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Analog 03

Analog 03

Titel: Analog 03 Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Hans Joachim Alpers , Hans Joachim (Hrsg.) Alpers
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Aufenthaltszimmer plötzlich so kalt geworden war. Er wählte seine nächsten Worte vorsichtig und hoffte, daß das Summen in seinen Ohren lange genug abklingen würde, um sich auf seine Sache ausreichend konzentrieren zu können.
    „Ich widerspreche nicht gern einem so gelehrten Mann, wie Sie es sind, Hochwürden. Aber alles, was diese früheren Tests bewiesen, ist, daß es sich bei der Reliquie um das Leichentuch eines Mannes handelt, der gekreuzigt wurde. Es wurde in keiner Weise bewiesen, daß dies der Sohn Gottes war.“
    Der Primus lächelte. „Dies führt uns zu dem Punkt, warum Sie hier sind, Doktor. Wir sind ein Orden, der sich nicht vor der Wissenschaft fürchtet. Wie ich bereits erklärt habe, läßt sich unsere Gründung direkt auf die früheren Testresultate zurückführen. Ich habe herausgehoben, daß diese Entdeckungen trotz sehr beschränkter Mittel gemacht wurden. Die früheren Untersuchungen hatten nichts als das bloße Auge zur Verfügung. Die späteren Techniken konnten bereits auf Kameras, Mikroskope, die Carbon-14-Methode und den Gebrauch von Computern zurückgreifen. Diese Studien brachten viele wertvolle Ergebnisse zutage, waren aber stets durch die Tatsache begrenzt, daß sie den Gegenstand nicht beschädigen durften – abgesehen von Tests im Jahre 1973, bei dem einige kleine Proben von dem Leichentuch entfernt wurden. Die frühen Hüter des Tuches waren sehr korrekt und ließen es nicht zu, daß weitere Stücke aus der heiligen Reliquie herausgeschnitten wurden. Wenn jedem Wissenschaftler Proben zugebilligt worden wären, hätten wir heute nur noch ein Stück von Taschentuchgröße übrigbehalten.“
    „Deshalb gaben Sie meiner Bitte, das Leichentuch zu untersuchen, statt, da meine Untersuchungsmethoden völlig schadlos sind?“ fragte Frakes.
    „Das ist ein Grund unter anderen“, erwiderte der Primus. „Dennoch hatte ich eine schlaflose Nacht, bevor ich mich zu der Entscheidung durchringen konnte, Ihren Antrag zu gewähren. Wenn Sie einer von uns gewesen wären, wenn Sie daran geglaubt hätten, daß dies das Leichentuch unseres Erlösers ist, hätte ich Ihnen wahrscheinlich abgesagt.“
    „Ich verstehe immer noch nicht, Hochwürden.“
    „Es ist ganz einfach, Doktor Frakes. Sie werden mein Heide bei der Bergpredigt sein, mein römischer Soldat, der seiner Familie von der Kreuzigung schreibt. Sie stehen in keiner Verbindung zu unserem Orden und haben einen weltweiten Ruf als redlicher und gelehrter Wissenschaftler. Ich habe Sie lediglich deshalb gewählt, weil Sie keinerlei Interesse am Leichentuch als einer religiösen Reliquie haben. Für Sie ist das Tuch einfach ein Mittel, um weitere Daten für Ihr Spezialgebiet sammeln zu können. Mit anderen Worten, Sie haben keinen Grund zu lügen.
    Und so werden Sie Ihre Resultate veröffentlichen. Sie haben unsere heilige Reliquie für Ihre Zwecke gebraucht, also werde ich Ihre Ergebnisse für meine Zwecke gebrauchen. Ihr Wissenschaftler glaubt, daß der Zufall in eurer Arbeit eine große Rolle spielt, nicht wahr? Wir vom Orden neigen eher dazu, an etwas Persönlicheres zu glauben als an die blinden Auswirkungen einer Zufallsgesetzmäßigkeit. Ich fühle, daß es die Hand des Allmächtigen war, die Sie zu uns geführt hat, und ich will Ihre Entdeckungen benutzen zur höheren Ehre dessen, der Sie zu uns brachte. Nun, mein Herr, entschuldigen Sie meine Aufregung. Aber ich habe den größten Teil meines Erwachsenenlebens auf diesen Moment gewartet. Was können Sie uns über unsere heilige Reliquie sagen?“
    Frakes schluckte und wandte seine Augen ab. Ihm war schmerzlich bewußt, daß nun für ihn die Stunde der Wahrheit gekommen war. Er spürte das warnende Kneifen in seinem Magen, das er als sicheres Zeichen für das Schlimmerwerden seines Ulkus kannte, als er hartnäckig versuchte, die Erinnerung an diesen strengen, alten Prediger zu unterdrücken, dessen Herz er vor so vielen Jahren gebrochen hatte. „Wirst du mir jemals verzeihen Vater? Du warst es doch, der mir die Ehrlichkeit hineingeprügelt hat. Wenn du den Gürtel nicht so fest geschwungen hättest, könnte ich dem guten Mann vielleicht jetzt ins Gesicht schauen und lügen.“
    „Schießen Sie los, Doktor. Heraus damit. Was haben sie entdeckt?“
    „Wie wir es zuvor besprochen haben, Hochwürden, habe ich mich zunächst mit meinen Instrumenten auf das Abbild und nicht auf die Blutflecken konzentriert. Es war über Jahrhunderte hin ein Geheimnis, wie dieses Abbild in das

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