Angélique - Hochzeit wider Willen
darauf tauchten zwei mit Planen abgedeckte Wagen auf, die Weinfässer und Fässchen eines berühmten Branntweins – Armagnac – brachten; ein Geschenk zur Hochzeit des Grafen de Peyrac.
Also wirklich, das konnten diese Leuten doch nicht ernst meinen!
Angélique war bitter enttäuscht. Ihr wurde klar, dass sie während der Stunden des Wartens gehofft hatte, die Bordelaiser würden sie gefangen nehmen. Dann wäre alles in Ordnung gewesen... Zumindest eine Zeit lang! Niemand hätte ihr vorwerfen können, sie hätte das Versprechen, den Grafen de Peyrac zu heiraten, nicht gehalten, das sie dem Verwalter Molines gegeben hatte, um ihre Familie zu retten.
Doch jetzt sah es aus, als könne nichts mehr den Fortgang dieser Reise aufhalten, die sie unentrinnbar auf diesen schrecklichen Mann zuführte und sie seiner Macht ausliefern würde.
Die Übernachtung in einem kleinen Schloss, wo man sie
zwar nicht erwartet hatte, aber zuvorkommend aufnahm, tröstete sie nicht, wenngleich sie sich Mühe gab, freundlich zu ihren Gastgebern zu sein, die sie nach bestem Vermögen empfingen. Bei Tisch erzählten ihre Reisegefährten angeregt und in allen Einzelheiten davon, wie sie es angestellt hatten, den Bordelaisern diese alkoholischen Kostbarkeiten – sechs schöne Fässer Wein und zwei Fässchen Branntwein aus dem Lande Armagnac – zu entlocken, was auch erklärte, warum sie sich zu dieser späten Stunde eingestellt hatten. Denn sie hätten die vorgesehene Strecke nicht zurücklegen können, und Madame de Peyrac sei müde.
Doch der Baron de la Braide und seine Gattin, friedliche Landadlige und anscheinend nicht allzu sehr durch gesellschaftliche Zerstreuungen verwöhnt, freuten sich über ihren Besuch. Das Paar war noch jung und hatte zweifellos einige Kinder, die schon oben in großen Betten schliefen.
Man sprach von Reben und Weinen und kostete Gerichte in Saucen, die mit verschiedenen Kräutern – Bohnenkraut, Thymian und Basilikum – gewürzt waren und zu Hase und Wassergeflügel serviert wurden.
Obwohl das herrschaftliche Paar sich äußerst höflich zeigte und an der allgemeinen Fröhlichkeit Anteil nahm, legten die beiden Angélique gegenüber eine gewisse Zurückhaltung an den Tag, und sie war überzeugt davon, dass sie sie von Zeit zu Zeit verlegen und vielleicht auch voller Mitleid ansahen. Der Marquis d’Andijos hatte dieses Verhalten ebenfalls bemerkt.
»Die Nachricht von der Heirat des Grafen de Peyrac hat die ganze Provinz in Aufruhr versetzt...«, erklärte er ihr vertraulich, als er ihr auf der Schwelle des Zimmers, das man für sie hergerichtet hatte, die Hand küsste. »Denkt doch! Monsieur und Madame de la Braide werden die Ersten sein, die Euch gesehen haben! Eure Schönheit hat sie überwältigt! Und jetzt
verstehen sie es auch. Denn niemand hätte erwartet, dass ein solcher Mann... Heiraten! ER! Jeder hat sich gefragt, warum er diesen unwiderruflichen Schritt tut. Aber jetzt ist natürlich alles klar! Eure Schönheit ist der Grund.«
Am liebsten hätte Angélique ihm alles gestanden, ihm von der Mine in Argentières erzählt und ihm erklärt, dass ihre Schönheit mit dem Ganzen nichts zu tun habe. Aber wenn man ihm glauben wollte, entzückte sich bereits eine ganze Provinz an dieser Geschichte, in der sie die Rolle einer Sagengestalt spielte.
Für sie gab es kein Entkommen mehr.
Inzwischen hatte sie geradezu den Eindruck einer Entführung oder einer gewaltsamen Trennung, so als würde sie unentrinnbar davongezerrt, ohne dass sie mit ihrem Willen etwas dagegen tun konnte. Sie fühlte sich schwach, feige und hilflos.
Etwas hatte sich verändert.
Wenn sie Rast machten, bemerkte sie, dass die Menschen kein Französisch mehr sprachen.
»Wir haben ja auch die Grenze überquert«, meinte der Marquis d’Andijos, als wäre das die natürlichste Sache der Welt.
Besorgt sah Angélique ihn an.
Eine Grenze? Brachte man sie etwa nach Spanien? Davon hatte Molines nichts gesagt. Als Andijos ihre Miene bemerkte, beruhigte er sie.
»Keine Angst! Wir befinden uns immer noch im Königreich Frankreich! Aber es ist nicht mehr dasselbe Frankreich.«
»Was meint Ihr damit?«
War das Land, über das König Ludwig XIV. regierte, etwa zweigeteilt?
Andijos stimmte ihr zu. Genau! Es gab eine Grenze! Allerdings, das Land war in zwei Teile gespalten! Und zwar schon seit den ersten Jahrhunderten der christlichen Zeitrechnung.
Angélique erkundigte sich, wo genau die Grenze durch das Königreich
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