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Analog 04

Analog 04

Titel: Analog 04 Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Hans Joachim Alpers , Hans Joachim (Hrsg.) Alpers
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haben, zumindest für einen so scharfen Blick, wie er ihn besaß, denn plötzlich trat ein Ausdruck von Bedauern und Mitleid in sein Gesicht. Mein Herz zog sich zusammen. Es war auch für sein Geschick zuviel …
    „Verzeihen Sie mir, Sir“, sagte er voller Trauer. „Ich habe Sie auf meine Prognose warten lassen. Ich bin alt, und mein Kopf ist voller Pelz. Ich werde Sie, wie sagt man … erlösen.“
    Ich trank mein Glas leer, warf es in den Kamin, damit es mir Glück bringen möge, und klammerte mich an meinen Stuhllehnen fest. „Heraus damit.“
    „Sie wollen nicht wissen, ob diese Gitarre repariert werden kann. Darum geht es hier nicht. Sie wissen, daß jeder Trottel die Bruchstellen zusammensetzen und leimen und schrauben und basteln kann, um Ihnen dann etwas zurückzugeben, das genau wie eine Gitarre aussieht. Sie wollen wissen, ob diese Gitarre wieder das werden kann, was sie vor zwei Tagen war, und ich sage Ihnen die Antwort: in dieser Welt nie wieder.“
    Ich schloß meine Augen und holte tief Luft; all die verschiedenen vom Kater befallenen Stellen in meinem Körper erhoben sich und zuckten zugleich zusammen.
    Montoya redete noch immer. „… eine so schwere Verletzung muß in dem gesamten Instrument subtile Konsequenzen nach sich ziehen, mikroskopisch kleine Risse, winzige Schwachstellen. Niemand wäre in der Lage, sie alle zu finden, oder sie gar zu heilen. Wenn Sie mich aber fragen, ob ich, Domingo Montoya, es schaffen kann, Ihre Gitarre dem vorherigen Zustand so nahe zu bringen, daß Sie selbst keinen Unterschied bemerken, dann sage ich Ihnen, daß ich das glaube; ich kann außerdem das Summen am zwölften Bund beseitigen und den Steg erneuern.“
    Meine Ohren sausten.
    „Ich kann Ihnen den Erfolg nicht garantieren! Ich glaube aber, daß ich es schaffen kann. Ich werde zwei Monate dafür brauchen. Für diese Zeit werde ich Ihnen eine meiner Gitarren leihen. Sie müssen Ihre Finger für sie in Form halten, während sie für sie gesund wird. Sie haben sie freundlich behandelt, das kann ich sehen; sie wird Sie nicht unnötig warten lassen.“
    Ich konnte nichts sagen. Callahan stellte die Frage: „Wieviel verlangen Sie dafür, Don Domingo?“
    Er schüttelte den Kopf. „Das kostet nichts. Meine Augen und Hände verraten mir, daß diese Gitarre von einem alten Schüler, von Goldmann, gebaut worden ist. Er ist zu Gibson gegangen, und dann erkannte er die Richtung, die die Industrie einschlug. Er hat den Beruf gewechselt. Ich hatte immer gedacht, daß er mein Lehrer hätte werden können, wenn er weitergearbeitet hätte, weitergelernt hätte.“ Er liebkoste die Gitarre. „Es ist gut, seine Arbeit zu sehen. Ich möchte sie heilen. Der Hals, diese Kühnheit! Es muß ein Vergnügen sein, sie zu spielen, wenn man sich an sie gewöhnt hat, nicht wahr?“
    „So ist es. Ich danke Ihnen, Don Domingo.“
    „Niemand hier wird Ihr Geheimnis verraten“, sagte Callahan noch. „Ach ja, ich habe in meinem hinteren Raum einen Krug mit gutem altem spanischem Wein, den ich für einen Gentleman wie Sie aufbewahrt habe – darf ich Ihnen auf Kosten des Hauses ein Glas davon eingießen? Vielleicht noch ein Sandwich dazu?“
    Montoya lächelte.
    Ich rollte meinen Stuhl von ihm weg. „Eddie!“ rief ich.
    Der kleine Pianist las meinen Gesichtsausdruck, und seine Augen weiteten sich vor Schock und Schrecken. „Ach, Mensch“, sagte er und schüttelte den Kopf, „nein, nur das nicht“, und ich schoß aus meinem Stuhl wie ein Stein aus einer Schleuder. Eddie versuchte hastig, sich in Sicherheit zu bringen, aber starke Hände packten ihn und verhinderten seine Flucht. Ich stürzte mich auf ihn wie ein Raubvogel, schloß ihn in die Arme und küßte ihn auf den Mund, bevor er den Kopf wegdrehen konnte. Eine Explosion von Gelächter und Beifall erschütterte den Raum, und Eddie wurde feuerrot. „Ach, Mensch“, sagte er noch einmal.
    „Eddie“, rief ich, „das kann ich dir unmöglich jemals wiedergutmachen.“
    „Klar kannst du das“, rief er. „Laß mich los!“
    Noch mehr Gelächter und Beifall. Dann erhob Doc Webster seine Stimme.
    „Eddie, da hast du ein gutes Werk getan, und ich liebe dich dafür, und ich weiß, daß du gern direkte Methoden verwendest, und gegen das Ergebnis habe ich keine Einwände. Ich bin aber ehrlich gesagt etwas enttäuscht zu erfahren, daß du eine Pistole besitzt.“
    „Ich habe sie auf dem Weg nach Ohio gekauft“, sagte Eddie und löste sich mühsam aus meiner Umarmung. „Ich

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