Analog 4
Während dieser Zeit war Pjotr hinter ihnen an der Bar beschäftigt.
Als ich hörte, wie er sich räusperte, kam ich langsam zum Ende. Ich hörte, wie in der Entfernung eine Tür ins Schloß fiel, die Tür, die von dem Hinterzimmer nach draußen führte. „Deshalb ist es jetzt wichtig“, schloß ich und fand dabei eines jener künstlichen Holzscheite im Dunkeln, das ich in den Kamin legte, „nicht durchzudrehen und zu warten, bis der Krankenwagen kommt.“ Ich steckte den riesigen Feueranzünder in Brand und legte echte Ahorn- und Birkenscheite darauf. Das Feuer ging sofort an, was den größten Teil des Durcheinanders beseitigte. Callahan beugte sich über Tommy und rieb ihm tief am Genick mit einem Handtuch, sah auf und nickte. „Ich glaube, es geht ihm gut, Jake. Sein Atem geht viel leichter.“ Ein Beifallgeschrei erhob sich.
Als die Lichter wieder brannten, fuhr der Krankenwagen vor, und danach kam Webster wie ein wütendes Nilpferd zur Tür hereingestürzt. Er hatte drei Assistenten mitgebracht. Ich blieb nur noch so lange, bis ich von ihm die Bestätigung bekam, daß Tommy durchkommen würde, versprach Callahan, ihm die ganze Geschichte später zu erzählen, und verschwand durch die Hintertür.
Es machte weit mehr Spaß, den halben Block im Schritt als im Galopp hinter mich zu bringen. Ich fand Pjotr in seinem Schlafzimmer. Total betrunken, natürlich. Er torkelte in dem Zimmer herum und fluchte auf rumänisch.
„Hallo, Pjotr. Tut mir leid, daß ich dir die Scheibe eingeworfen habe.“
„Scheiß auf das Fenster. Jake, ist er …“
„Fein. Du hast ihm das Leben gerettet.“
Er runzelte grimmig die Stirn und setzte sich auf den Fußboden. „Es hat keinen Sinn, Jake. Vielen Dank, daß du versucht hast, mein Geheimnis zu bewahren, aber das geht nicht gut.“
„Nein, wahrscheinlich nicht.“
„Ich kann nicht weitermachen. Mein Gewissen verbietet es mir. Ich habe dem jungen Jansen geholfen, aber das muß aufhören. Ich sauge euch alle ein.“
„Aus, Pjotr. Du saugst uns aus. Aber tritt dich nicht zu fest. Welche Wahl blieb dir denn? Außerdem hast du viele Leute vor vielen Katern bewahrt, als du bei ihnen deine Blutwäsche vorgenommen hast. Ich habe nur zufällig einen ungewöhnlichen Stoffwechsel. Deshalb hast du mir nicht den Kater genommen, sondern mir einen gegeben. Und für dich war er dann doppelt so stark: Das Blut, das ich dir in den letzten beiden Nächten gegeben habe, kann nicht besonders gut gewesen sein.“
„Ich habe es gestohlen.“
„Na gut, vielleicht. Den Alkohol hast du mir aber nicht gestohlen – wir sind beide davon blau geworden. Einige Nährstoffe hast du mir tatsächlich geraubt –, aber ich nehme an, du hast mir auch noch eine erhebliche Menge giftiger Nebenprodukte von Ermüdung, schlechter Ernährung und langer Verzweiflung genommen. Deshalb sind wir wahrscheinlich quitt.“
Er zuckte zusammen und rollte die Augen. „Diese Drüsen in meinen Zähnen – das war scharfsinnig geraten, Jake – sind unglücklicherweise nicht sehr wählerisch. Alkoholismus war nicht die einzige unangenehme Folge meiner Arbeit in der Blutbank – noch eine ausgezeichnete Vermutung –, aber sie ist die einzige, die mir geblieben ist. Das muß aber aufhören. Morgen abend, wenn ich wieder nüchtern bin, gehe ich in Mr. Callahans Kneipe und gestehe, was ich getan habe – und dann ziehe ich für eine Entzugskur weg, an einen Ort, an dem sie das Blut nicht von Alkoholikern bekommen. Vielleicht zu Hause, in dem alten Land.“ Er begann, leise zu schluchzen. „Das wird in vieler Beziehung eine Erleichterung sein. Es war hart für mich. Ich habe mich ständig geschämt, weil ihr dachtet, ich sei eine Art Altruist, und die ganze Zeit habe ich …“ Er weinte.
„Pjotr, hör mir zu.“ Ich setzte mich neben ihn auf den Boden. „Weißt du, was die Leute morgen tun werden, wenn du es ihnen erzählst?“
Kopf schütteln.
„Also, ich weiß es so sicher, wie Gott kleine grüne Streifen zum Verschluß von Plastiktüten gemacht hat, und du weißt es auch, wenn du nur ein bißchen dein Gehirn anstrengst. Ich bin so sicher, daß ich bereit bin, hier und jetzt eine Wette um hundert Dollar in Gold darüber abzuschließen.“
Er starrte mich verwirrt an, und die Tränen quollen aus seinen Augen.
„Sie werden eine Sammlung für dich veranstalten, du Arsch!“
Er glotzte mich an.
„Du hängst dort jetzt schon seit Jahren herum, und du weißt, daß ich recht habe. Jeder Mann und jede
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