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Animus

Animus

Titel: Animus Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Marina Heib
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hauptsächlich Legionäre um sich versammelt«, ergriff Lucy das Wort.
    »Was willst du damit sagen?«, fragte ich.
    »Idealisten kämpfen verbissen, wenn die Lage aussichtslos ist. Legionäre geben auf, wenn sie keinen Vorteil mehr für sich sehen. Oder keinen Boss mehr haben. Man muss der Schlange den Kopf abhacken.«
    Snyder schüttelte den Kopf. »Wir kommen an Calvert nicht ran. Um das Oval Office sind die meisten der Terroristen postiert. Was Sie auf dieser Aufnahme nicht sehen können, aber auf den Monitoren der Überwachungskameras: Auf einem der beiden Sofas vor dem Schreibtisch sitzen die First Lady und ihre Tochter in Fesseln. Als menschliche Schutzschilder für Calvert. Wir haben im Moment kein sicheres Szenario, wie wir die beiden überhaupt retten können. Wir vermuten, dass Calvert sich noch etwas Spaß im Weißen Haus gönnt, um sich dann mit den beiden einen freien Abzug zu erpressen. Selbst wenn wir ihm das gewähren würden, wären die beiden tot, sobald er sich in Sicherheit wähnt. Im Übrigen haben wir Calvert schon fünfzig Millionen auf ein Konto auf den Caymans überweisen müssen, um die beiden wenigstens für den Moment zu schützen. Er muss nur noch einen sauberen Abgang hinlegen, dann hat er auf ganzer Linie gewonnen und geht in die Geschichte ein.«
    » Ich komme an ihn ran«, sagte Lucy. »Wir sind uns zwar noch nie begegnet. Aber er weiß, wie ich aussehe. Wer ich bin. Und dass er ohne mich nicht da wäre, wo er jetzt ist – wichsend im Präsidentensessel.«
    Mir gefiel nicht, was Lucy dann vorschlug. Es war vage, kaum zu planen, fast willkürlich. Und sehr gefährlich. Aber es war eine Chance. Also stellte ich nur eine Bedingung: Ich würde mitkommen.

54. Chaos
    Lucy, 43, Sensor Stufe 10
    Ursprünglich hatte ich die Idee, durch einen der Geheimgänge direkt im Weißen Haus aufzutauchen. Doch Snyder und March waren dagegen. Man sollte Conrad nicht mit der Nase auf die beste Möglichkeit der gegnerischen Offensive stoßen. Auch wenn in der Bevölkerung schon immer über diese Geheimgänge gemutmaßt worden war, galten sie bislang als Legende. Also wurden wir bis zum Lincoln Memorial in den Constitution Garden gebracht. Der Schnee lag wie Puderzucker auf Bäumen, Sträuchern und Wiesen. Die Natur wirkte unendlich friedlich.
    Nun waren wir auf uns allein gestellt. Das Gelände um das Weiße Haus war weiträumig abgeriegelt. Keiner kam rein, keiner kam raus. Zumindest nicht lebend.
    Wir überquerten die 17. Northwest, ab da hatten Conrads Leute die Oberhand. Die sonst so häufig vom Großstadtverkehr verstopfte Straße war vollkommen ausgestorben, es hatte etwas Gespenstisches. Im Park hinter der 17. wurden wir von Conrads Schergen abgefangen. Es waren drei noch sehr junge Typen mit modernsten Schnellfeuerwaffen und Handgaranten am Gürtel. Glücklicherweise fragten sie, bevor sie schossen. Vermutlich war ihr Blutdurst im Laufe der letzten achtundvierzig Stunden gestillt worden. Ich erklärte ihnen, dass ich eine Verbündete von Calvert wäre und ihn dringend sprechen müsse. Über Funk setzten sie sich mit Conrad in Verbindung. Es dauerte eine Weile, bis Conrad selbst am Apparat war. Er beauftragte die Jungs, uns zu ihm zu bringen.
    Als wir die Constitution Avenue Richtung Ellipse überquerten und die Südfront des Weißen Hauses in Sicht kam, geriet ich plötzlich und unerwartet in meine eigene Apokalypse. Ich stoppte, wie von einem Schlag getroffen. Hielt den Atem an. Begann zu schwitzen. Mein Herz raste, mir wurde übel, schwindlig …
    Die Straße war übersät mit Patronenhülsen, verbrannten Autowracks, der Asphalt schwarz und nass, dunkel von den Blutbächen der Leichen. Sende deine scharfe Sichel aus, und ernte die Trauben vom Weinstock der Erde; denn seine Beeren sind reif.
    Der Geruch von verbranntem Fleisch lag in der Luft. Aber es fiel Feuer vom Himmel herab und verzehrte sie.
    Raben pickten den Leichen die Augen aus. Und alle Vögel sättigten sich an ihrem Fleische .
    Ich erkannte, wovor ich die ganze Zeit die Augen zwanghaft verschlossen hatte, weil ich es nicht wahrhaben wollte. Und ich sah aus dem Meere ein Tier aufsteigen; das hatte zehn Hörner und sieben Köpfe.
    Ich sah die Wahrheit:
    Polizeiwagen mit Blaulicht, Reifen werden zerschossen, Beamte stürzen panisch aus dem Wagen, eine Handgranate fliegt durch die Luft, explodiert, Metall splittert, Schüsse, Menschen sacken zu Boden, Blut strömt, Brandbomben, Explosionen, Feuer, herumhastende Gestalten, kaum erkennbar

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