Amnion Omnibus
erlangten dadurch soviel Kenntnisse, wie sie preisgaben – oder in Angus’ Fall vielleicht sogar mehr –, und sie benutzten das neue Wissen, um ihre Lügen zu vervollkommnen; um mit dieser Taktik, selbst wenn sie auf nichts Greifbares aufzubauen und Experten sie regelmäßig bekniet hatten, um sie zur Umgänglichkeit zu bewegen, auf das Unheil der Vernehmenden hinzuarbeiten. Wenn sie am schwächsten hätten sein sollen, zeigten sie sich am boshaftesten.
Angus vermittelte dem Stellvertretenden Sicherheitsdienstleiter den Eindruck, als sei Milos derjenige, dessen Lebensführung man unter suchte, dessen Heimlichkeiten ergründet werden könnten; als sei er es, den man mit Fragen bedrängen müßte.
Und als genügte das al es, mit dem er sich abplagte, noch nicht, mußte Milos sich täglich mit der Tatsache auseinandersetzen, daß das Verhör potentiell explosiven Charakter hatte. Angus Thermopyle war als Erzpirat tätig gewesen. Also mußte er Abnehmer gehabt haben.
Offensichtlich hatte er die Strahlende Schönheit, wenngleich dafür kein Beweis vorlag, durch illegale Mittel oder Methoden erworben, sie unter illegalen Umständen ausgerüstet. Folglich hatte er Zutritt zu Schwarzwerften gehabt. Einiges seiner Bordtechnik roch nach Alien-Herkunft; und seine Aufzeichnungen präsentierten sich, obschon er sie unanfechtbar im Data-Nukleus seines Raumschiffs gespeichert hatte, als geradezu unglaubhaft einwandfrei. Und alle diese Schlußfolgerungen, alle diese Häufungen gewisser Anzeichen, wiesen in eine einzige Richtung.
Den Bannkosmos.
Angus Thermopyle stand – direkt oder indirekt – in Beziehung zu Geheimnissen, deren Destruktivität ausreichte, um überall im ausgedehnten kommerziellen Imperium der Vereinigten Montan-Kombinate das Machtgleichgewicht zu verschieben. Diese Geheimnisse konnten die Sicherheit jeder Weltraumstation gefährden; sie mochten sogar bedrohlich für die Sicherheit der Erde sein.
Milos Taverner war sich keineswegs sicher, ob er überhaupt wünschte, daß man diese Geheimnisse aufdeckte. Vielmehr neigte er mit der Zeit immer stärker zu der Auffassung, dafür sorgen zu müssen, daß sich an ihrer Verborgenheit nichts änderte. Angus’ Schweigen brachte die meisten der Leute, die zufriedenzustellen man Milos bezahlte, schier zur Raserei; offenbarte man seine Geheimnisse, wäre das für andere Personenkreise ein Grund zu Wutanfällen. Aber die Leute, die Angus’
Schweigen erbitterte, machten für Milos eine weniger unmittelbare Gefahr aus. Andererseits erfolgte eine Aufzeichnung buchstäblich jedes Augenblicks, den Milos mit Angus Thermopyle verbrachte. In der
Station geschah in regelmäßigen Abständen eine Sichtung der Protokolle. Die VMKP erhielt routinemäßig Kopien. Der Stellvertretende Sicherheitsdienstleiter der KombiMontanStation konnte seine Aufgabe, ohne aufzufallen, unmöglich anders als mit lediglich nicht ganz so entschiedener Beharrlichkeit angehen, wie man sie von ihm erwartete.
Kein Wunder, daß es ihm mißlang, sich die Niks abzugewöhnen. Er betrachtete diese Sucht bei anderen Menschen als widerlich; trotzdem schaffte er selbst es nicht, sie abzulegen. Manchmal glaubte er, die Niks seien das einzige, das ihn den Stress zu ertragen befähigte.
Zum Glück weigerte sich Angus Thermopyle, bei seiner Vernehmung gutwillig mitzuwirken.
Er widerstand den Fragen mit unerbittlicher Feindseligkeit und gänzlichem Schweigen. Er verkraftete Stunner-Entladungen, bis er nachgerade das Gedärm auskotzte und seine gesamte Zelle auf nicht mehr behebbare Weise nach Flüssigkeiten miefte; aber er plauderte nicht. Unnachgiebig durchlitt er Hunger, Durst und Entzug der Sinneseindrücke. Das einzige Mal, daß er Schwäche an den Tag legte, fand statt, als Milos ihn darüber informierte, daß man die Strahlende Schönheit demontierte, sie zwecks Ersatzteilerlangung ausschlachtete und ansonsten verschrottete. Aber da hatte er nur wie ein Tier geheult und sich alle Mühe gegeben, das Vernehmungszimmer zu demolieren; erzählt hatte er nichts.
Nach Milos’ Meinung war es ein Fehler gewesen, Angus das Schicksal der Strahlenden Schönheit mitzuteilen. Diese Einschätzung hatte er seinen Vorgesetzten, nachdem er erhebliche Sorgfalt aufgewandt hatte, um sie ihnen vorab zu suggerieren, offen ins Gesicht gesagt. Angus’ Verstocktheit würde dadurch verstärkt. Doch sie hatten auf ihre Absicht bestanden. Immerhin erregte die Lage ja den Anschein, daß nichts anderes noch half. Das Ergebnis
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