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Anna Karenina - Vollständige Ausgabe (German Edition)

Anna Karenina - Vollständige Ausgabe (German Edition)

Titel: Anna Karenina - Vollständige Ausgabe (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Leo Tolstoi
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endlich.
     
    »Ich bin mir noch nicht schlüssig. Dies ist auch der Grund, weshalb ich nicht zu Ihnen gekommen bin. Ich bin der Ansicht, daß unser Verhältnis sich jetzt ändern muß.«
     
    »Aber warum denn? Das sehe ich nicht ein. Gestatte mir zu glauben, daß du, ganz abgesehen von unseren verwandtschaftlichen Beziehungen, mir gegenüber wenigstens bis zu einem gewissen Grade die freundschaftlichen Empfindungen hegst, die ich immer für dich gehegt habe ... Und eine aufrichtige Hochachtung«, fügte Stepan Arkadjewitsch noch hinzu, indem er ihm die Hand drückte. »Und selbst wenn deine schlimmsten Vermutungen zuträfen, so würde ich mich nie für berufen halten, über die eine oder die andere Partei den Stab zu brechen, und ich sehe keinen Grund, weshalb unser gegenseitiges Verhältnis sich ändern sollte. Aber jetzt tu, was ich sagte, und komm zu meiner Frau!«
     
    »Nun, wir haben über die Sache eine verschiedene Anschauung«, versetzte Alexei Alexandrowitsch kühl. »Übrigens, wir wollen nicht weiter davon reden.«
     
    »Und warum solltest du denn nicht wenigstens heute zu uns zum Essen kommen? Meine Frau erwartet dich. Bitte, komm! Und vor allen Dingen: Sprich mit ihr darüber. Sie ist eine bewundernswerte Frau. Ich bitte dich herzlich, auf den Knien bitte ich dich!«
     
    »Wenn Sie es so sehr wünschen, so will ich kommen«, erwiderte Alexei Alexandrowitsch seufzend.
     
    Und in dem Wunsche, dem Gespräche eine andere Richtung zu geben, fragte er nach etwas, was sie beide interessierte: nach Stepan Arkadjewitschs neuem Vorgesetzten, einem noch ziemlich jungen Manne, der trotzdem auf einmal einen so hohen Posten erhalten hatte.
     
    Alexei Alexandrowitsch hatte schon vorher den Grafen Anitschkin nicht leiden können und sich immer in Meinungsverschiedenheiten mit ihm befunden; jetzt nun aber konnte er, wie das bei einem Beamten erklärlich ist, sich nicht erwehren, einen Menschen zu hassen, dem eine Beförderung zuteil geworden war, während er seinerseits im Dienste eine Niederlage erlitten hatte.
     
    »Nun also, bist du schon mit ihm zusammengekommen?« fragte Alexei Alexandrowitsch mit boshaftem Lächeln.
     
    »Gewiß; er war gestern bei uns in unserm Amt. Er scheint mir eine vortreffliche Geschäftskenntnis zu besitzen und sehr arbeitseifrig zu sein.«
     
    »Ja, aber worauf richtet sich sein Arbeitseifer?« versetzte Alexei Alexandrowitsch. »Will er Neues schaffen oder nur an dem, was er fertig vorfindet, herumändern? Das ist das Unglück unseres Staates, diese papierne Verwaltungsmethode, deren würdiger Vertreter er ist.«
     
    »Wirklich, ich weiß nicht, was an ihm auszusetzen wäre. Seine Richtung kenne ich noch nicht; aber das eine weiß ich: er ist ein sehr netter Kerl«, antwortete Stepan Arkadjewitsch. »Ich war jetzt eben bei ihm, und wirklich, er ist ein sehr netter Kerl. Wir haben zusammen gefrühstückt, und ich habe ihm gezeigt, wie man ein schönes Getränk herstellt, aus Wein und Apfelsinen, du wirst es ja kennen. Es ist sehr erfrischend. Ganz erstaunlich, daß er es noch nicht kannte. Aber es schmeckte ihm sehr gut. Nein, wirklich, er ist ein prächtiger Mensch.«
     
    Stepan Arkadjewitsch sah nach der Uhr.
     
    »Ach, Herrgott, es geht schon auf fünf, und ich muß noch zu Dolgowuschin! Also bitte, komm zum Essen! Du kannst dir gar nicht vorstellen, wie sehr du mich und meine Frau kränken würdest.«
     
    Alexei Alexandrowitsch begleitete seinen Schwager hinaus und benahm sich hierbei schon ganz anders als beim Empfange.
     
    »Da ich nun einmal zugesagt habe, so werde ich auch kommen«, antwortete er trübe.
     
    »Sei überzeugt, daß ich es zu schätzen weiß, und ich hoffe, du wirst es nicht bereuen«, antwortete Stepan Arkadjewitsch lächelnd.
     
    Als er im Gehen den Überzieher anzog, stieß er dabei unversehens mit der Hand den Diener gegen den Kopf, lachte laut auf und ging hinaus.
     
    »Um fünf Uhr, bitte, und im Oberrock!« rief er noch einmal, indem er zur Tür zurückkehrte.
     

9
     
    E s war bereits zwischen fünf und sechs Uhr, und einige Gäste waren schon anwesend, als auch der Hausherr selbst erschien. Er trat zugleich mit Sergei Iwanowitsch Kosnüschew und Peszow ein, die sich an der Haustür getroffen hatten. Dies waren die beiden Hauptvertreter der Moskauer Intelligenz, wie Oblonski sie zu nennen pflegte. Beide erfreuten sich sowohl wegen ihres Charakters wie auch wegen ihres Verstandes allgemeiner Achtung. Auch achteten sie sich gegenseitig; aber

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