Amnion Omnibus
darum, was du willst. Sie grübeln nur darüber nach, wie sie dich vor ihren Karren spannen können.
Hast du das Autorisierungsgesetz vergessen? Hast du bis jetzt noch nicht kapiert, wozu man mir ‘ne Falle gestellt hat? Oder warum sie dich Nick überlassen haben?“
»Direktorin Donner«, grollte Dolph Ubikwe unvermittelt, »noch mehr Beleidigungen kann ich unmöglich verkraften.« Er brüllte nicht, und doch hallte seine Stimme durch die Brücke wie Steinschlag. »Ich weiß, daß er mich mit dem kleinen Finger abmurksen kann, aber es ist mir egal. Wenn er nicht das Maul hält, stopfe ich’s ihm, indem ich ihm den Hals umdrehe.« Ohne Anzeichen der Hast, als verkörperte die Stiller Horizont ein Problem, dessen Behebung sie unbegrenzt hinausschieben konnte, griff Min Donner ein.
»Leutnantin Hyland, damit würden wir uns zuviel zumuten«, wandte sie gelassen ein. »Es hat noch nicht einmal Sinn, über eine eventuelle Befreiungsaktion zu diskutieren. Wir wissen nicht, was gegen uns steht. Und die Krise hat mehr als einen Aspekt. Wir sollten uns möglichst einen nach dem anderen vornehmen. Kapitän Thermopyle…« Ihr Tonfall deutete Ansätze von Härte an. »Ich rate es Ihnen in aller Güte: Stecken Sie ein bißchen zurück.“
Wie zum Zeichen der Abweisung verschränkte Angus die Arme auf dem Brustkasten. Er würdigte Min Donner keiner Beachtung: Seine Aufmerksamkeit blieb unverrückbar, als wäre sein Blick eine Laserwaffe, auf Morn geheftet.
Morns Kommandogewalt über die Rächer mochte ein Witz sein, doch sie hatte keine Neigung, deswegen darauf zu verzichten. Längst war sie zu weit gegangen, um sich von ihren Mängeln aufhalten zu lassen. Sie war nicht Min Donner; ihr fehlte die Autorität der Direktorin.
Aber so wie Dolph Ubikwe verabscheute sie Angus’ Pöbelei. Auf die eine oder andere Weise hatte sie ihn, seit sie von ihm aus dem Wrack der Stellar Regent geborgen worden war, ununterbrochen gehaßt. Dennoch hatte sie ihm geholfen, die Ketten seiner Prioritätscodes zu sprengen. Sie hing in jeder Hinsicht von ihm ab… »Hör zu, Angus«, erheischte sie barsch seine Aufmerksamkeit. »Ständig verlangst du, ich soll dir vertrauen. Nun bin ich an der Reihe. Ich habe dich nicht gebeten, Polizeipräsident Dios zu retten. Wenn du keine Lust hast, kann ich dich nicht dazu zwingen, und ich werd’s erst gar nicht versuchen.« Das sagte sie zu, obwohl sie mutmaßte, daß sie ihren sonderbaren Einfluß auf ihn noch lange nicht bis über die Grenze des Zumutbaren genutzt hatte. »Aber wenn du weißt, wie man’s schaffen kann, muß ich’s wissen.“
Er zog den Kopf ein, als ob er sich duckte; dann hob er das Kinn ruckartig wieder an. An seinem Kiefer spannten sich die Muskeln wie stählerne Trossen. Seine Augen trübten sich vor Gram oder vor Galligkeit.
»Dein Warden Dios soll sich gefälligst ins Knie ficken, Morn«, raunte er mit leiser, nahezu kindlicher Stimme.
Darauf drehte er ihr den Rücken zu, als ließe er sie im Stich; stapfte durch die Bremsmanöver-G-Belastung der Rächer zu einem freien Andrucksessel neben Ciro und warf sich hinein.
Mit beiden Händen bedeckte er das Gesicht, als könnte er Morns stummen Blick nicht mehr ertragen.
Ficken, wiederholte Morn bei sich. Das war nun wirklich nichts Neues. Wie oft hatte er sie gefickt? Wie oft hatte sie Nick Succorso gestattet – nein, ihn dazu verführt, ermuntert –, sie zu ficken?
Verbittert drehte sie sich mitsamt der gesamten Kommandokonsole Min Donner zu.
»Jetzt haben Sie eine Chance, Direktorin Donner«, sagte sie bissig. »Wenn Angus mir die Unterstützung verweigert, kann ich die Brücke nicht halten.“
Wahrscheinlich hätte Kapitänhauptmann Ubikwe ohne jedes Zögern danach gehandelt; Min Donner dagegen zuckte lediglich die Achseln. »Ich habe mit Ihnen eine Abmachung getroffen. Dazu stehe ich.« Obwohl sie wußte, wer den Untergang der Stellar Regent zu verantworten hatte… Ohne Frage brachte Min Donners vom Kompromiß bestimmte Situation an Bord des Polizeikreuzers die Direktorin in ihrerseits durchaus erwünschte Umstände; verhalf ihr zu einem Vorteil, der ihr anders nicht zufiele.
»Aber eines möchte ich wissen«, fügte sie unverzüglich hinzu, »bevor ich mich mit der Stationszentrale verständige. Was hat dieser Marc Vestabule mit Ihnen zu tun?« Morn öffnete den Mund, um zu antworten, wußte aber nicht, womit sie anfangen sollte. Min Donners Verhalten verwirrte sie zu stark: Die eigene Erleichterung war ihr im Weg.
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