Amnion Omnibus
über den Polizeikreuzer zugestanden worden war: Donner wußte über ihr HyperspatiumSyndrom Bescheid, ihren Schwachpunkt, die Ursache ihrer Scham. Jetzt verwirrte Morn die Unpersönlichkeit in Min Donners Blick. Es hatte den Anschein, als sähe die OA-Direktorin in ihr eine Fülle von Möglichkeiten, die sie selbst gar nicht bemerkte.
Morns Rolle war ihr über den Kopf gewachsen. Ähnlich wie Hashi Lebwohl – seinen widerwilligen Einlassungen und verwaschenen Andeutungen war es zu entnehmen gewesen – dachte Min Donner anscheinend, Morn sei zur Stelle, um irgendeinen beispiellosen, unverzichtbaren Akt der Wiedergutmachung zu vollführen.
Soviel Emotion strömte von allen Seiten auf Morn ein, daß sie sie erschreckte: Es mochte ohne weiteres sein, daß sie sich damit überhaupt nicht zurechtfand. Aber das war noch nicht alles. Zudem übertraf Angus’ leidenschaftliche Erregung die Gefühle der anderen Anwesenden. Sie brauchte ihn weit mehr als den Rest. Selbst Min Donner hatte – sogar als befehlshabende Direktorin der VMKP – zweitrangige Bedeutung. Auch Davies’ Wichtigkeit trat in den Hintergrund… – Angus drosch so kraftvoll auf die Kommandokonsole, daß das Metall dröhnte. »Da mach ich nicht mit!« Sein Einspruch glich einem wütenden Aufbrüllen.
Überrascht fuhr Davies zurück; aber augenblicklich loderte auch er vor Zorn. »Angus…!« Min Donner legte die Hand auf seinen Arm, schüttelte knapp den Kopf. Sofort verstummte er. Man hätte glauben können, die unerwartete Sanftheit ihrer Berührung verdutzte ihn so sehr, daß er kein Wort mehr hervorbrachte.
Anscheinend wollte die OA-Direktorin Morns Antwort hören.
Da mach ich nicht mit!
Morns Platz auf der Brücke – im Kommandosessel war zu einem grausamen Ulk geworden. Sie war so wenig dazu imstande, diese Menschen zu befehligen, das Raumschiff zu kommandieren, wie es ihr möglich war, ihren Einfall allein in die Tat umzusetzen. Und doch hatte sie vollkommene Klarheit über die unabdingbare Notwendigkeit der Rettung Warden Dios’; empfand sie, weil ihr jede Handhabe zur Verwirklichung fehlte, als Seelenqual. Man mußte einfach versuchen, ihn zu retten – den Mann, der alles in die Wege geleitet hatte: den einzigen Menschen im Human-Kosmos, der eine Chance hatte, sich gegen den Drachen zu behaupten.
Es mußte versucht werden… »Du meinst also, es ist möglich?« fragte sie Angus mit gedämpfter Stimme. »Du weißt, wie man es schaffen könnte?“
Seine Fäuste sausten vor Erbitterung durch die Luft.
»Natürlich ist es möglich1.« Ein ungeheurer Krampf der Tollwut oder des Grausens verzerrte sein Gesicht. »Jeder Scheiß ist möglich. Aber ich mach nicht mit!“
Er beugte sich über die Kommandokonsole, ließ Morn seine ganze Entrüstung spüren. »Du liebe Güte, Morn!
Hast du vergessen, warum wir hier sind? Was du selber gesagt hast, weshalb wir hier sind?« Seine gelblichen Augen und die von Schweiß schlüpfrige Haut drängten sich ihr auf wie Vorwürfe. »Es ist die Rede von Wurden Dios, dem gottverdammten VMKP-Polizeichef! Dem Mann, der dir das alles angetan hat.« Ruckartig wies seine Hand auf sie, als wäre ihre Verfassung nicht jedem ersichtlich. »Und mir. Wenn er nun ein bißchen dafür büßen muß, dann von mir aus!« Zum zweitenmal wollte Davies widersprechen: Ein zweites Mal hielt Min Donner ihn zurück. Mikka stieß einen leisen, dumpfen Laut der Entkräftung oder des Unmuts aus. Vector rückte Morn trotz seiner Perplexität näher, als wäre ihm irgendwie daran gelegen, sie zu beschützen.
Resolut stellte Morn sich Angus’ Anwürfen. »Nein, ich habe nicht vergessen, warum wir hier sind«, knirschte sie. »Ich habe nicht von dir verlangt, daß du es machst.
Ich habe nur gefragt, ob du weißt, wie man es schaffen könnte.“
»Hör doch mit dem Quatsch auf!« Wuchtig stieß er sich von der Kommandokonsole ab, um Bewegungsspielraum für das extreme Ausmaß seiner Erbitterung zu erlangen. Seine Fäuste boxten -Hiebe in sämtliche Richtungen. »Lüg mich nicht an! Denkst du etwa, ich glaube, du wendest dich an jemand anderes? Wen denn? Dein Scheißsohn ist dazu nicht in der Lage, so wenig wie du. Vector kann kaum gehen. Mikka könnte ebensogut in ‘m Betäubungszustand sein, und Ciro hat nicht mehr alle auf ‘m Ladestreifen.« Inzwischen war seine Wut auf eine Art von Flehentlichkeit geschrumpft.
»Und der Dicke da kriegt seine Befehle von der großkotzigen Direktorin Donner. Die beiden scheren sich ‘n Dreck
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