Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Analog 6

Analog 6

Titel: Analog 6 Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: H. J. Alpers
Vom Netzwerk:
höhnisch.
    „Ja. Aber da hatte ich noch nicht mit einem Wesen von deiner Art kommuniziert. Deine Bewußtseinsebene läßt darauf schließen, daß du über Ansätze zu einem Moralgefühl verfügst. Es scheint auf bewußtem Denken aufzubauen. Wenn das tatsächlich so ist, sollten wir dir vielleicht das Leben lassen.“
    Crowell lachte. „Du bist noch verrückter, als ich dachte.“ Ohne ein weiteres Wort drehte er sich um und ging zu der Spur zurück, die Nunez’ Mörder hinterlassen hatten. Ihre Fährte führte über mehrere Kilometer etwa parallel am Fluß entlang. Als Crowell auf ältere Spuren stieß, die sich mit den neuen vermischten, wurde er vorsichtiger. Er wußte, daß ihr Lager ganz in der Nähe sein mußte. Die ganze Zeit über hatte er gehofft, auch einmal größere Fußabdrücke zu finden, aber es waren immer die gleichen, kleinen Spuren. Crowell schloß daraus, daß die Mißgeburt für das Unternehmen nur Frauen angeheuert hatte. Vielleicht waren es auch Männer, die die gleiche Statur hatten wie der kleine Bursche selber, und er hatte sie ausgewählt, damit er sich nicht unterlegen fühlte.
    Als die Häufigkeit der Fußspuren darauf schließen ließ, daß sich das Lager unmittelbar vor ihm befand, machte Crowell einen Bogen und ging mit äußerster Vorsicht weiter. Als er den Rand einer Lichtung erreichte, sah er das Schiff.
    Es war ein matter Metallzylinder mit einem Durchmesser von etwa drei Metern. So etwas hatte Crowell noch nie zuvor gesehen. Aber er war sich sofort sicher, daß es sich um ein Schiff handeln mußte. Die beiden Wesen, die er verfolgt hatte, machten sich an einem kleinen Tisch auf dem Boden direkt neben dem Zylinder zu schaffen. Zu seinem Schrecken stellte Crowell fest, daß sie dem Burschen, den er an die Agave gefesselt hatte, aufs Haar glichen. Dann mußten es tatsächlich Außerirdische sein. Eine solche Mißgeburt konnte auf der Erde zur Welt kommen, aber nicht drei von ihnen. Und dann war da noch dieser Zylinder, eindeutig ein Raumschiff oder vielleicht eine Art Raumfähre, mit der sie ihr eigentliches Schiff erreichen konnten. Wie dem auch sei, dachte Crowell grimmig, dies waren die Ungeheuer, die seinen Piloten getötet hatten.
    Er zielte sorgfältig und feuerte schnell hintereinander zwei Schüsse ab. Die Kreaturen fielen ohne einen Laut zu Boden. Er wartete ab, ob weitere Wesen aus dem Schiff herauskommen würden, doch dann entschied er, daß außer den beiden niemand mehr hier war, und er wagte sich hinaus auf die Lichtung.
    Zunächst untersuchte er die beiden Kreaturen und stellte mit grimmigem Kopfnicken fest, daß seine Kugeln ihnen den größten Teil der Köpfe weggerissen hatten. Dann ging er zum Tisch hinüber.
    „Nunez!“ sagte er laut und sprang unwillkürlich einen Schritt zurück. Die Außerirdischen hatten an zwei menschlichen Köpfen hantiert. Einer gehörte offensichtlich zu dem Indianer, und den anderen hatte man seinem Piloten abgeschnitten.
    Crowell versuchte ins Schiff zu steigen, aber er konnte nirgends eine Tür finden. Neben dem Tisch entdeckte er einen Gegenstand, der ihm wie ein Werkzeugkasten vorkam. Er hob ihn hoch, warf noch einen schnellen Blick auf die Köpfe auf der Tischplatte und trat dann den Rückweg ins Lager an.
    Die Köpfe, sagte er zu sich selbst, sind Trophäen, und das Blut … Bei dem Gedanken zuckte er zusammen und blieb stehen. Vielleicht tranken sie das Blut, so wie Jäger manchmal das Fleisch ihrer Beutetiere verzehren.
    Anders als Brooks war Crowell kein introvertierter Mensch. Und er war auch nicht dumm. Brooks hatte ihm einmal vorgehalten, daß er sein Leben so aktiv gestaltete, weil er dem Nachdenken entgehen wollte. Das war in einem Streit geschehen, und daher hatte Crowell ihm schnell verziehen. Doch später, bei seinen seltenen Augenblicken der Selbstanalyse, mußte er sich eingestehen, daß ein gut Teil Wahrheit in diesen Worten lag. Während er mit der Aufgabe beschäftigt war, den Tod des Piloten zu rächen, hatte er kaum nachgedacht. Er hatte sich lieber auf Annahmen und vorgefaßte Meinungen verlassen. Doch jetzt, da das gesteckte Ziel erreicht war, setzten ihm die Tatsachen zu, und die Tatsachen sprachen eher gegen seine Vermutungen.
    Die Mißgeburt und er selbst hatten viel miteinander gemein. Dieser Gedanke verursachte Crowell einen bitteren Geschmack im Mund. War ihm nicht gestern noch selbst die Überbevölkerung auf der Erde wieder einmal bewußt geworden? Er hatte sich über die Menschen beklagt, die sich

Weitere Kostenlose Bücher