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Amnion 5: Heute sterben alle Götter

Amnion 5: Heute sterben alle Götter

Titel: Amnion 5: Heute sterben alle Götter Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Stephen R. Donaldson
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Widerstreben zog Shaheed einen Handschuh aus und schob ihn unter den Gürtel. Wie von selbst streckte sich sein Arm dem Amnioni entgegen.
    Davies hatte zu warten zugesagt, bis er die Injektion erhalten hatte – die Wachsamkeit der Amnion nachließ, weil sie sich seiner sicher glaubten. Angus benötigte jeden herausschindbaren Moment Zeit. Aber auf einmal erachtete Davies die Gefahr als zu groß. Als der Amnioni, der ihm die Injektion geben sollte, ihm näher rückte, warf er die Planung über den Haufen.
    Er öffnete die bloße Hand, ließ einen Griff des Monofaserstrangs zwischen den Fingern hindurchrutschen und – Zu früh! Zu früh! – schwang sich vorwärts.
    Während der Amnioni die Injektionsspritze hob, sauste der Monofaserstrang auf ihn zu, das beschwerte Ende wickelte sich ums Handgelenk des Geschöpfs. Dann sprang Davies auf den Allen zu, rammte seine Leibesmitte mit beiden Stiefeln und zerrte mit aller Gewalt an dem Monofaserstrang.
    Davies’ überzüchtetes endokrines System verlieh ihm mehr Kraft, als seine Muskeln normalerweise entfalten konnten. Und das Polysilikatgranulat des Monofaserstrangs war scharf wie Skalpelle. Er schnitt glatt durch Gewebe und Knochen, trennte dem Amnioni die Hand ab.
    Aus dem zerfransten Stumpf schoß ein Schwall grünlichen Bluts in die Luft, bildete inmitten der bernsteingelben Helligkeit eine gewichtslose Fontäne – soviel Blut, daß ein Mensch daran hätte ersticken können. Es spritzte gegen das Vorderteil von Davies’ EA-Anzug, bekleckerte die halbe Helmscheibe.
    Der Amnioni stieß ein heiseres Aufheulen aus. Sein langgedehnter Laut der Pein gellte durch Davies’ Raumhelm. Trotzdem packte die Kreatur ihn mit anderen Armen, rang mit ihm, um ihn festzuhalten, während ihr das Leben aus dem Leib sprudelte.
    Zuerst beachtete Davies ihre Zudringlichkeit nicht; erwehrte sich ihrer nur so weit, daß er sich in der Luft drehen und nach der abgerissenen Hand – der Injektionsspritze – treten konnte. Sein Stiefel zerschmetterte das Gefäß der Injektionsspritze, entließ ein Medikament oder Mutagen ins freischwebende Schäumen des Bluts.
    Vector Shaheed hatte sich nicht vom Fleck gerührt. Er verharrte, als wäre er vor Schreck gelähmt.
    Unverzüglich führte Davies eine zweite Drehung aus, wandte sich dem Amnioni zu. Zwei, drei Arme griffen zu, umschlangen ihn, zerrten ihn heran. Er nutzte die Kraft des Geschöpfs und den eigenen Schwung aus, warf ihr den Monofaserstrang über den Kopf und zog ihn um den Hals zusammen.
    Allerdings fehlte ihn jetzt der passende Ansatzpunkt. Seine menschlichen Muskeln waren den Amnionmuskeln nicht gewachsen. Die Arme drohten ihn zu zermalmen. Eigentlich hätte der Alien mit jeder Sekunde schwächer werden müssen, statt dessen jedoch verfügte er noch über genug Kräfte, um Davies die Knochen zu brechen.
    Er bemerkte ein entferntes Krachen, eine dumpfe Explosion: die Art von Geräusch, denen gewöhnlich ein Dekompressionsalarm folgte. Aber falls an Bord der Stiller Horizont eine Warnung gegeben wurde, hörte oder verstand er sie nicht.
    Die Arme des Alien quetschten ihn immer stärker.
    Urplötzlich erschien hinterm Rücken des Amnioni Warden Dios. Seine großen Hände, stark wie Stein, krallten sich in den Schädel der Kreatur. Die Finger bohrten sich in die Augen.
    Das Heulen des Geschöpfs steigerte sich zu schrilleren Tönen. Die Umklammerung lockerte sich.
    Losreißen konnte sich Davies nicht, aber nach hinten beugen. Seine freie Hand fuhr zu der Kontrolltafel auf dem Brustteil des EA-Anzugs, ein Tastendruck aktivierte die umgeschnallten Lenkdüsen.
    Ein um die Hüften gelegtes, nach dem Waldoprinzip funktionierendes Geschirr ermöglichte es, die Lenkdüsen zu steuern. Sobald er den Unterleib seitwärts schwenkte, entwand Schub ihn den Armen des Amnioni.
    Der Monofaserstrang fetzte durch den Hals der Kreatur, bis er an Knochen sägte. Blut machte den Griff und Davies’ Faust glitschig: Die Schubkraft der Lenkdüsen entriß die Waffe seiner Hand. Dann stob er auf den Düsenstrahlen davon.
    Indem er die Hüften kreisen ließ, flog er empor in den Wald aus Laufkränen. Unterwegs wischte er auf der Helmscheibe herum, versuchte sie vom Blut zu säubern, sah, daß der abgetrennte Kopf des Alien ihm folgte… Vector Shaheed hatte sich noch immer nicht geregt. Verflucht noch mal, die Furcht vor einem Handgemenge rief bei ihm völliges Unvermögen hervor, zu handeln. Im letzten Moment hatte er beschlossen, sein Leben ohne Kampf

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