Amnion 5: Heute sterben alle Götter
die Ohren. Es mochte ohne weiteres seine eigene Stimme sein.
»Angus, gottverdammt noch mal, komm endlich!«
Im nächsten Augenblick erschütterte eine Explosion, die einem gewaltigen Donnerschlag glich, den gesamten Frachthangar. Gütiger Himmel, der Knall mußte das ganze Raumschiff ins Wackeln gebracht haben! Trossen schaukelten wie in starkem Wind; Kranausleger wippten und schwankten. Eines der Gebilde sank vornüber, als würde es niederstürzen, doch in der Nullschwerkraft blieb diese Folge natürlich aus.
Die Detonation hallte in Davies’ Raumhelm wider; dröhnte ihm schmerzhaft in den Ohren. Ein Moment verstrich, bis er eindeutig das unverkennbare Getöse von Materiekanonen unterschied, das durch den Rumpf der Stiller Horizont rumorte.
Zur gleichen Zeit wurde der Antrieb der Defensiveinheit aktiviert, saugte gierig Energie an, bis das Metall der Schotts vor plötzlicher Materialüberlastung kreischte.
Der Endkampf hatte begonnen.
Möglicherweise hatte die Explosion das Superlicht-Protonengeschütz zerstört. Wenigstens hoffte Davies es, während er sich herumwarf, an einem Kran Halt suchte und sich einen Überblick des Frachtraums verschaffte.
Vestabule und die zwei Wachen hatten anscheinend beschlossen, sich nicht mehr um Vector Shaheed und Warden Dios zu kümmern. Alle drei kämpften sie gegen Massenträgheit und Schwerelosigkeit an, um sich gemeinsam auf Davies zu stürzen – die Beute, für die jeder an Bord der Stiller Horizont bereit war zu sterben.
Durch einen Zugang, der sich gegenüber von Davies’ Standort befand, eilten vier weitere Amnion in den Frachtraum. Kamen Vestabule zu Hilfe… An den Hüften trugen sie Lenkdüsengondeln, und sie hatten Schußwaffen dabei. Davies’ Bedränger sammelten sich zum Angriff, hoben vom Deck ab und schwebten in seine Richtung.
Sieben Amnion. Vier davon mit Schußwaffen. Und er war praktisch allein. Noch immer ließ Angus sich nicht blicken. Warden Dios war ohnmächtig – oder tot. Von Vector Shaheed war schon mehr geleistet worden, als er für möglich erachtet hatte.
Was mich betrifft, hatte Morn am Anfang seines Lebens zu Davies gesagt, bist du das Zweitwichtigste in der ganzen Galaxis. Du bist mein Sohn. Aber am allerwichtigsten ist es, an erster Stelle steht es, keinen Verrat an meiner Menschlichkeit zu begehen. Um dieser Überzeugung willen hatte sie schlimmeres als das hier durchlitten. Und sie hatte eine bessere Lösung als Hyperspatium-Syndrom und Selbstmord gefunden; als Kapitulation.
Die Stiller Horizont war inzwischen so gut wie erledigt.
Davies’ beschleunigter Metabolismus verlieh ihm die Kraft, die er nötig hatte, allen unentbehrlichen Mut…
Er schwenkte die Hüfte und schoß den Amnion entgegen. Ein irres Aufbrüllen ließ die Außenlautsprecher seines EA-Anzugs erklirren.
»Kommt her, wenn ihr mich haben wollt!«
Damit begann auch er sein letztes Gefecht.
ANGUS
Der Teil des Plans, der Angus eigentlich für keinen Pfifferling interessierte, war leicht in die Tat umzusetzen: die Rettung des beschissenen Erd- und Kosmos-Regierungskonzils. Ein Kinderspiel. Auf dem Weg zum Superlicht-Protonengeschütz umschirmten ihn mehrere Störfelder. Und das Abdichtungsmaterial erhärtete beinahe augenblicklich. Ein Datenspeicher seines Interncomputers informierte ihn darüber genauer, als er es überhaupt wissen wollte. In 1,7 Sekunden wurde der Stoff dekompressionsfest; nach 4,2 Sekunden war er so hart, daß er für beschränkte Dauer dem Feuer von Impacter-Waffen und Materiekanonen standhielt, als wäre er Stahl. Die Strahlbahn aus einem Superlicht-Protonengeschütz mußte ihn natürlich atomisieren; aber Angus brauchte nur fünf Sekunden, um soviel Plexulose in den Emitter zu füllen, daß der nächste Schuß mit hoher Wahrscheinlichkeit auch das Geschütz zerstörte.
Alles in allem verstrichen vielleicht zwölf Sekunden, und die Amnion hatten den Großteil ihrer Geiseln verloren. Die Scheißtypen des Regierungskonzils waren außer Gefahr.
Was er darüber hinaus zu erledigen hatte, war mit erheblich größeren Schwierigkeiten verbunden.
Hätte er Verstand – wäre er noch der Mann, der gewesen zu sein er sich erinnerte –, ginge er nun an Bord der Posaune und nähme Mikka Vasaczk das Raumschiff weg. Wenn der Kampf ausbrach, könnte er sich voraussichtlich lange genug mit dem Dispersionsfeld des Interspatium-Scouts schützen, bis sich die Gelegenheit bot, abzuzischen und in die Weite des Weltalls zu verduften.
Doch er tat
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