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ANDERSENS MÄRCHEN ((Sämtliche Werke)) (German Edition)

ANDERSENS MÄRCHEN ((Sämtliche Werke)) (German Edition)

Titel: ANDERSENS MÄRCHEN ((Sämtliche Werke)) (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Hans Christian Andersen , H.C. Andersen
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    Alles am rechten Platz
     
    Es ist über hundert Jahre her.
     
    Da lag hinter dem Walde an dem großen See ein alter Herrenhof, der war rings von tiefen Gräben umgeben, in denen Kolbenrohr, Schilf und Röhricht wuchsen.
     
    Drüben vom Hohlwege herüber erklangen Jagdhornruf und Pferdegetrappel, und deshalb beeilte sich das kleine Gänsemädchen, die Gänse auf der Brücke zur Seite zu treiben, ehe die Jagdgesellschaft herangaloppiert kam.
     
    Sie kamen so geschwind daher, daß sie hurtig auf einen der großen Steine an der Seite der Brücke springen mußte, um nicht unter die Hufe zu kommen. Ein halbes Kind war sie noch, fein und zierlich, doch mit einem wunderbaren Ausdruck im Antlitz und in den großen, hellen Augen; aber das sah der Gutsherr nicht. Während seines sausenden Galopps drehte er die Peitsche in seiner Hand, und in roher Lust stieß er sie mit dem Schafte vor die Brust, daß sie hintenüber fiel.
     
    "Alles am rechten Platze!" rief er, "in den Mist mit Dir." Und dann lachte er; denn es sollte ein guter Witz sein, und die anderen lachten mit. Die ganze Gesellschaft schrie und lärmte und die Jagdhunde bellten, es war ganz wie im Liede: "Reiche Vögel kommen geflogen."
     
    Gott weiß, wie reich er damals war.
     
    Das arme Gänsemädchen griff um sich, als sie fiel und bekam einen der herabhängenden Weidenzweige zu fassen. An diesem hielt sie sich krampfhaft über dem Schlamm, und sobald die Herrschaft und die Hunde im Tore verschwunden waren, versuchte sie, sich heraufzuarbeiten. Aber der Zweig brach oben am Stamme ab und das Gänsemädchen fiel schwer zurück ins Rohr. Im selben Augenblick griff von oben her eine kräftige Hand nach ihr. Es war ein wandernder Hausierer, der ein Stückchen weiter davon zugesehen hatte und sich nun beeilte, ihr zu Hülfe zu kommen.
     
    "Alles am rechten Platze!" sagte er höhnend hinter dem Gutsherrn her und zog sie auf das Trockene. Den abgebrochenen Zweig drückte er gegen die Stelle, wo er sich abgespalten hatte, aber "alles am rechten Platze" läßt sich nicht immer tun. Deshalb steckte er den Zweig in die weiche Erde. "Wachse, wenn Du kannst und schneide denen dort oben auf dem Hofe eine gute Flöte." Er hätte dem Gutsbesitzer und den seinen wohl einen tüchtigen Spießrutenmarsch gegönnt. Dann ging er in den Herrenhof, aber nicht oben in den Festsaal, dazu war er zu geringe. Er ging zu den Dienstleuten in die Gesindestube und sie beschauten seine Waren und handelten. Aber oben von der Festtafel tönte Gekreisch und Gebrüll, das sollte Gesang vorstellen, sie konnte es nicht besser. Es klang Gelächter und Hundegebell. Es war ein wahres Freß- und Saufgelage. Wein und altes Bier schäumten in Gläsern und Krügen und die Leibhunde fraßen mit. Ein oder das andere von den Tieren wurde von den Junkern geküßt, nachdem sie ihnen erst mit den langen Hängeohren die Schnauzen abgewischt hatten. Der Hausierer wurde mit seinen Waren heraufgerufen, aber nur, damit sie ihre Späße mit ihm treiben konnten. Der Wein war drinnen und der Verstand draußen. Sie gossen Bier für ihn in einen Strumpf, daß er mittrinken könne, aber geschwind! Das war nun ein außerordentlich feiner Einfall und sehr zum Lachen. Ganze Herden Vieh, Bauern und Bauernhöfe wurden auf eine Karte gesetzt und verloren.
     
    "Alles am rechten Fleck!" sagte der Hausierer, als er wohlbehalten aus dem Sodom und Gomorra, wie er es nannte, entronnen war. "Die offene Landstraße, das ist der rechte Platz für mich, dort oben war mir nicht wohl zumute." Und das kleine Gänsemädchen nickte ihm von der Feldgrenze aus zu.
     
    Und es vergingen Tage und es vergingen Wochen, und es zeigte sich, daß der abgebrochene Weidenzweig, den der Hausierer neben dem Wassergraben in die Erde gesteckt hatte, sich ständig grün hielt, ja er trieb sogar neue Zweige. Das kleine Gänsemädchen sah, daß er Wurzel gefaßt haben mußte und sie freute sich von ganzem Herzen darüber, denn es war ihr, als gehöre der Baum ihr.
     
    Ja, mit dem Baume ging es vorwärts, aber mit allem anderen auf dem Hofe ging es durch Trunk und Spiel mit großen Schritten rückwärts. Das sind zwei Rollen, auf denen nicht gut stehen ist.
     
    Nicht ganz sechs Jahre waren vergangen, da wanderte der Gutsherr mit Sack und Stock, als armer Mann, vom Hofe. Der wurde von einem reichen Hausierer gekauft und es war derselbe, der einst dort zum Spott und Gelächter gemacht worden war, als man ihm Bier in einem Strumpfe darbot. Aber Ehrlichkeit

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