Anna Karenina - Vollständige Ausgabe (German Edition)
den Rechtsstreit einen Fehler, und an diesen Fehler erinnerte er sich später noch mehrmals mit gelindem Ärger. Als nämlich von der Strafe gesprochen wurde, die einem in Rußland verurteilten Ausländer bevorstände, und daß es doch unrichtig sei, ihn mit Ausweisung über die Grenze zu bestrafen, da wiederholte Ljewin einen Vergleich, den er tags zuvor im Gespräche von einem Bekannten gehört hatte:
»Ich meine, ihn über die Grenze zu schicken, das wäre ganz dasselbe, wie wenn man einen Hecht damit bestrafen wollte, daß man ihn ins Wasser setzt.« Erst später fiel ihm ein, daß dieser Gedanke, den er von seinem Bekannten gehört und nun wie einen eigenen geäußert hatte, ursprünglich aus einer Krylowschen Fabel stammte und daß sein Bekannter ihn aus einem Zeitungsaufsatz zitiert hatte.
Nachdem Ljewin seine Schwägerin zu sich nach Hause gebracht und Kitty wohl und munter angetroffen hatte, fuhr er in den Klub.
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1 (frz.) toller Tag, Maskenball.
2 (frz.) tausend Grüße.
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E r kam im Klub gerade zur rechten Zeit an. Gleichzeitig mit ihm fuhren noch eine Menge von Mitgliedern und Gästen vor. Ljewin war sehr lange nicht im Klub gewesen, zum letzten Male in der Zeit, als er nach seinem Abgang von der Universität noch in Moskau lebte und in der Gesellschaft verkehrte. Er erinnerte sich noch an den Klub, nämlich an die Einzelheiten der äußeren Einrichtung; aber welchen Eindruck eigentlich das Klubleben früher auf ihn gemacht hatte, das hatte er vollständig vergessen. Aber sobald er in den weiten, halbkreisförmigen Hof gefahren, aus der Droschke gestiegen und die Stufen vor dem Tor hinaufgegangen war und der Pförtner mit dem breiten Schultergurt geräuschlos die Tür vor ihm geöffnet und sich vor ihm verbeugt hatte; sobald er im Pförtnerzimmer die Gummischuhe und Pelze jener Klubmitglieder erblickt hatte, die der Ansicht waren, daß man weniger Mühe habe, wenn man diese Kleidungsstücke gleich unten ablege, als wenn man sie erst mit hinaufnehme; sobald er das geheimnisvolle, ihm vorauseilende Klingelzeichen gehört, die sanft ansteigende teppichbedeckte Treppe erstiegen und auf dem Vorplatz das Standbild und an der oberen Tür den ihm wohlbekannten, nun schon gealterten, dritten Pförtner in der Klublivree erblickt hatte, der nicht zu langsam und nicht zu schnell die Tür öffnete und den Ankömmling musterte: da überkam ihn wieder die ehemalige Klubempfindung, das Gefühl wohligen Aufatmens, das Gefühl inniger Befriedigung, das Gefühl einer wohlanständigen Umgebung.
»Darf ich um Ihren Hut bitten«, sagte der Pförtner zu Ljewin, der die Klubbestimmung, daß Hüte im Vorzimmer gelassen werden sollten, vergessen hatte. »Sie sind lange nicht hier gewesen. Der Fürst hat Sie gestern eingeschrieben. Fürst Stepan Arkadjewitsch ist noch nicht da.«
Der Pförtner kannte nicht nur Ljewin, sondern auch alle seine Bekannten und Verwandten und erwähnte daher sofort zwei diesem besonders nahestehende Personen.
Ljewin durchschritt den ersten Saal, der durch spanische Wände abgeteilte Nischen enthielt und gewöhnlich nur als Durchgang diente (rechts davon lag ein nur durch einen niedrigen Verschlag abgetrenntes Zimmer, in dem ein Obsthändler saß), überholte einen langsam gehenden alten Herrn und trat in den von einer lärmenden Gesellschaft erfüllten Speisesaal.
Er ging die Tische entlang, die fast sämtlich bereits besetzt waren, und musterte die Anwesenden. Überall erblickte er die verschiedenartigsten Personen, alte und junge, solche, die er kaum von Ansehen kannte, und andere, die ihm näherstanden. Kein einziger von ihnen zeigte eine verdrießliche, sorgenvolle Miene. Es machte den Eindruck, als hätten sie alle mit ihren Hüten auch ihre Nöte und Sorgen im Vorzimmer gelassen und schickten sich nun an, die irdischen Güter des Lebens recht mit Bedacht zu genießen. Auch Swijaschski war da, und der junge Schtscherbazki, und Newjedowski, und der alte Fürst, und Wronski, und Sergei Iwanowitsch.
»Aber du kommst ja so spät!« sagte der Fürst lächelnd und reichte ihm über die Schulter weg die Hand. »Wie geht es Kitty?« fügte er hinzu und zog das Mundtuch zurecht, das er sich hinter einen Westenknopf gesteckt hatte.
»Ganz nach Wunsch; sie befindet sich wohl. Die drei Schwestern essen heute zusammen bei uns zu Hause.«
»Aha, Linchen-Trinchen! Na, bei uns hier ist kein Platz mehr. Aber geh an jenen Tisch dort und sichere dir
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