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Anastasija 06 - Widrige Umstände

Anastasija 06 - Widrige Umstände

Titel: Anastasija 06 - Widrige Umstände Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Alexandra Marinina
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persönlich bedankt. Sie haben mir sehr gefallen. Aber verboten ist verboten.«
    »Für uns ist es der schönste Dank, wenn Sie sich wieder an unsere Firma wenden.«
    Nach dieser Standardfloskel schob Dima seinen Klienten sanft zum Ausgang. Nun geh doch endlich, dachte er erschöpft. Es ist zwei Uhr nachts, ich will ins Bett, und du nervst mich hier mit deiner Dankbarkeit.
    »Guten Flug, Arkadi Leontjewitsch! Wenn Sie wieder nach Moskau kommen – wir stehen Ihnen zu Diensten.«
    »Ja, ja, auf jeden Fall, Dima, auf jeden Fall. Ich werde mich nur an Ihre Agentur wenden. Nochmals vielen Dank!«
    Als Dima Sacharow Arkadi Leontjewitsch verabschiedet hatte, atmete er erleichtert auf. Für die Sicherheit eines ängstlichen Millionärs zu sorgen war kein leichter Job.
    Dima verließ das Flughafengebäude und rannte zu seinem Auto. In den knapp zwei Stunden, die er mit dem Klienten auf dem Flughafen rumgesessen hatte, war der Regen nicht schwächer, sondern eher heftiger geworden. Sacharow ließ den Motor an und wollte schon losfahren, als er eine Frau bemerkte, die langsam aus Richtung der Ankunftshalle kam. Sie hatte keinen Schirm, trug eine große Sporttasche und erschien Dima furchtbar unglücklich. Die Busse in die Stadt fuhren nicht mehr, und Dima dachte mitleidig, die Frau müsse nun entweder bis zum Morgen in ihrer völlig durchnässten Kleidung im Flughafen auf ihrer Tasche sitzen, wobei sie sich todsicher erkälten würde, oder ein Taxi nehmen, das bestimmt doppelt so viel kostete, wie sie im Monat verdiente.
    Sacharow gab der Frau Lichtzeichen und fuhr auf sie zu.
    »Wollen Sie in die Stadt?«, fragte er, nachdem er ein Seitenfenster heruntergelassen hatte.
    »Südwesten, Wolginstraße. Nehmen Sie mich mit?« Dima hörte aus ihrer Stimme weder Freude noch Erleichterung heraus, nur resignierte Schicksalsergebenheit.
    »Steigen Sie ein.« Dima ließ die Scheibe rasch wieder hoch und öffnete ihr die Tür.
    Bevor er losfuhr, fragte er:
    »Sie wissen, wie viel das kostet?«
    »Ich ahne es«, sagte sie und platzierte die Tasche auf ihrem Schoß.
    »Tausend«, erklärte Sacharow und sah sie abwartend an. Bei sich hatte er beschlossen, die Frau auf jeden Fall in die Stadt zu fahren, selbst wenn sie kein Geld hatte, denn er musste sowieso über den Südwesten fahren. Doch die Gleichgültigkeit der Passagierin, die ein solches Glück gehabt hatte, mitten in der Nacht für ein Drittel des üblichen Preises vom Flughafen nach Hause zu kommen, kränkte ihn.
    »Ja, ja, selbstverständlich«, sagte die Frau zerstreut. »Normalerweise ist es doch teurer, oder irre ich mich?«
    »Sie irren sich nicht.« Dima lächelte. »Taxis und Private nehmen für diese Strecke nachts mindestens dreitausend.« »Und Sie?«
    »Ich bin kein Schwarztaxi. Ich habe einen Freund zum Flughafen gebracht und wollte nach Hause. Dann sah ich Sie, völlig durchnässt, unglücklich und mit einer schweren Tasche in der Hand, und mir kamen vor Mitleid fast die Tränen. Für dreitausend wären Sie doch nicht mitgefahren, stimmt’s?«
    »Stimmt«, bestätigte sie trocken. Dennoch war Dima sich sicher, dass sie überhaupt kein Geld hatte, nicht einmal tausend Rubel.
    Im Licht der Straßenlampen versuchte er unauffällig seine Begleiterin genauer zu betrachten. Sie war um die dreißig, vielleicht etwas älter, sah müde aus, hatte kurzes schwarzes Haar, war stark geschminkt, nicht teuer gekleidet und trug billigen Modeschmuck. Als sie in einer Kurve in seine Richtung geschleudert wurde, roch Dima ein erlesenes Parfüm: Zinnabar – mit Parfüms kannte er sich aus. Komisch, dachte Dima erstaunt, ihr Parfüm kostet so viel wie ihre ganze Kleidung zusammen.
    Die Frau zog den Reißverschluss ihrer Sporttasche auf, nahm ein kleines Handtuch heraus und trocknete sich das Haar ab.
    »Warum haben Sie bei dem Regen keinen Schirm dabei?«, fragte Dima teilnahmsvoll.
    »Ich nehme auf Dienstreisen nicht gern Überflüssiges mit«, antwortete sie knapp. Dann besann sie sich offenbar und wurde etwas höflicher. »Man weiß nie, wo man landet, darum muss die Tasche so leicht wie möglich sein. Finden Sie nicht auch?«
    »Sie reisen viel?«, erkundigte sich Sacharow.
    »Kommt darauf an.« Die Frau zuckte die Achseln. »Manchmal sitzt man das ganze Jahr in Moskau, wird von keinem behelligt, und dann jagt plötzlich eine Dienstreise die andere, man kommt kaum dazu, die Tasche auszupacken.«
    »Was machen Sie denn beruflich?« Dima hatte nichts gegen eine belanglose Plauderei,

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