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Amnion Omnibus

Amnion Omnibus

Titel: Amnion Omnibus Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Stephen Donaldson
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nicht erkennen, in welcher Verfassung sich seine Begleiter befanden: Spiegelungen auf den Helmscheiben und die Polarisation verbargen ihre Mienen.
    Dios hingegen trüg keinen EA-Anzug, war völlig ungeschützt. Er hatte ein bleiches, zermürbtes Aussehen, das Äußere eines gänzlich Ausgelaugten, als hätte er eine Gehirnerschütterung erlitten. Über seinem Augenpflaster war von einem kraftvollen Hieb eine beträchtlich geschwollene Beule zurückgeblieben. Pein trübte das sichtbare Auge, machte den Blick stumpf, schwächte seinen gebieterischen Ausdruck. Dennoch beobachtete er Vestabule und Angus, ohne mit der Wimper zu zucken.
    Es bereitete Angus verschwommene Überraschung, daß er Vestabule erkannte. Im Laufe der Jahre waren ihm zu viele Menschen zum Opfer gefallen, als daß er sie sich alle hatte merken können. Und an Bord des Erzfrachters Süße Träume waren noch siebenundzwanzig andere Frauen und Männer gewesen. Und er hatte keine Namen gewußt. Vestabules Gesicht jedoch hatte sich seinem Gedächtnis eingeprägt.
    Marc Vestabule hatte sich dermaßen nachdrücklich gegen die Übergabe an die Amnion gewehrt, daß Angus fast von ihm getötet worden wäre.
    Jetzt verzichtete er auf Widerstand. Die Verstärkung, die er gerufen hatte, mußte unterwegs sein. Angus suchte in seiner Miene nach Anzeichen des atavistischen Entsetzens, das dazu geführt haben mochte, daß er Reste seiner menschlichen Eigentümlichkeiten beibehalten hatte. Aber es gab nichts dergleichen mehr zu sehen. Nicht einmal das hektische Zwinkern des einen Menschenauges enthüllte etwas von Vestabules Innenleben.
    »Angus Thermopyle«, stellte er in rauhem Tonfall fest, »Sie haben großen Schaden angerichtet.« »Das will ich doch wohl hoffen«, brummelte Angus.
    Offenbar wußte der Amnioni, wem er die Schlappe zu verdanken hatte. Doch wie groß der Schaden für die Amnion auch war, eine heile Helmscheibe erhielt Angus dadurch nicht.
    »Scheiße, Angus«, meinte Vector Shaheed, als die Gruppe mit den Stiefeln das Deck berührte. »Mit dieser Helmscheibe können Sie unmöglich von Bord gehen.
    Sie wären schon mausetot, ehe wir zur Schleuse hinaus sind.“
    Er zögerte einen Moment lang. »Ich bleibe hier«, schlug er anschließend melancholisch vor. »Ich bin sowieso überflüssig. Das Raumschiff wird bald vernichtet, und ich sterbe als Mensch. Also nehmen Sie meinen Helm.« Er hob die Hände an die Verschlüsse, als hätte er den festen Willen, sich unbedingt irgendwie zu opfern.
    »Das wird Ihnen nicht vergessen«, sagte Vestabule zu Angus.
    »Lassen Sie den Quatsch«, knurrte Angus, ehe Vector Shaheed die Verschlüsse öffnen konnte. Mit Unterstützung der Zonenimplantate gelang es ihm, seine Atmung zu beruhigen. Er kannte sämtliche Parameter der Anzugkonstruktion, alle Einzelheiten ihrer Beschaffenheit.
    »Vorläufig haben wir ganz andere Sorgen. Und wir sind noch nicht am Ende unserer Möglichkeiten.“
    Je stärker die Stiller Horizont beschleunigte, um so schwieriger wurde es für Kapitänhauptmann Ubikwe, das Kommandomodul und die angekoppelte Posaune in Position zu halten. Doch die Defensiveinheit brauchte einen Großteil ihrer Energie für die Bordartillerie, Schutzfelder und Partikelkollektoren. Und der Antrieb steigerte die Schuberzeugung nur langsam. Es dauerte lange, bis sie höhere Geschwindigkeit entwickelte. »Die Amnion werden es nicht vergessen«, verhieß Vestabule.
    Angus wünschte sich, daß der Amnioni die Fresse hielte.
    Er löste die Verschlüsse des eigenen Raumhelms und nahm ihn ab, um Dios ohne die Sichtbehinderung durch die gesprungene Scheibe sehen zu können. Sofort fraß sich die ätzende Schärfe der Bordatmosphäre in seine Lungen. Vor Widerwillen krampfte sich sein Brustkorb zusammen; doch die Z-Implantate unterdrückten die Abwehrreaktion der Bronchien.
    Warden Dios hatte ihn eine machina infernalis genannt. Wir haben, hatte er zu ihm gesagt, ein Verbrechen an Ihrer Seele begangen. Und hinzugefügt: Damit muß Schluß sein. Jetzt war er von Angus’ Gnade abhängig. Er selbst hatte die Restriktionen beseitigt, durch die es Angus ursprünglich unmöglich gemacht worden war, feindselige Handlungen gegen VMKP-Personal zu verüben.
    Wortlos wartete er, während Angus ihn musterte, als wäre ihm klar, daß über ihn ein entscheidendes Urteil bevorstand. Beinahe glaubte Angus, daß der VMKP-Polizeipräsident ein Mann sein könnte, dessen Wort galt.
    »Solange Sie leben«, kündigte Vestabule an, »werden die

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