Ange Pitou, Band 1
einmal verwundet, es hatte sich nur das Brett unter seinem Fuße gedreht. Er hatte nur ein Schlammbad genommen, und nichts andres.
Auf die Schweizer war man hauptsächlich erbost; doch man fand keine Schweizer mehr. Sie hatten Zeit gehabt, Kittel von grauer Leinwand anzuziehen, und man hielt sie für Knechte oder für Gefangene. Die Menge zerschmetterte mit Steinwürfen die zwei Gefesselten der Uhrtafel. Die Menge eilte auf die Höhe der Türme, um die Kanonen zu beschimpfen, die den Tod gespieen hatten. Die Menge packte die Steine an und machte sich die Hände blutig, indem sie dieselben ausreißen wollte.Als man die ersten Sieger auf der Plattform erscheinen sah, ließ alles, was außen war, das heißt, hunderttausend Menschen, ein ungeheures Geschrei vernehmen.
Dieses Geschrei erhob sich über Paris und schwang sich wie ein Adler mit raschen Flügeln über Frankreich hin:
Die Bastille ist genommen!
Bei diesem Ruf zerschmolzen die Herzen, befeuchteten sich die Augen, öffneten sich die Arme; es gab keine entgegengesetzte Parteien, keine feindliche Kasten mehr; alle Pariser fühlten, daß sie Brüder, alle Menschen begriffen, daß sie frei waren.
Eine Million Menschen hielt sich in gegenseitiger Umarmung.
Billot und Pitou waren im Gefolge den einen und den andern voranschreitend eingedrungen; sie wollten nicht ihren Anteil am Triumph, sondern die Freiheit der Gefangenen.
Als sie durch den Hof des Gouvernements kamen, gingen sie an einem Mann in grauem Rock vorüber, der ruhig und die Hand auf einen Stock mit goldenem Knopf gestützt da stand. Dieser Mann war der Gouverneur. Er wartete unbeweglich, bis entweder seine Freunde ihn retten, oder seine Feinde ihn erschlagen würden.
Billot, als er ihn erblickte, erkannte ihn sogleich, gab einen Schrei von sich und ging gerade auf ihn zu.
De Launay erkannte den Pächter auch. Er kreuzte die Arme und wartete, Billot anschauend, als wollte er zu ihm sagen:
Bist du es, der mir den ersten Streich versetzen wird?
Billot begriff und blieb stehen.
Wenn ich mit ihm spreche, sagte er zu sich selbst, so mache ich, daß man ihn erkennt; wird er erkannt, so ist er tot.
Doch wie den Doktor Gilbert inmitten dieses Chaos finden? Wie der Bastille das in seinen Eingeweiden verschlossene Geheimnis entreißen?
Dieses ganze Zögern, dieses ganze heldenmütige Bedenken begriff de Launay ebenfalls.
Was wollen Sie? fragte halblaut de Launay.
Nichts, erwiderte Billot, indem er mit dem Finger aufdas Thor deutete, um ihm zu bezeichnen, die Flucht sei noch möglich. Nichts. Ich werde den Doktor Gilbert wohl finden können.
Dritte Bertaudiere, antwortete de Launay mit weicher, beinahe gerührter Stimme.
Und er blieb auf derselben Stelle.
Plötzlich sprach eine Stimme hinter Billot:
Ah! hier ist der Gouverneur.
Die Stimme war ruhig, als ob sie nicht dieser Welt angehört hätte, und dennoch fühlte man, daß jedes Wort, das sie gesprochen, ein scharfer, gegen die Brust von de Launay gerichteter Dolch war.
Gonchon hatte so gesprochen.
Bei seinen Worten, wie beim Schalle einer Sturmglocke bebten alle diese rachetrunkenen Menschen; sie schauten mit flammenden Augen umher, erblickten de Launay und stürzten auf ihn los.
Retten Sie ihn, oder er ist verloren, sagte Billot, an Elie und Hullin vorübergehend.
Helfen Sie uns, erwiderten die zwei Männer.
Ich muß hier bleiben, ich habe auch einen zu retten.
In einem Augenblick war de Launay von tausend Händen bedroht, emporgehoben, fortgeschleppt.
Elie und Hullin eilten ihm nach und riefen:
Haltet ein, wir haben ihm Schonung seines Lebens zugesagt.
Das war nicht wahr; doch die erhabene Lüge drang gleichzeitig aus diesen zwei edlen Herzen hervor.
Unter dem Geschrei: Nach dem Stadthaus! nach dem Stadthaus! war de Launay, gefolgt von Elie und Hullin, in einer Sekunde durch den Gang verschwunden, der aus der Bastille führt.
De Launay, eine lebendige Beute, war für gewisse Sieger so viel wert, als die tote Beute der Bastille.
Sie bot übrigens ein seltsames Schauspiel, die traurige, schweigsame Feste, seit vier Jahrhunderten nur durch Wachen, Kerkermeister und einen düstern Gouverneur besucht, nun aber die Beute des Volks geworden, das in den Höfen umherlief,die Treppen auf- und abstieg, wie ein Bienenschwarm summte und den Granitkorb mit Bewegung und Geräusch erfüllte.
Billot schaute de Launay einen Augenblick nach; dieser wurde mehr fortgetragen, als geführt, und schien über der Menge zu schweben.
Doch in einer Sekunde
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