Analog 5
bevor die Stadt Isvall nach Jafta abfliegt.“
Ich lächelte. „Geh du nur schon vor. Bei einem verliebten Mann gibt es einige körperliche Reaktionen, die Zeit brauchen, um sich zu legen, bevor er seinen zukünftigen Schwiegervater begrüßt!“
Sie küßte mich noch einmal leicht auf die Wange. „Beeile dich und komme, sobald du kannst.“
Damit war sie verschwunden, und ich blieb allein zurück, um auf die Stadt hinauszuschauen und nachzudenken. Felira hatte ein Thema angesprochen, das mich nachdenklich gemacht hatte, und ich brauchte Zeit, um Ordnung in meine Gefühle zu bringen, bevor ich mich den Feierlichkeiten unten anschloß.
Was war, wenn Dal recht hatte und alles, was mir passiert war, seit ich mich der Zeitwache angeschlossen hatte, mir vom Schicksal vorausbestimmt war?
Selbst die entfernte Möglichkeit jagte mir eine ungeheure Angst ein. Ich freute mich an der Freiheit, die sich daraus ergibt, wenn man zu der namenlosen Masse der Geschichte gehört. Die Verborgenheit bringt Annehmlichkeiten mit sich.
Auf der anderen Seite mußte ich zugeben, daß mehr als ein Beweis Dals Meinung bestätigte. Wie groß war zum Beispiel wirklich die Möglichkeit, daß ich genau in der Nacht über Jana Dougwaix stolpern sollte, in der die Dalgir-Killer meine Lebensversicherung einkassieren wollten? Oder später, in der Fyarlson-Zeitlinie. Wie wahrscheinlich war es, daß wir in der gesamten Parazeit genau die einzige Dalgiri-Basis finden sollten, in der wir einen unbeschädigten, funktionsfähigen Teleportationsgenerator in unsere Hände bekommen konnten? Und danach, als wir nach den Erfindern des Generators suchten, hatte nur das ungeheuerlichste Glück Jana und mich zu der Höhle auf dem Mond geführt, bevor Felira der Sauerstoff ausging.
Wie lange kann man noch von Zufall reden, bis man sich völlig lächerlich macht?
Also entschloß ich mich nach sieben schlaflosen Nächten, die mir dunkle Ringe unter die Augen malten, das zu tun, was jede geistig gesunde Person tut, die sich mit Fakten konfrontiert sieht, die für ein Urteil nicht ausreichen. Ich beschloß, das Problem zu ignorieren, und hoffte, es würde verschwinden. In der Zwischenzeit würde ich die Dinge nehmen, wie sie kamen. Das Leben ist zu kurz, um sich mit Sorgen über Probleme, über die man keine Kontrolle hat, in ein frühes Grab zu bringen.
Und Nummer eins in meinem Plan, die Dinge so zu nehmen, wie sie kamen, war der Heiratsantrag an Felira. Nach der Hochzeit wollte ich ihr die Attraktionen der Föderation vorführen und vielleicht sogar Station in Euro-Amerika machen, wenn ich die Zeitwache zu einer Genehmigung dafür überreden konnte.
Danach lag die gesamte restliche Parazeit zur Entdeckung vor uns. Beginnen wollte ich mit der rätselhaften Zivilisation ‚X’. Nach Dals Zeitplan sollte der erste Spähtrupp fast genau ein Jahr nach dem Tag ausrücken, an dem unsere Retter durch das Portal auf dem Mond von Syllsin gebrochen waren. Dal hatte bereits angedeutet, daß ich darin einen Platz bekommen würde, wenn ich das wollte (zweifellos in meiner üblichen Eigenschaft als ‚Hasenpfote’). Ich hatte vor, ihn in dieser Angelegenheit beim Wort zu nehmen. Wer weiß, vielleicht gelang es mir dabei, ihn zu überraschen und mich nützlich zu machen.
Denn eines ist so deutlich wie die Nase in Dals Gesicht: Die Bewohner der Zivilisation ‚X’ sind zu gefährlich, um unsere Feinde zu sein. Ob es nun Menschen sind oder nicht, wir müssen sie als Freunde gewinnen, wenn sich Talador nicht in einen weiteren tausendjährigen Krieg verwickeln lassen will.
Zum Glück waren die Taladoraner inzwischen weit fähiger dazu, Freundschaften zu schließen, als sie das noch vor wenigen Jahren gewesen waren. Wenn die ständigen Krisen, die in der letzten Zeit über sie hereingebrochen waren, sie etwas gelehrt hatten, so war das eine größere Toleranz gegenüber Völkern mit einer anderen Lebensart. Zuerst war da Euro-Amerika gewesen, von dem Talador gelernt hatte, daß die Sterne mehr sind als hübsche Lichter am Himmel, und dann Syllsin mit dem Teleportationsgenerator.
Natürlich bringen radikale Veränderungen in der menschlichen Gesellschaft immer auch einige Schwierigkeiten mit sich. Bei manchen Angehörigen des obersten Rats hatte ich eine Tendenz festgestellt, noch immer zu grob mit anderen Kulturen umzugehen, aber sie gaben sich wenigstens Mühe. In den kommenden Jahren würde es meine Aufgabe sein, sie immer wieder in die richtige Richtung zu
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