von der Oberlippe saugte, starrte er auf die Wiedergabe der Stellar Regent auf dem Bildschirm und rang mit seiner Furcht.
    Dann fiel ihm wieder ein, was man ihm angetan hatte.
    Allmählich schwoll ihm das Herz von altem Groll, einer eingefleischten Wut und Böswilligkeit. Die Stärke, durch die er so lange hatte am Leben bleiben können, kam nun erneut zum Tragen. Indem er so grimmig Flüche schnaubte, wie er es bei dem geringen Sauerstoff konnte, den die schale Luft noch enthielt, schwenkte er die Strahlende Schönheit in Landeposition und steuerte sie hinab.
    Während des Landemanövers ersah er aus den Scannerdaten, daß die Lebensanzeichen einer der Personen im Wrack des Zerstörers inzwischen ausblieben. Gut. Also bloß drei übrig.
    Vorsichtig setzte er die Strahlende Schönheit auf ihren Landeauslegern neben den Rest des VMKP-Raumschiffs. Er schwang sich aus dem G-Andrucksessel und schwebte durch die minimale Schwerkraft des Asteroiden, indem er wie ein Ballon auf- und niederhüpfte, zu den Wandschränken.
    Nachdem er den EA-Anzug angelegt und die Helmplatte zugeflanscht hatte, gönnte er sich eine Minute des Verschnaufens, genoß die köstliche Luft aus den Tanks. Aber er durfte sich keine Bummelei erlauben. Womöglich machten sich die Überlebenden ihrerseits über ihn Gedanken. Vielleicht versuchten sie, die verbliebenen Waffen der Stellar Regent auf ihn zu richten.
    Er nahm einen Impacter mit, ein auch als Waffe brauchbares Bergwerksgerät, das Stein zerpulvern, ganze Felsstürze wegsprengen konnte; im Notfall ließen sich damit sogar Stahlplatten eindrücken. Nun fluchte er nicht mehr; er fürchtete sich viel zu stark, um noch das Herz zum Herumschimpfen zu haben. Selbst vor dem Wrack des VMKP-Zerstörers hatte er noch Schiß. Er hatte vor den Überlebenden Furcht. Und vor EA-Anzügen hatte es ihn schon immer gegraust. Aber er dachte an Luft und an Rache, also raffte er sich auf, weil er beides haben wollte, und machte sich auf den Weg.
    Er schleuste sich aus und betrat die Oberfläche des Asteroiden.
    Im freien All stammte die einzige Helligkeit vom Glitzern des fernen Sternenhimmels. Ohne die hochgradige Lichtempfindlichkeit der Außenbordkameras konnte er die Stellar Regent lediglich als Silhouette erkennen, schwärzer als der Weltraum. Sie erweckte bei ihm den Eindruck von Riesigkeit und Heimtücke, als stäke sie voller Geheimnisse. Einen Scheinwerferstrahl über den Rumpf zu lenken half ihm dabei, die richtige Perspektive zu

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