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Amnion 5: Heute sterben alle Götter

Amnion 5: Heute sterben alle Götter

Titel: Amnion 5: Heute sterben alle Götter Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Stephen R. Donaldson
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Beton gegossenen Bäumen glichen, wahrscheinlich für Null-G-Verhältnisse geschaffene Laufkräne, hi scheinbar willkürlichen Winkeln breiteten sich von ihren Hauptbestandteilen und Auslegern mit Efeuranken vergleichbare Kabel aus. Auf Fußboden und Wänden kreuzten sich für Transportfahrzeuge bestimmte Magnetschienen.
    Trotz der Fremdartigkeit behob der Anblick des Frachtraums eine von Davies’ Sorgen. Er hatte befürchtet, Marc Vestabule und Warden Dios könnten sie in irgendeiner kahlen, engen Kammer empfangen, wo sich ihnen keinerlei Chance zum Handeln bot.
    Die tatsächliche Situation war schon schlimm genug…
    Zehn Meter hinter der Schleuse standen zwei Amnion auf dem Deck. Zwei von ihnen sahen wie Zwillinge aus: Jeder hatte vier Augen und daher Rundumsicht; jeder drei Arme und drei Beine. Die beiden anderen Amnion hatten ein abweichendes Äußeres. Der eine wies vier, der andere fünf Arme auf; und ihre Beine hätten ebensogut Arme sein können. Ausgestattet waren sie mit undefinierbaren Werkzeugen, die sie mit gesonderten Arbeitsärmchen bedienten. Um die unterschiedlichen Schultern hingen ihnen Taschen. Alle vier jedoch hatten die knorrige Haut gemeinsam, die bei den Amnion die Kleidung ersetzte. Alle vier hatten den lippenlosen Mund, die spitzen Zähne und die ausdrucksloskalten Augen ihrer Spezies.
    »Ein Empfangskomitee«, murmelte Vector Shaheed. »Wie entgegenkommend.«
    Davies schwieg dazu.
    Er bemerkte keine Schußwaffen. Keiner dieser Amnion trug etwas an sich, das den Waffen ähnelte, die er in Station Potential gesehen hatte.
    Auch das nahm ihm eine Sorge.
    Vor den vier Geschöpfen schwebten zwei Menschen; oder vielmehr: ein Mann und ein imitierter Mensch. Davies erkannte Marc Vestabule. Einmal war er dem Halbamnioni schon begegnet, und man durfte es als unwahrscheinlich betrachten, daß jemand Vestabules annähernde Menschenähnlichkeit je vergaß. Die menschliche Gesichtshälfte Vestabules zeigte eine Tendenz zur Beunruhigung, zu der seine Alien-Gesichtszüge einen deutlichen Gegensatz bildeten. An Ohr und Kehle gab es etwas zu sehen, das eine Ohrhörer-Mikrofon-Kombination sein mußte. Wenn er die Defensiveinheit kommandierte, brauchte er das Gerät, um zur Brücke Kontakt zu halten.
    Sein Begleiter war Warden Dios.
    Den VMKP-Polizeipräsidenten hatte Davies nie kennengelernt; er war dem Mann nie begegnet. Aber Morns Erinnerungen füllten die Lücke so gut wie persönliche Kenntnis. Sonderbarerweise schien er die großen, kraftvollen Fäuste und die breite Tonnenbrust des Polizeipräsidenten schon länger zu kennen, als er lebte. Auch das Pflaster, das über der Atemmaske Dios’ linke Augenhöhle bedeckte, gewahrte er wie einen merkwürdig bekannten Anblick; er wußte, daß es eine IR-Prothese verbarg, dank der Dios so erzählte man es jedenfalls an der Polizeiakademie – Lügen durchschauen konnte, egal, wer sie ihm auftischte. Und ebenso schien es, ihm wäre die unmittelbare Ausdruckskraft des sichtbaren Auges so vertraut, als hätte es ihn früher mehr als einmal gemustert.
    Ihm war klar, daß VMKP-Polizeipräsident Dios ihn hinter der polarisierten Helmscheibe nicht sehen konnte. Trotzdem hatte er das Empfinden, durch Dios’ Blick gründlich erforscht zu werden, als wollte der Polizeipräsident herausfinden, welche Art von Sohn Morn der Welt beschert hatte.
    Davies’ Stoffwechsel arbeitete zu intensiv heiß, als daß er sich im Innern eines EA-Anzugs hätte wohl fühlen können. Schweißtröpfchen spritzten ihm von der Stirn und verursachten an der Innenseite der Helmscheibe abstruse visuelle Brechungen und Verzerrungen. Ungeachtet des Stromverbrauchs stellte er die interne Kühlung auf maximale Leistung und erhöhte die Sauerstoffzufuhr aus den Tanks. Dennoch fühlte seine Haut sich erhitzt an, als hätte er Fieber – oder schämte sich vor dem VMKP-Polizeipräsidenten.
    Seinen Erinnerungen zufolge war Warden Dios ein Mensch, der von jedem in seiner Umgebung das Äußerste forderte – und dazu das Recht hatte, weil er selbst stets das Äußerste gab.
    Rasch blickte sich Davies um und vergewisserte sich, daß sich keine weiteren Amnion im Frachtraum aufhielten. Durch den Rand der Helmscheibe sah er, daß hinter Vector Shaheed die Irisblende der Luftschleuse noch offenstand. Mit einem Adrenalinschub pulste neue Furcht durch seine Venen. Planten die Amnion etwa, gewaltsam ins Kommandomodul einzudringen? Welchen Zweck hatten diese vielen Werkzeuge? Die Luken des Moduls aufzustemmen

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